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Kategorien: Rechnungswesen

Rückstellungen

Mit sogenannten Rückstellungen in der Bilanz können Unternehmen ihren Gewinn und damit auch ihre Steuerlast mindern. Wie und wofür werden Rückstellungen gebildet? Welche Arten von Rückstellungen sind zu unterscheiden? Was sollten Unternehmen im Zusammenhang mit Rückstellungen dokumentieren?

Was sind Rückstellungen?

Gemäß § 249 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden.

Außerdem müssen Rückstellungen gebildet werden für:

  • im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden.
  • Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden.

Beispiele für das Entstehen von Rückstellungen:

  • Arbeiten, die über das Ende des Geschäftsjahres hinaus andauern und bis zum Bilanzstichtag nicht bezahlt werden können.
  • Für eine erhaltene Warenlieferung fehlt am Ende des Geschäftsjahres die Rechnung.
  • Eine Kunde klagt gegen das Unternehmen auf Schadenersatz und aufgrund des laufenden Gerichtsverfahrens ist noch unsicher, ob das Unternehmen zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt wird oder nicht.

Rückstellungen in der Bilanz

Rückstellungen sind in der Bilanz auszuweisen, sie führen zu einer Gewinnminderung. Oft werden Rückstellungen aus Verbindlichkeiten aus dem zurückliegenden Geschäftsjahr gebildet.

Die Bewertung von Rückstellungen ist ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensbilanz. Rückstellungen bilden die Höhe der künftig zu erfüllenden Verpflichtungen realistisch ab. Die Höhe der Rückstellung ist nach bestem Gewissen zu schätzen.

Rückstellungen gehören zum Fremdkapital und sind dementsprechend auf der Passivseite der Bilanz auszuweisen, wenn ungewiss ist, ob bzw. wann und in welcher Höhe Zahlungen auf das Unternehmen zukommen. Rückstellungen sind netto zu buchen, also ohne gesetzliche Mehrwertsteuer.

Bei der Bewertung der Rückstellungen sind insbesondere das Vorsichtsprinzip und die Abzinsungspflicht zu beachten.

Unternehmen müssen Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz verzinsen.

Das Vorsichtsprinzip ist in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB verankert und bedeutet, dass bei der Bewertung der im Jahresabschluss ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen sind. Demnach sind Vermögensgegenstände im Zweifel eher zu niedrig und Schulden im Zweifel eher zu hoch zu bewerten.

Zu beachten ist außerdem: Rückstellungen unterliegen einer Verjährungsfrist von drei Jahren.

Hinweis: Zu unterscheiden sind Rückstellungen und Rücklagen. Während Rückstellungen zum Fremdkapital zählen, stellen Rücklagen Eigenkapital dar und sind in der Bilanz auch als Eigenkapital auszuweisen.

Welche Arten von Rückstellungen gibt es?

Folgende Rückstellungsarten sind zu unterscheiden:

Pensionsrückstellungen

Damit sind Rückstellungen gemeint, die aufgrund der Verpflichtung zur betrieblichen Altersversorgung der Mitarbeiter getätigt werden.

Steuerrückstellungen

Eine oft vorkommende Rückstellungsart sind Steuerrückstellungen. Sie werden für Steuern aus dem vergangenen Geschäftsjahr gebildet, deren Höhe noch unklar ist, zum Beispiel Rückstellungen für die Körperschaftsteuer oder Gewerbesteuer.

Drohverlustrückstellungen

Bei sogenannten Drohverlustrückstellungen handelt es sich um langfristige Rückstellungen für Verluste aus schwebenden Geschäften, die im vergangenen Geschäftsjahr nicht abgeschlossen wurden. Ein schwebendes Geschäft liegt vor, wenn Vertragspartner gegenseitige Verpflichtungen eingegangen sind, diese Verpflichtungen aber noch nicht erfüllt wurden.
Ein Beispiel: Zwei Unternehmen haben vertraglich die Lieferung einer Maschine vereinbart. Diese wurde aber bislang nicht geliefert und auch der Kaufpreis wurde noch nicht bezahlt.

Garantie- bzw. Gewährleistungsrückstellungen

Unternehmen, die Produkte bzw. Waren ausliefern, haben gegenüber ihren Abnehmern/Kunden ein Garantierisiko. Aus diesem Grund dürfen sie sogenannte Garantierückstellungen bilden. Diese Form der Rückstellungen wird für noch nicht abschätzbare Gewährleistungsansprüche von Kunden oder Geschäftspartnern getätigt. Bei dieser Rückstellungsart ist es unsicher, wie hoch der Betrag sein wird oder wann genau der Zahlungszeitpunkt sein wird.

Die Höhe der Rückstellungen hängt von den Erfahrungswerten des Unternehmens zu Garantieleistungen oder von der durchschnittlichen Garantieleistung der jeweiligen Branche ab.

Tipp: Um für Prüfungen durch das Finanzamt gut vorbereitet zu sein, sollten Sie angefallene Garantie- und Gewährleistungsfälle dokumentieren. Damit haben Sie Nachweise, mit denen Sie die Höhe der Garantierückstellungen begründen können.

Es empfiehlt sich, folgende Unterlagen zu dokumentieren und aufzubewahren: Reklamationen von Kunden, Protokolle über festgestellte Mängel, Berichte über die durchgeführten Nachbesserungsarbeiten, Aufzeichnungen über die Kosten für die Mängelbeseitigung, Rechnungen sowie Lieferscheine im Zusammenhang mit der Nachbesserung.

Aufwandsrückstellungen

Diese Rückstellungsart bezieht sich auf unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen und mögliche Kosten, die daraus entstehen können, wie zum Beispiel Reparaturkosten.

Prozesskostenrückstellungen

Befindet sich das Unternehmen in einem laufenden Gerichtsverfahren, das möglicherweise verloren geht, sind sogenannte Prozesskostenrückstellungen zu bilden. Diese Art der Rückstellung ist nur möglich, wenn noch kein abschließendes Urteil gefällt wurde.

Urlaubsrückstellungen

Auch für Urlaubstage, welche die Mitarbeiter im abgelaufenen Geschäftsjahr noch nicht genommen haben, können Rückstellungen gebildet werden.

Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Diese Art der Rückstellungen kann notwendig sein, um Kosten für die gesetzliche Aufbewahrung von schriftlichen oder digitalen Unterlagen zu decken, die Ihre Geschäftsvorgänge dokumentieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Steuerberater diese Unterlagen für die Erstellung des Jahresabschlusses bearbeitet.

Rückstellungen für Abraumbeseitigung

Unternehmen sind gesetzlich dazu verpflichtet, Rückstellungen für Abraumbeseitigung zu bilden, wenn diese im laufenden Geschäftsjahr nicht durchgeführt werden, aber im darauffolgenden Jahr nachgeholt werden sollen. Abraumbeseitigungsarbeiten kommen vor allem in Steinbrüchen und im Tagebau vor. Dabei geht es um das Abräumen der Deckschicht (aus Gestein oder Erde), die sich über dem abzubauenden Material befindet.

Rückstellungen dokumentieren

Um gegenüber dem Finanzamt plausibel erklären zu können, aus welchem Grund das Unternehmen Rückstellungen gebildet hat, sollten Sie in der Bilanz schriftlich dokumentieren bzw. begründen:

  • Den Grund für die Rückstellungen, zum Beispiel mögliche Garantieleistungen oder drohende Zahlungsverpflichtungen aus einem Gerichtsprozess.
  • Die Höhe der Rückstellungen: Dafür sollten Sie zum Beispiel Erfahrungswerte aus der Branche oder die Höhe der Schadensersatzforderungen aus der Vergangenheit aufbewahren.
  • Die Dauer der Rückstellungen: Wenn der Grund für die Bilanzierung von Rückstellungen wegfällt, müssen Sie die Rückstellungen wieder auflösen.

Rückstellungen nachholen

Wenn Sie eine passivierungspflichtige Rückstellung nicht in der Bilanz erfasst haben, ist die Bilanz fehlerhaft und muss korrigiert werden. Falls eine solche Korrektur aufgrund einer bereits verbindlichen Steuerfestsetzung nicht mehr möglich ist, müssen Sie die Rückstellung im ersten offenen Jahr gewinnmindernd nachtragen.

Gestaltungsspielräume bei Rückstellungen

Der Gesetzgeber ermöglicht gewisse Gestaltungsspielräume für den Ansatz bzw. die Bewertung von Rückstellungen. Dadurch kann die Gesamthöhe der Rückstellungen in der Steuerbilanz beeinflusst werden. Da die Rückstellungen in der Bilanz passiviert werden, mindern höhere Rückstellungspositionen den Unternehmensgewinn und damit auch die Steuerlast. Sie können damit einen wichtigen Beitrag zur Bilanzpolitik im Unternehmen leisten.

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FAQ

Was sind Rückstellungen und warum werden sie gebildet?

Rückstellungen sind nach § 249 HGB zu bilden, wenn ein Unternehmen ungewisse Verbindlichkeiten oder drohende Verluste erwartet. Sie mindern den Gewinn und damit die Steuerlast und sorgen dafür, dass Verpflichtungen realistisch in der Bilanz abgebildet werden. Beispiele: ausstehende Rechnungen, Prozessrisiken oder Reparaturkosten.

Wo werden Rückstellungen in der Bilanz ausgewiesen?

Rückstellungen gehören zum Fremdkapital und stehen auf der Passivseite der Bilanz. Sie sind nach dem Vorsichtsprinzip eher zu hoch als zu niedrig anzusetzen und müssen bei einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr abgezinst werden.

Welche Arten von Rückstellungen gibt es?

Wichtige Arten sind:

  • Pensionsrückstellungen (betriebliche Altersversorgung)
  • Steuerrückstellungen (z. B. Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer)
  • Drohverlustrückstellungen (bei schwebenden Geschäften)
  • Garantie- und Gewährleistungsrückstellungen
  • Prozesskostenrückstellungen, Urlaubsrückstellungen sowie Rückstellungen für Instandhaltung oder Aufbewahrung von Unterlagen.

Was ist der Unterschied zwischen Rückstellungen und Rücklagen?

Rückstellungen = Fremdkapital für ungewisse Verpflichtungen.
Rücklagen = Eigenkapital, das aus Gewinnen gebildet wird, um das Unternehmen zu stärken.

 

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