Karriere-Booster und Lebenseinstellung: Warum sich aktives Zuhören lohnt

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Halten Sie sich für eine:n gute:n Zuhörer:in? Der Großteil von uns würden diese Frage wohl spontan mit „Ja“ beantworten. Ob wir allerdings in der Lage sind, das Gehörte zu verinnerlichen und zu behalten, steht auf einem anderen Blatt. Tatsächlich stellten Forscher der Universität Minnesota bereits 1957 fest, dass sich Zuhörende unmittelbar nach einem Gespräch an nur etwa 50 Prozent des eben Gesagten erinnern konnten. Ein Grund dafür: Die Fähigkeit, aktiv zuhören zu können wird als soziale Kompetenz meist erheblich unterschätzt – und entsprechend wenig eingeübt. Dabei steigert sie die Kommunikationsqualität erheblich und erhöht auch unsere Erfolgschancen im Job.

Dass aktives Zuhören eine unmittelbare, positive Wirkung auf unseren Erfolg hat, zeigt sich unter anderem in den Studienergebnissen des Harvard-Professors William Ury. Laut Ury schneiden gute Zuhörer:innen in Verhandlungen deutlich besser ab und gelangen schneller zu einem Ergebnis. Wer die Kunst des aktiven Zuhörens beherrscht, zeigt nämlich Empathie sowie Verständnis für sein Gegenüber und bildet damit eine wichtige Basis, um nachhaltig zu anderen Menschen durchzudringen.

Wer aktives Zuhören beherrscht…

  • ist besser informiert und kann auf dieser Grundlage bessere Entscheidungen treffen.
  • vermittelt seinem Gegenüber das Gefühl, respektiert und wertgeschätzt zu werden.
  • schafft Vertrauen zwischen sich und seiner/seinem Gesprächspartner:in, der/dem es dadurch leichter fällt, mehr von sich preis zu geben.
  • kann Gespräche besser lenken.
  • ist in der Lage, Unwichtiges von Wichtigem zu unterscheiden und verschafft sich so bessere Antworten und Argumente.

Der erste Schritt zum besseren Zuhören: Auf die Haltung kommt es an

Eine gute Zuhörmentalität sowohl im privaten Umfeld als auch im Unternehmen zu etablieren, zahlt sich also in jedem Fall aus. Doch wie gelangen wir dort hin? Die Grundvoraussetzung ist die eigene Einstellung: Nur wer wirklich ernsthaft daran interessiert ist, seinem Gegenüber wertungsfrei zuzuhören und darüber hinaus die andere Person bedingungslos positiv zu betrachten, ist in der Lage, eine nachhaltige, gute Zuhörkultur zu entwickeln. Ist diese Basis nicht vorhanden, handeln Sie unweigerlich manipulativ – und dies wird Ihr:e Verhandlungspartner:in mit ziemlicher Gewissheit schnell durchschauen und entsprechend reagieren. Lassen Sie sich nicht verunsichern: Die richtige Einstellung können wir üben. „Fake it till you make it“ lautet hier die Devise: Tun Sie so, als ob Sie bereits die richtige Haltung hätten – früher oder später werden Sie sie tatsächlich verinnerlicht haben.

Die Grundregeln des aktiven Zuhörens: Der gute Ton jeder Unterhaltung

 Auf dem Fundament der richtigen Haltung bauen die Grundregeln des aktiven Zuhörens auf:

  • Wir sitzen zugewandt zu unserer/unserem Gesprächspartner:in.
  • Wir halten Blickkontakt.
  • Wir verwenden eine respektvolle, angemessene Sprache.
  • Wir bleiben konzentriert.

Auch wenn diese Regeln als selbstverständlich gelten sollten, ist es wichtig, dass wir sie uns immer wieder vor Augen zu führen – und ehrlich hinterfragen, ob wir sie auch wirklich befolgen. Denn insbesondere, wenn wir mit unserem Gegenüber nicht einer Meinung sind, werden selbst „Zuhör-Experten“ manchmal an ihre Grenzen stoßen.

Das kleine Einmaleins: Aktives Zuhören üben und verinnerlichen

 Etwas anspruchsvoller wird es im nächsten Schritt auf dem Weg zur besseren Zuhörkultur:

Körpersprache: Wir zeigen unserem Gegenüber mit positiver Körpersprache und entsprechenden Gesten, dass wir interessiert zuhören:  Offene, zugewandte Körperhaltung (z.B. keine verschränkten Arme), Blickkontakt halten, mimisch das Gesagte spiegeln (z.B. lächeln oder zustimmend nicken).

Nachfragen: Wer bei Unklarheiten nachfragt, vermittelt zum einen Interesse am Gesagten und zum anderen, dass er/sie sich eingestehen kann, etwas nicht vollständig verstanden zu haben – das bringt Sympathiepunkte.

Notizen machen: Statt die/den Redende:n zu unterbrechen, schreiben Sie sich Ihre Fragen oder Ideen auf und bringen diese später an.

Empathie zeigen: Versuchen Sie sich in Ihre/n Gesprächspartner:in hineinzuversetzen und das Gesagte aus ihrer/seiner Sicht zu sehen.

Pausen zulassen: Vermeiden Sie sofort zu antworten, sobald die/der Redner:in geendet hat. Lassen Sie stattdessen einige Sekunden Pause, um das Gesagte wirken zu lassen und so Respekt zu zollen.

Inhalte zusammenfassen: Gerade wenn ihr Gegenüber zur Spezies der Vielredner gehört, kann es hilfreich sein, Gesprächspassagen zum besseren Erfassen in eigenen Worten zusammenzufassen und anschließend zu fragen, ob Sie alles richtig verstanden haben.

Die Kür: Das eigene Ego hintenanstellen

Die letzten Bausteine auf dem Weg zur besseren Zuhörkultur sind insofern besonders herausfordernd, weil es zum großen Teil darum geht, das eigene Ego im Zaum zu halten:

Die eigene Meinung hintenanstellen: Solange Sie in der Rolle des Empfangenden sind, gilt es, der Meinung der/des Anderen Raum zu geben und sich (auch wenn es schwerfällt) mit den eigenen Ansichten zunächst zurückzuhalten. Sobald Sie im Gesprächsverlauf zur/zum Sendenden werden, können Sie Ihre eigene Position anbringen.

Kritik aushalten: Kritik hinzunehmen, insbesondere wenn sie despektierlich vorgetragen wird, ist niemals leicht und fordert mitunter große Selbstbeherrschung. An diesem Punkt ist es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass jede Kritik auch wichtige Informationen enthält und dass es sich lohnt, ihren Kern zu erforschen.

Ungefragte Ratschläge vermeiden: Unerbetene Ratschläge können im anderen schnell das Gefühl der Bevormundung erwecken. Um dies zu vermeiden, sollten wir generell erstmal davon ausgehen, dass unser Gegenüber unsere Lösungsansätze eventuell bereits selbst erwogen hat.

Stille ertragen und analysieren: Tatsächlich sind Pausen Teil der Kommunikation. Dennoch fällt es uns oftmals schwer, sie auszuhalten – insbesondere, wenn sie sich unangenehm anfühlen. Doch statt die Stille krampfhaft zu füllen, sollten wir ihre Ursachen analysieren. Diese könnten zum Beispiel Müdigkeit, Unsicherheit, Ratlosigkeit oder mangelnde Konzentration sein. Sprechen Sie ruhig an, was Sie empfinden. Wie: „Ich habe das Gefühl, Sie sind auch gerade etwas erschöpft. Wollen wir eine Pause machen?“.

 

Fazit: Eine gute Zuhörkultur ist vielmehr als eine bloße Technik, die es zu erlernen gilt. Vielmehr geht es darum, eine bestimmte Lebenseinstellung zu entwickeln und zu etablieren. Dies geschieht nicht von heute auf morgen, aber Ihre Geduld wird sich auszahlen.

Ein letzter Tipp: Bedanken Sie sich bei Ihrer/Ihrem Gesprächspartner:in, sobald Ihnen selbst aufmerksam zugehört wurde – Sie wissen um die Anstrengung und das Geschenk!

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Über den:die Autor:in

Jasmin Burgey

arbeitet im Marketing der Haufe Akademie für den Themenbereich Persönliche und Soziale Kompetenzen.

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