Entgelt richtig abrechnen: Was tun bei einer Lohnpfändung?

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Mitarbeiter Thomas K. hat sich ein neues Auto gekauft – auf Raten. Mit seiner Familie ist er auf die Malediven geflogen – auf Pump. Sein neues Heimkino hat er bei Amazon bestellt – per Zahlungspause. Nun muss er Privatinsolvenz anmelden.

Das Konsumverhalten Ihres Kollegen wird genau jetzt zu Ihrem Problem, denn die Gerichtsvollzieherin steht bei Ihnen in der Entgeltabteilung und möchte das Gehalt dieses Mitarbeiters pfänden.

Die Situation ist für alle Beteiligten prekär: Gläubiger:innen sehen in der Gehaltspfändung die einzige Chance, an ihr Geld zu kommen. Der Mitarbeiter steht ohnehin unter starkem Druck und muss sich nun zusätzlich dem Arbeitgeber offenbaren. Und der Arbeitgeber bzw. die Entgeltabteilung muss bei der Pfändung des Gehalts mitwirken. Ganz abgesehen von unangenehmen Gesprächen mit dem Kollegen. Was tun, wenn die letzte Konsequenz die Lohnpfändung eines Mitarbeiters ist?

Der Arbeitgeber wird zum Drittschuldner

Soll bei einem Ihrer Kolleg:innen bzw. Arbeitnehmenden das Gehalt gepfändet werden, bringt das für den Arbeitgeber zahlreiche Pflichten und Risiken mit sich. Denn der Arbeitgeber bzw. die Entgeltabteilung muss sich um die Formalitäten kümmern und auch den genauen Pfändungsbetrag errechnen.

Möchte ein Gläubiger von Mitarbeiter Thomas K. den Lohn pfänden, beantragt er beim Gericht einen sogenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Für den Arbeitgeber beginnt die Lohnpfändung mit der Zustellung dieses Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Der Beschluss wird dem Arbeitgeber durch den Gerichtsvollzieher auf dem Postweg oder persönlich zugestellt. Ab diesem Zeitpunkt wird der Arbeitgeber zum Drittschuldner und muss den pfändbaren Teil des Lohns direkt an den Gläubiger zahlen. Dagegen wehren können sich Arbeitgeber eigentlich nicht, es sei denn, es liegen Form- und Zustellungsmängel vor, oder die Pfändungsschutzvorschriften wurden nicht beachtet.

Die Pflichten für den Arbeitgeber

Innerhalb von 2 Wochen nach Eingang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses muss der Arbeitgeber dem:der Gläubiger:in die sogenannte Drittschuldnererklärung übermitteln. In dieser müssen Sie erklären,

  • ob und in welchem Umfang Sie die Forderung anerkennen und erfüllen,
  • ob und welche anderen Personen Anspruch auf die Forderung erheben und
  • ob anderweitige Pfändungen vorliegen.

Außerdem ist die Arbeitgeberseite dazu verpflichtet, die pfändbaren Beträge des Arbeitseinkommens zu ermitteln und dem:der Gläubiger:in zu überweisen. Dieser Schritt ist besonders heikel, denn als Drittschuldner haften Sie für Fehler, die sich aus einer Falschberechnung ergeben.

Dabei gilt es zu beachten, dass manche Lohnteile gar nicht pfändbar sind, andere nur zum Teil oder nur unter bestimmten Voraussetzungen. Nicht pfändbar sind z. B. vermögenswirksame Leistungen, Aufwandsentschädigungen und die Hälfte der Überstundenvergütung (nicht pfändbare Bezüge finden Sie in der Zivilprozessordnung). Dass bedeutet, Sie müssen immer im Einzelfall berechnen, welchen Betrag der Gläubiger bekommt.

Als Arbeitgeber und Drittschuldner müssen Sie, neben den pfändbaren und den bedingt pfändbaren Bezügen, auch die Pfändungsfreigrenzen beachten. Diese ermöglichen, dass der Schuldner seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie aufrechterhalten kann. Das Existenzminimum der Mitarbeitenden bleibt dadurch gesichert.

Was Drittschuldner vermeiden sollten

Als Drittschuldner ist es Ihnen untersagt, den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens an den Mitarbeitenden auszuzahlen. Ignoriert die Arbeitgeberseite die Lohnpfändung und überweist den gesamten Lohn einfach wie gewohnt an den Mitarbeiter, kann der Gläubiger den pfändbaren Teil noch einmal einfordern. Als Arbeitgeber müssen Sie hier also korrekt rechnen und abführen, sonst riskieren Sie auch für Ihr Unternehmen einen finanziellen Schaden.

Eine Gehaltspfändung allein ist aber grundsätzlich nicht für eine ordentliche Kündigung ausreichend. Das säumige Schuldnerverhalten eines Arbeitnehmers ist seiner Privatsphäre zuzurechnen. Eine Kündigung ist nur im Ausnahmefall zulässig, wenn z. B. nachgewiesen wird, dass die Lohnpfändung einen derart hohen Arbeitsaufwand verursacht, dass es zu wesentlichen Störungen im regulären Arbeitsablauf kommt. Wenn es zu einer Lohnpfändung kommt und Sie als Arbeitgeber grundsätzlich zufrieden mit der Leistung der Mitarbeitenden sind, empfiehlt es sich, ein ehrliches Gespräch mit Mitarbeitenden zu führen und klarzumachen, dass die Lohnpfändung eine Privatsache ist und Sie mit der Arbeit zufrieden sind.

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Über den:die Autor:in

Dr. Emily Dang

Dr. Emily Dang ist Produktmanagerin für den Bereich Entgeltabrechnung und TVöD der Haufe Akademie.
Sie war zuvor bei einem namhaften Versicherungsunternehmen als Trainerin für den Außen- und Innendienst tätig und verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Konzeption und Umsetzung von Bildungsmaßnahmen.

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