Liefern oder beziehen Sie auch Waren ins oder aus dem Ausland? Dann haben Sie die Möglichkeit, mit ihrem Vertragspartner alle relevanten Bedingungen frei auszuhandeln. Es geht jedoch auch einfacher, mit sogenannten Incoterms: Eine Kombination aus drei Buchstaben genügt, um Import und Export sicher abzuwickeln. Auch im nationalen Bereich werden die standardisierten Handelsbedingungen eingesetzt. Jetzt gibt es mit den Incoterms 2020 eine neue Version – mit mehr Anwenderfreundlichkeit.
Welche Funktionen haben Incoterms?
Die zunehmende Globalisierung führt dazu, dass der weltweite Import und Export immer weiter zunimmt. Doch bei der Abwicklung der Geschäfte kommt es nicht selten zu Komplikationen. Händler werden mit Handelsbräuchen anderer Länder konfrontiert oder mit der unterschiedlichen Auslegung der getroffenen Vereinbarungen. Um diese Probleme zu vermeiden, gibt es Incoterms. Diese International Commercial Terms, zu Deutsch: internationale Handelsklauseln, sind vordefinierte und weltweit gültige Regeln, die Händler bei Vertragsabschlüssen im Warenhandel auf freiwilliger Basis zu Rate ziehen können.
Dabei geht es um alle vertragsrelevanten Bedingungen und Pflichten und um Fragen wie: Muss der Importeur oder der Exporteur die Versandkosten der Waren übernehmen? Wer zahlt die Versicherung? Wer den Zoll? Welcher Vertragspartner kümmert sich um den Transport? Wer haftet für was?
Neu sind Incoterms nicht: Die erste Fassung der Handelsklauseln entstand bereits im Jahre 1936. Entwickelt wurden die Regelungen von der Internationalen Handelskammer ICC (International Chamber of Commerce). Seither gab es mehrere Anpassungen. Die aktuellsten Klauseln sind seit Anfang 2020 in Kraft. Da seit der letzten Neuregelung zehn Jahre vergangen sind, ist es wichtig, dass Sie sich die Änderungen genau ansehen.
Drei Buchstaben: Was verbirgt sich hinter den Abkürzungen?
Incoterms erleichtern die gesamte Abwicklung des Warenverkehrs erheblich, weil lediglich drei Buchstaben verwendet werden. Diese umschreiben komplexe Bedingungen, die sonst oft missverstanden werden oder irreführend sein können.
In der aktuellen Fassung der Incoterms gibt es elf Klauseln. Der wohl entscheidendste Unterschied zwischen den verschiedenen Incoterms ist die Frage, wann in der Handelskette das Risiko vom Verkäufer auf den Käufer übergeht, etwa in Bezug auf Transportkosten, bei der Versicherung oder beim Versand.
Eingeteilt werden die Incoterms in verschiedene Gruppen, es gibt die E-, F-, C- und D-Gruppe. Die E-Klausel stellt dabei die Minimalverpflichtung für den Verkäufer dar: Der Käufer übernimmt alle Kosten und Gefahren, die mit dem Transport der Waren verbunden sind. Dieses Risiko verlagert sich über die F- und die C- bis hin zu den D-Klauseln stufenweise zugunsten des Käufers.
Die weiteren zwei Buchstaben der Incoterms-Klauseln beziehen sich auf den Lieferort. EXW steht beispielsweise für „Ex Works“, also „ab Werk“ oder „ab Fabrik“. Das bedeutet: Der Verkäufer muss dem Käufer Zugang zu den Waren an einem vereinbarten Ort gewähren. Von diesem Zeitpunkt an trägt der Käufer fast alle Kosten und Risiken während des gesamten Versandprozesses.
Eine weitere Einteilung betrifft die Transportarten: Die Incoterms FAS, FOB, CFR und CIF eignen sich ausschließlich für den Schifftransport, während EXW, FCA, CPT, CIP, DPU, DAP und DDP für jede Transportart passen.
Incoterms 2020: Was sind die Neuerungen?
Bei der Überarbeitung der Incoterms hat sich die ICC bemüht, die Klauseln praxisfreundlicher zu gestalten. Der Aufbau und die Anordnung der Ziffern wurden umgestaltet und bei der Reihenfolge an den Weg der Ware in der Lieferkette angelehnt. Der Nutzer soll damit eine bessere Übersicht bekommen und leichter entscheiden können, welche Klausel für ihn am besten geeignet ist.
Auch inhaltlich gab es Veränderungen. Die Klausel DAT – Delivered at Terminal heißt in der Neuauflage DPU – Delivered at Place Unloaded. Durch den Ersatz des Begriffs „Terminal“ durch das allgemeinere „Place Unloaded“ (Lieferung an benannten Ort) wird betont, dass der Gefahrübergang vom Verkäufer auf den Käufer an jedem Ort, an dem die Ware entladen wird, erfolgt und nicht nur an einem speziellen „Terminal“.
Weiterhin berücksichtigen die neuen Incoterms 2020-Klauseln die weltweit gestiegenen Sicherheitsanforderungen bei der Beförderung von Waren und sie enthalten Regeln zur Verteilung der Sicherheitspflichten und der damit verbundenen Kosten. Außerdem wurden in der neuen Fassung die veränderten globalen Handelspraktiken berücksichtigt.
Welche Incoterms sollten Sie kennen?
Häufig verwendet werden in der Praxis die folgenden Klauseln:
- EXW – Ex Works: Lieferung ab Werk. Dabei trägt der Empfänger der Ware das volle Risiko und bezahlt alle Fracht- und Versicherungskosten und den Zoll.
- DPU – Delivered at Place Unloaded: Der Verkäufer trägt die Kosten und Risiken für die Lieferung der Ware an einen vereinbarten Bestimmungsort. Der Käufer sorgt für die Zollabfertigung und alle damit verbundenen Rechte.
- DDP – Delivered Duty Paid: Der Verkäufer trägt alle Kosten und auch die Gefahr bis zum Eintreffen der Ware am Bestimmungsort. Diese Klausel beinhaltet die Maximalverpflichtung des Verkäufers.
- FOB – Free On Board: Schiffstransport: Sobald sich die Ware an Bord des Frachtschiffes befindet, geht die Verantwortung für den Versand an den Käufer über.
- CFR – Cost and Freight: Gleiche Bedingungen wie bei FOB, allerdings muss der Verkäufer den Transport der Ware zum Hafen bezahlen.
Wie verwenden Sie Incoterms richtig?
Incoterms sind kein internationales Gesetz und beruhen auf freiwilliger Basis. Deshalb müssen Sie die Klauseln im Warenvertrag explizit vereinbaren.
Wenn Sie Incoterms verwenden, müssen Sie darauf achten, die jeweilige Fassung anzugeben, auf der die Vereinbarung beruht, beispielsweise „FOB gemäß Incoterms 2020“. Zwingend ist zudem eine genau Ortsangabe für jeden Incoterm.
Insgesamt ersetzen Incoterms keinen Verkaufsbeleg, sie sind vielmehr eine Ergänzung. Durch den Einsatz von Incoterms können sich sowohl Exporteure als auch Importeure über die Bedingungen für die Einfuhr von Waren einigen und darüber, welche Prozesse von wem durchgeführt werden müssen. Sobald Sie Produkte außerhalb der EU versenden, sollten Sie die Incoterms auf Ihre Handelsrechnung setzen. Darüber hinaus ist es wichtig, die Incoterms in Ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu erwähnen.
Achtung: In der Praxis werden oft die Bezeichnungen für die Klauseln in der jeweiligen Landessprache verwendet, zum Beispiel „ab Werk“ oder „ab Fabrik“ statt „Ex Works“. Das ist jedoch nicht empfehlenswert, weil die deutschen Varianten nicht immer eindeutig sind. Besser ist es, die englische Abkürzung (in diesem Fall EXW) zu benutzen.