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Postponement: Gezielte Dynamisierung der Supply Chain

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Hast du schon einmal überlegt, wie du deine Lieferkette flexibler und gleichzeitig kosteneffizienter gestalten könntest? Genau darum geht es beim Thema Postponement. In diesem Beitrag erfährst du, was sich hinter dieser Strategie verbirgt, wie du sie erfolgreich einsetzt und welche konkreten Vorteile und Herausforderungen damit verbunden sind.

Was ist Postponement?

Postponement, häufig auch Aufschubstrategie genannt, ist eine Strategie im Supply Chain Management, bei der Unternehmen gezielt bestimmte Produktions- oder Logistikprozesse verzögern. Das bedeutet konkret, dass einzelne Fertigungsschritte oder die finale Produktausgestaltung erst erfolgen, wenn zuverlässige Informationen zur tatsächlichen Kundennachfrage vorliegen. Statt fertige Produkte auf Lager zu produzieren, setzen Unternehmen beim Postponement zunächst auf die Herstellung standardisierter Zwischenprodukte. Erst nach Auftragseingang und konkreter Kundenbestellung erfolgt die individuelle Anpassung von Produktvarianten.

Typische Beispiele für Postponement sind die späte Festlegung von Farben, Ausstattungen oder Verpackungen eines Produkts. Dadurch erhöht sich die Flexibilität. Lagerbestände können reduziert und Lagerhaltungskosten gesenkt werden. Unternehmen profitieren somit von einer verbesserten Reaktionsfähigkeit auf spezifische Kundenanforderungen. Das Hauptziel des Postponement-Ansatzes besteht darin, durch Verschiebung von Aktivitäten in Fertigung oder Logistik Risiken zu minimieren, Kundenzufriedenheit zu erhöhen und insgesamt fundiertere Managemententscheidungen zu ermöglichen.

Vorteile von Postponement

  • Lagerhaltungskosten senken: Postponement reduziert Lagerbestände und somit die Kosten der Lagerhaltung. Weil weniger fertige Endprodukte auf Vorrat liegen, sinken die Aufwände für Lagerflächen, Kapitalbindung und Abschreibungen auf unverkäufliche Ware.
  • Flexibilität erhöhen: Da Produkte zunächst in generischer Form vorliegen, kann das Unternehmen kurzfristig auf Änderungen der Nachfrage reagieren. Varianten oder Produktdetails werden erst angepasst, wenn klare Kundenwünsche vorliegen. Das verringert das Risiko, am Markt vorbei zu produzieren.
  • Effizientere Lieferkette: Durch die auftragsbezogene Endfertigung werden Prozesse in Produktion und Logistik schlanker. Es wird beim Postponement nur das gefertigt, was tatsächlich bestellt ist. Das erhöht die Durchlaufgeschwindigkeit und verringert Verschwendung in der Supply Chain.
  • Absatzrisiko minimieren: Die Strategie wirkt wie ein Risk-Pooling. Zunächst werden nur universelle Komponenten produziert. Erst wenn die Nachfrage sicher ist, erfolgt die spezifische Differenzierung. So wird das Risiko von Fehlinvestitionen in nicht gefragte Varianten minimiert. Unternehmen müssen weniger „auf gut Glück“ prognostizieren, was die Gefahr von Fehlbeständen oder Überproduktionen senkt.

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Anwendungsfälle von Postponement in verschiedenen Branchen

Postponement wird in vielen Branchen erfolgreich eingesetzt. Insbesondere dynamische Märkte mit hoher Variantenvielfalt profitieren von der Aufschubstrategie. Hier einige wichtige Einsatzgebiete:

  • Mode- und Textilindustrie: Viele Unternehmen produzieren zunächst neutrale Kleidung und passen diese erst bei konkreten Bestellungen an aktuelle Trends an.
  • Lebensmittel- und Getränkeindustrie: Verderbliche Grundprodukte werden möglichst lange ohne finale Verpackung gelagert. Erst bei eindeutigem Auftragseingang erfolgt die Verpackung für die Zielregion, was Ausschuss und Fehlbestände reduziert.
  • Automobilsektor: Autobauer fertigen Grundmodelle vor und rüsten spezifische Extras erst kurz vor Auslieferung an den Händler nach. So reduzieren sie fertig konfigurierte Fahrzeugbestände und passen Fahrzeuge an den tatsächlichen Bedarf der Kund*innen an.
  • Pharma- und Medizinprodukte: Pharmahersteller produzieren Medikamente zunächst unlaboriert und verpacken diese erst bei konkreter Bestellung mit den notwendigen Landesetiketten und Dokumentationen. Diese Strategie des Postponements erlaubt eine flexible Reaktion auf regulatorische Anforderungen und reduziert teure Lagerbestände fertig verpackter Medikamente.
  • Elektronik und High-Tech: Aufgrund zahlreicher Varianten setzen Unternehmen wie Dell oder HP im Rahmen des Postponements auf eine späte Konfiguration ihrer Produkte. Dell produziert keine fertig konfigurierten PCs auf Lager, sondern hält standardisierte Komponenten bzw. Bauteile bereit. Computer werden erst nach der Kundenbestellung gemäß den gewünschten Spezifikationen montiert. Dieses Build-to-Order-Prinzip reduziert Lagerhaltungskosten und senkt das Risiko, unverkäufliche oder technisch veraltete Ware zu produzieren. Hewlett-Packard fertigt Drucker in einer Grundversion vor und versieht sie erst kurz vor dem Versand mit länderspezifischen Netzteilen, Handbüchern und Verpackungen.

Bewährte Praktiken für die Implementierung

Damit eine Postponement-Strategie erfolgreich umgesetzt wird, braucht es sorgfältige Planung, passende Infrastruktur und häufig einen Kulturwandel im Unternehmen. Folgende Best Practices haben sich bewährt:

  • Klare Definition des Entkopplungspunkts (Order Penetration Point): Festlegung, bis zu welchem Punkt ein Produkt standardisiert gefertigt wird und ab wann kundenspezifische Anpassungen erfolgen.
  • Effiziente Kommunikation und IT-Systeme: Einsatz moderner Systeme und digitaler Plattformen zur Echtzeit-Abstimmung zwischen Produktion, Logistik und Vertrieb.
  • Standardisierung und Modularität: Universelle und modulare Produktkomponenten, um Variantenbildung bis zuletzt zu verschieben und gleichzeitig Lagerhaltungskosten zu reduzieren.
  • Schulung und Einbindung der Mitarbeitenden: Frühzeitige Einbindung und Schulung des Teams, damit alle Beteiligten von Fertigung bis Management die neue Strategie des Postponements verstehen und unterstützen.
  • Schrittweise Umsetzung und Pilotprojekte: Start mit ausgewählten Produktlinien, um Herausforderungen frühzeitig zu erkennen, Prozesse anzupassen und die Strategie schrittweise unternehmensweit einzuführen.

Herausforderungen und Risiken bei Postponement

Neben den Vorteilen birgt die Aufschubstrategie erhebliche Herausforderungen, auf die sich Unternehmen sorgfältig vorbereiten müssen:

  • Komplexität der Planung und Steuerung: Durch zusätzliche just-in-time-Prozessschritte beim Postponement steigt der Bedarf an exakter Abstimmung zwischen Produktion, Logistik und Vertrieb. Kommunikationsfehler oder ungenaue Nachfrageprognosen können zu Engpässen und Verzögerungen in der Lieferkette führen.
  • Verlängerte Durchlauf- und Lieferzeiten: Die Endfertigung erst nach Auftragseingang bedeutet oft längere Lieferzeiten. Dies stellt eine Herausforderung für die Kundenzufriedenheit dar, da Kunden schnelle Lieferzeiten erwarten. Unternehmen müssen Prozesse optimieren oder Halbfabrikate vorhalten, um die Balance zwischen Geschwindigkeit und Flexibilität zu wahren.
  • Erhöhte Transportkosten: Die verstärkte individuelle Lieferung kleinerer Losgrößen führt oft zu höheren Transportkosten. Unternehmen müssen die Einsparungen durch geringere Lagerbestände gegenüber höheren Versandkosten abwägen und eine umfassende Kostenanalyse durchführen.
  • Anfangsinvestitionen und Widerstände im Unternehmen: Die Einführung einer Postponement-Strategie erfordert erhebliche Investitionen in IT-Systeme, Lagertechnologien und Mitarbeiterschulungen. Zudem müssen bestehende Prozesse neu strukturiert und Lieferanten miteinbezogen werden. Ohne strategisches Change-Management und klare Unterstützung durch das Management droht die Umsetzung zu stocken.
  • Begrenzte Eignung der Strategie: Nicht alle Produkte oder Märkte eignen sich gleichermaßen für Postponement. Für einfache, standardisierte Produkte mit stabiler Nachfrage oder in Märkten, die besonders kurze Lieferzeiten erwarten (z. B. Ersatzteile), ist die Aufschubstrategie oft ungeeignet. Die sorgfältige Evaluierung des tatsächlichen Mehrwerts von Postponement im jeweiligen Anwendungsfall ist daher entscheidend.
  • Risiko der Abhängigkeit von Zulieferern: Eine starke Integration der Zulieferer in die just-in-time-Prozesse erhöht das Risiko bei Lieferausfällen. Hier sind robustes Risikomanagement und stabile Lieferantenbeziehungen essenziell, um Produktionsunterbrechungen zu vermeiden.
  • Anforderungen an das Personal: Neue Arbeitsabläufe und erhöhte Anforderungen an Genauigkeit und Schnelligkeit in der Fertigung und Logistik setzen ein hohes Maß an Schulung und kontinuierlicher Weiterbildung der Mitarbeitenden voraus.

Postponement erfolgreich umsetzen – dein nächster Schritt

Postponement hilft dir dabei, deine Supply Chain agiler, effizienter und kundenorientierter zu gestalten. Um die Chancen der Aufschubstrategie bestmöglich zu nutzen, ist es wichtig, sowohl die Vorteile als auch mögliche Herausforderungen gut abzuwägen. Mit klarer Planung, gezieltem Einsatz moderner Technologien und der richtigen Kommunikation im Unternehmen kannst du Risiken reduzieren und dein Unternehmen zukunftssicher machen.

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Online-Redaktion