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Methoden der Kommissionierung und ihre Herausforderungen

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Die Kommissionierung ist ein zentraler Bestandteil in Lager und Logistik: Dabei werden Artikel gezielt aus dem Lager entnommen und zu einem Auftrag zusammengestellt. Dieser Ablauf, vom Auftragseingang über die Entnahme bis zur Bereitstellung der Waren, ist arbeits- und kostenintensiv und beeinflusst maßgeblich die Effizienz der gesamten Lieferkette.

Fehler in diesem Prozess wirken sich direkt auf Kosten und Kundenzufriedenheit aus. Deshalb ist es relevant, eine geeignete Kommissioniermethode zu wählen sowie wichtige Prinzipien und Instrumente zu kennen. In diesem Beitrag erhältst du einen kompakten Überblick über die gängigen Verfahren, ihre Funktionsweise und die wichtigsten Herausforderungen sowie technischen Hilfsmittel.

Die Bedeutung der Kommissionierung für Unternehmen

Sobald ein Auftrag im Lager eintrifft, beginnt die Kommissionierung: Mitarbeitende, sogenannte Kommissioniererinnen und Kommissionierer, entnehmen die bestellten Artikel anhand digitaler Anweisungen oder Picklisten und stellen sie für den Versand bereit. Man kann sich diesen Vorgang wie einen „Einkauf im eigenen Lager“ vorstellen.

Ziel ist es, die richtigen Waren in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt bereitzustellen. Das soll möglichst fehlerfrei und effizient geschehen. Die Kommissionierung gliedert sich typischerweise in mehrere Phasen bzw. Zeitkomponenten: Basiszeit (z. B. Auftrag einlesen), Wegzeit (Bewegung zum Lagerort), Greifzeit (Artikel entnehmen) und ggf. Warte- oder Suchzeit. Um den Gesamtprozess zu optimieren, sollten vor allem lange Wege und unnötige Wartezeiten reduziert werden, denn sie verursachen den Großteil der Kommissionierdauer.

Herausforderungen bei der Kommissionierung

Bevor wir in die verschiedenen Kommissioniermethoden einsteigen, schauen wir uns die wichtigsten Herausforderungen im Kommissionierprozess genauer an. Unternehmen, die ihre Lagerprozesse optimieren möchten, stehen häufig vor folgenden Fragestellungen:

  • Effizienz steigern: Die Kommissionierung ist arbeitsintensiv, da Mitarbeitende oft weite Wege im Lager zurücklegen und Zeit für das Suchen und Greifen der Artikel benötigen. Das Ziel lautet daher, die Kommissionierzeiten pro Auftrag möglichst gering zu halten, ohne dabei an Genauigkeit einzubüßen. Maßnahmen zur Effizienzsteigerung umfassen unter anderem eine durchdachte Lagerorganisation (häufig benötigte Artikel in ergonomischer Höhe vorne platzieren), die Aufteilung in Lagerzonen zur Verkürzung der Laufwege sowie den Einsatz von Technologien wie optimierte Routenplanung durch ein Lagerverwaltungssystem (LVS).
  • Fehler reduzieren: Jeder Pickfehler kostet Geld und beeinflusst die Kundenzufriedenheit. Auch vermeintlich kleine Fehlerquoten summieren sich schnell auf. Um Fehler zu minimieren, sind exakte Bestandsdaten, klare Kennzeichnungen der Lagerplätze sowie technische Hilfsmittel wie Barcode-Scanner hilfreich.
  • Automatisierung nutzen: Mit steigenden Anforderungen an Geschwindigkeit und Effizienz gewinnt die Automatisierung in der Kommissionierung zunehmend an Bedeutung. Automatische Systeme oder autonome Fördertechnik übernehmen Teile des Prozesses. Dadurch lassen sich Effizienz und Genauigkeit deutlich erhöhen. Allerdings sind solche Lösungen kostenintensiv und nicht für jedes Sortiment ideal.
  • Mitarbeiterführung und Ergonomie: Trotz der Vorteile von Technik spielen Menschen weiterhin eine entscheidende Rolle bei der Kommissionierung. Unternehmen sollten daher auf gut geschulte Mitarbeitende setzen. Klar verständliche Anweisungen und effiziente Methoden sind ebenso wichtig wie ergonomische Hilfsmittel (z. B. Kommissionierwagen oder Hebevorrichtungen).

Mit diesen Herausforderungen im Blick betrachten wir nun detailliert die verschiedenen Kommissioniermethoden. Jede Methode bietet spezifische Vor- und Nachteile hinsichtlich Schnelligkeit, Komplexität und Fehleranfälligkeit und eignet sich unterschiedlich gut für verschiedene Auftragsstrukturen.

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Kommissioniermethoden: Arten der Kommissionierung im Überblick

In der Lagerlogistik gibt es verschiedene bewährte Kommissioniermethoden. Grundsätzlich unterscheiden sie sich danach, wie Aufträge bearbeitet werden:

  • Auftragsorientiert vs. serienorientiert: Werden Kundenaufträge einzeln bearbeitet (auftragsorientiert) oder gebündelt (serienorientiert bzw. Batch-Kommissionierung)?
  • Seriell vs. parallel: Werden Aufträge einzeln und nacheinander (seriell) oder gleichzeitig in mehreren Zonen bearbeitet (parallel)?
  • Einstufig vs. mehrstufig: Erfolgt die Entnahme der Waren direkt für den einzelnen Auftrag (einstufig), oder werden Waren zunächst gesammelt und anschließend auf einzelne Aufträge verteilt (mehrstufig)?

Diese Prinzipien lassen sich miteinander kombinieren. Die folgenden Methoden sind dabei die wichtigsten:

Auftragsorientierte serielle Kommissionierung

Die einfachste Methode: Jeder Auftrag wird nacheinander von einer einzelnen Person komplett bearbeitet.

Vorteile: Einfach umzusetzen, klare Verantwortlichkeiten, geringer technischer Aufwand, ideal für kleine Lager oder wenige Aufträge.

Nachteile: Lange Wege und hohe Bearbeitungszeit bei größeren Lagern und Auftragsvolumina; wenig effizient bei vielen Aufträgen.

Auftragsorientierte parallele Kommissionierung

Ein einzelner Auftrag wird gleichzeitig von mehreren Mitarbeitenden in unterschiedlichen Lagerzonen bearbeitet und anschließend zusammengeführt.

Vorteile: Kürzere Bearbeitungszeit durch paralleles Arbeiten, reduzierte Laufwege, höhere Effizienz, besonders geeignet für größere Lager.

Nachteile: Erfordert Organisation und technische Unterstützung (z.B. durch Lagerverwaltungssysteme), zusätzlicher Schritt zur Konsolidierung der Waren.

Serienorientierte parallele Kommissionierung (Batch-Kommissionierung)

Hier werden mehrere Aufträge zusammengefasst und gemeinsam bearbeitet. Die Methode läuft typischerweise in zwei Phasen:

  • Phase 1: Alle benötigten Artikel werden gesammelt (artikelorientiert, nicht auftragsorientiert).
  • Phase 2: Die gesammelten Artikel werden anschließend den jeweiligen Aufträgen zugeordnet und sortiert.

Vorteile: Deutlich reduzierte Wege und Bearbeitungszeiten, besonders effizient bei hohem Auftragsvolumen mit wiederkehrenden Artikeln (ideal für E-Commerce und Versandhandel).

Nachteile: Höherer organisatorischer und technischer Aufwand, längere Planungszeit, zusätzlicher Schritt der Sortierung, möglicherweise etwas längere Lieferzeiten bei unzureichender Planung.

Die Wahl der passenden Kommissioniermethode hängt vom jeweiligen Unternehmen, dem Lageraufbau und den typischen Auftragsstrukturen ab.

Beleglose Kommissionierung und moderne Technologien

In modernen Lagern hat sich die beleglose Kommissionierung etabliert. Hier werden Entnahmeaufträge digital an Mitarbeitende übermittelt und bestätigt, was Fehler reduziert und Prozesse beschleunigt. Die wichtigsten beleglosen Kommissionierverfahren sind:

  • Pick-by-Scan: Mitarbeitende scannen Barcodes oder QR-Codes an Lagerplätzen, um Artikel eindeutig zu identifizieren und Entnahmen zu bestätigen. Diese Methode ist einfach, sicher und kosteneffizient.
  • Pick-by-Voice (Sprachkommissionierung): Mitarbeitende erhalten sprachgesteuerte Anweisungen über ein Headset. Hände und Augen bleiben frei, was die Arbeitsgeschwindigkeit erhöht und Fehler reduziert. Besonders geeignet für ergonomisches und konzentriertes Arbeiten.
  • Pick-by-Light: Lagerplätze sind mit Lichtsignalen ausgestattet, die anzeigen, welche Artikel in welcher Menge entnommen werden sollen. Diese Methode reduziert Suchzeiten und minimiert Fehler. Sie eignet sich vor allem für Lagerbereiche mit hoher Artikelrotation.
  • Pick-by-Vision: Mitarbeitende nutzen Datenbrillen (Smart Glasses), die visuelle Anweisungen ins Blickfeld einblenden. Dies erhöht die Genauigkeit und Effizienz der Kommissionierung, allerdings sind die Kosten und technische Anforderungen derzeit noch höher.

Ein weiteres wichtiges Kritierium in der Lagerlogistik ist die Unterscheidung zwischen dynamischer und statischer Kommissionierung:

  • Statische vs. dynamische Kommissionierung:
    • Statisch (Mann-zur-Ware) ist der klassische Fall: Mitarbeitende bewegen sich zu den festen Lagerplätzen.
    • Dynamisch (Ware-zum-Mann) bedeutet, dass Artikel automatisch zu den Kommissionierplätzen gebracht werden, etwa durch automatische Fördertechnik oder Regalbediengeräte. Diese Methode reduziert Laufwege und steigert die Produktivität, erfordert jedoch hohe Investitionen. Sie eignet sich besonders für automatisierte Lager mit hohem Durchsatz.

Es kommen zunehmend folgende automatisierte Lösungen zum Einsatz:

  • Kommissionierroboter: Roboter übernehmen einzelne Kommissionieraufgaben oder transportieren Waren autonom. Sie entlasten Mitarbeitende von monotonen Tätigkeiten und erhöhen die Effizienz, erreichen aber noch nicht die Flexibilität menschlicher Mitarbeitender.
  • Lagerverwaltungssysteme (LVS/WMS): Moderne IT-Systeme optimieren Kommissionierprozesse, steuern Aufträge und erfassen Leistungsdaten. Regelmäßige Auswertungen ermöglichen kontinuierliche Prozessverbesserungen.

Welche Kommissioniermethode ist die richtige für mein Unternehmen?

Die Auswahl der passenden Kommissioniermethode hängt von Faktoren wie Auftragsstruktur, Lagergröße, Sortiment und Ressourcen ab. Hier einige Orientierungshilfen:

  • Kleine Lager / geringes Auftragsvolumen: Serielles, auftragsorientiertes Kommissionieren genügt meist. Wichtig ist eine klare Lagerstruktur, um Wege kurz zu halten.
  • Viele Positionen pro Auftrag / großes Lager: Parallele, auftragsorientierte Kommissionierung in Lagerzonen verkürzt Bearbeitungszeiten erheblich. Ein LVS unterstützt die Organisation der Teilaufträge.
  • Viele Kleinaufträge (E-Commerce): Zweistufige Batch-Kommissionierung bündelt viele Kleinaufträge effizient. Voraussetzung ist eine gut organisierte Nachsortierung.
  • Technologieeinsatz: Beleglose Verfahren (Scan, Voice) reduzieren Fehler und Aufwand erheblich, Automatisierung lohnt sich bei entsprechendem Volumen.
  • Mitarbeitende und Organisation: Wähle Methoden, die zu deinem Team passen, und sorgen Sie für klare, unterstützende Prozesse.

Die beste Lösung entsteht meist aus einer individuell abgestimmten Kombination verschiedener Methoden und Technologien. Regelmäßige Überprüfung und Anpassung sind wichtig, um dauerhaft effizient zu bleiben.

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Online-Redaktion