Ein dänisches Lebensgefühl als Gegenmodell zum Dauerstress – und was Unternehmen & Mitarbeitende daraus lernen können.
Warum wir gerade jetzt mehr Hygge brauchen
Unsere Arbeitswelt hat an Tempo zugelegt: ständige Erreichbarkeit, Termindruck, Reizüberflutung. Viele von uns funktionieren, aber fühlen sich dabei innerlich leer. Die Folge: chronischer Stress, Erschöpfung, Sinnverlust. Inmitten dieses Hamsterrads entsteht eine leise, aber stetige Sehnsucht nach einem anderen Lebensgefühl.
Ein Gefühl, das auf Verbundenheit, Achtsamkeit und Sinn setzt. Genau hier setzt Hygge an – das dänische Lebenskonzept, das für Gemütlichkeit steht, aber viel mehr meint: Bewusst leben, sich verbunden fühlen und gut für sich sorgen. Und genau das brauchen wir auch im Job. Hygge im Büro kann helfen, die Arbeitskultur neu zu denken und mehr Menschlichkeit in den Arbeitsalltag zu bringen.
Was bedeutet Hygge – und warum passt es in die Arbeitswelt?
Hygge (ausgesprochen „Hügge“) stammt aus dem Dänischen und beschreibt ein Gefühl von Wärme, Geborgenheit und bewusster Einfachheit. Es geht darum, Momente zu schaffen, die sich gut anfühlen: authentisch, nah, entschleunigt. Ursprünglich ein Konzept für das private Leben, findet Hygge immer mehr Anklang im Berufsalltag.
Denn die Prinzipien dahinter lassen sich erstaunlich gut auf die moderne Arbeitswelt übertragen – und bieten Antworten auf Fragen wie:
- Wie kann Arbeit wieder sinnerfüllt sein?
- Wie können wir Stress reduzieren, ohne an Leistung zu verlieren?
- Wie gelingt mehr Menschlichkeit in Organisationen?
Genau hier entsteht die Verbindung von Hygge und New Work: Es geht nicht nur um Wohlfühl-Atmosphäre, sondern um nachhaltige, gesunde und sinnerfüllte Arbeitsweisen.
6 Prinzipien für mehr Hygge im Arbeitsalltag
1. Einfachheit: Weniger Reiz, mehr Klarheit
Zu viele Aufgaben, zu viele Tools, zu viele Informationen – Reizüberflutung ist ein Hauptgrund für mentale Erschöpfung. Studien zeigen: Unser Gehirn ist nicht für Dauer-Multitasking gemacht.
Hygge im Büro setzt auf Reduktion. Das heißt konkret:
- Meeting-Zeiten kürzen
- Eine E-Mail-Zeit festlegen. In dieser Zeit werden E-Mails gelesen und bearbeitet, statt dies permanent zu machen.
- Prioritäten klar definieren
Weniger Komplexität schafft mehr Raum für Fokus und Qualität.
2. Verbundenheit: Beziehung statt Funktion
Wir Menschen brauchen Zugehörigkeit. Studien der Arbeitspsychologie zeigen, dass soziale Einbindung einer der stärksten Faktoren für Arbeitszufriedenheit ist.
Hygge im Arbeitsalltag fördert echte Verbindung – z. B. durch:
- bewusste Kaffeepausen im Team
- offene Gesprächskultur
- Rituale wie Check-ins am Morgen
Wenn du dich gesehen und gehört fühlst, arbeitest du engagierter – und mit mehr Freude.
3. Präsenz: Bewusst statt nebenbei
Multitasking fühlt sich produktiv an, ist aber ineffektiv. Wer permanent zwischen Aufgaben springt, braucht laut Studien bis zu 40 % länger.
Hygge lebt vom Moment. Heißt für den Job:
- Eine Aufgabe nach der anderen und nicht gleichzeitig an mehreren
- Störquellen reduzieren (z. B. „Nicht stören“-Phasen)
- Rituale für Achtsamkeit schaffen (z. B. bewusste Atemübungen, kurze Meditationen, das bewusste Wahrnehmen des Arbeitsplatzes und das Abschalten von Ablenkungen.)
Bewusste Präsenz fördert Flow, Fokus und Wohlbefinden im Job.
4. Selbstfürsorge: Pausen sind kein Luxus
Noch immer gilt in vielen Teams: Wer Pause macht, ist weniger engagiert. Dabei zeigt die Neurowissenschaft das Gegenteil: Ohne Regeneration sinkt deine Leistungsfähigkeit massiv.
Hygge erinnert dich daran, im Arbeitsalltag gut für dich zu sorgen. Zum Beispiel so:
- Öfter mal aufstehen und kurz bewegen
- Bewusst essen (ohne Handy!)
- „Nein“ sagen können – ohne schlechtes Gewissen
Pausen sind Power – gerade im Job.
5. Flexibilität: Struktur mit Spielraum
Hygge heißt nicht: Alles bleibt, wie es ist. Im Gegenteil: Wer sich sicher fühlt, kann mit Wandel besser umgehen.
Flexibilität im Sinne von Hygge bedeutet:
- Offenheit für neue Ideen
- Vertrauen statt Kontrolle
- Raum für individuelle Lösungen
Das Ergebnis: mehr Kreativität, mehr Zufriedenheit, mehr Innovation.
6. Sinn: Arbeit, die Bedeutung hat
Menschen wollen wissen, wozu sie etwas tun. Das ist kein Luxusbedürfnis, sondern ein psychologisches Grundmotiv. Wenn deine Werte mit deiner Arbeit übereinstimmen, steigt deine Motivation automatisch.
Sinn entsteht durch:
- Klar definierte Ziele
- Wertschätzung im Alltag
- Das Gefühl: „Mein Beitrag zählt.“
Hygge macht Sinn spürbar – im Großen wie im Kleinen.
Vom Funktionieren zum Gestalten
Viele von uns haben gelernt zu funktionieren. Aber irgendwann fühlt sich das leer an. Hygge stellt dir eine zentrale Frage:
Wie willst du arbeiten?
Und auch:
- Was brauchst du, um dich wohlfühlen zu können?
- Wie kann dein Team eine Kultur schaffen, in der Leistung und Menschlichkeit kein Widerspruch sind?
Die Antworten darauf musst du nicht sofort wissen. Aber du kannst beginnen, sie zu suchen.
Fazit: Hygge ist kein Trend – es ist eine Haltung
Wenn du dich nach mehr Sinn, Ruhe und Freude in deinem Job sehnst, kann Hygge ein wertvoller Kompass sein. Du musst dafür nicht alles umkrempeln. Oft reichen kleine Impulse, die Großes verändern:
- Ein bewusster Morgenstart
- Ein echtes Gespräch im Team
- Eine Entscheidung für Pausen, Klarheit und Achtsamkeit
FAQ’s:
Was bedeutet Hygge im Berufsalltag konkret?
Hygge beschreibt eine Haltung der Achtsamkeit, Verbindung und Sinnorientierung. Im Job bedeutet das z. B. bewusstes Arbeiten, Pausen, gute Gespräche und ein wertschätzendes Miteinander.
Ist Hygge dasselbe wie Achtsamkeit?
Nein, aber sie ergänzen sich gut. Achtsamkeit bezieht sich auf die bewusste Wahrnehmung des Moments, Hygge betont darüber hinaus Verbindung, Gemütlichkeit und Sinn.
Kann man Hygge auch in stressigen Berufen leben?
Ja. Gerade in fordernden Berufen kann Hygge helfen, sich Inseln der Ruhe und Verbindung zu schaffen – sei es durch Pausen, Rituale oder Teamkultur.
Was, wenn mein Team nicht mitzieht?
Du kannst bei dir anfangen. Schon kleine Veränderungen in deinem Verhalten (z. B. bewusster Start in den Tag) können inspirierend wirken.
Gibt es Studien zu den Effekten von Hygge?
Zwar gibt es wenig Forschung direkt zu Hygge, aber viele Studien zu den dahinterliegenden Aspekten wie Achtsamkeit, soziale Einbindung, Sinnorientierung und Selbstfürsorge. Alle zeigen: Diese Faktoren verbessern Wohlbefinden und Produktivität.