Selbstreflexion: Unterschätzter Faktor für gute Beziehungen

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Gute Beziehungen machen glücklich und gesünder. Zu dem Ergebnis kommt eine Harvard-Langzeitstudie, die seit mehr als 80 Jahren das Leben unterschiedlicher Menschen begleitet. Dabei kommt es bei unseren zwischenmenschlichen Beziehungen nicht auf ihre Anzahl, sondern auf ihre Qualität an. Doch was können wir tun, um harmonische Beziehungen – sei es im privaten Umfeld oder am Arbeitsplatz – zu entwickeln? Ein in diesem Zusammenhang oftmals unterschätzter Faktor ist Selbstreflexion. Denn wer über diese hilfreiche Kompetenz verfügt, ist nicht nur im Stande sich selbst als Individuum, sondern auch als Teil eines sozialen Konstrukts zu hinterfragen. Durch gezielte Selbstreflexion verbessern wir zudem unsere Empathiefähigkeit – sowohl in Bezug auf unsere Mitmenschen als auch auf uns selbst. Hört sich gut an, oder? Deshalb erfahren Sie in diesem Artikel, wie es uns gelingen kann, mit Hilfe von Selbstreflexion unsere zwischenmenschlichen Beziehungen zu stärken und erfolgreich zu gestalten.

Selbstreflexion: Blick in das eigene Innere

Unter Selbstreflexion versteht man im Allgemeinen die bewusste Selbstwahrnehmung oder Selbstbeobachtung. Gemeint ist die außerordentlich wertvolle Fähigkeit sich selbst, das eigene Denken, Fühlen und Handeln situativ hinterfragen und analysieren zu können. Wer selbstreflektiert ist, erkennt die eigenen Verhaltensmuster und weiß zum Beispiel, warum er oder sie auf manche Dinge, Situationen oder auch Menschen emotional reagiert, anstatt sachlich zu bleiben. Oft wird deshalb auch von emotionaler Selbstreflexion gesprochen, also der Fähigkeit, mit eigenen und den Emotionen anderer erfolgreich umzugehen.

Situationen hinterfragen und aus ihnen lernen

Wenn etwas nicht nach unseren Vorstellungen gelaufen ist, lohnt es sich zu analysieren, warum sich die jeweilige Situation negativ entwickelt hat. Nehmen wir zum Beispiel ein Gespräch mit einer Führungskraft oder einem Mitarbeitendem. Reflektierende Fragen könnten beispielsweise lauten: Was war die Ausganssituation? Wie war mein Standpunkt und wie der meines Gegenübers? Ab welchem Zeitpunkt ist die Situation aus dem Ruder gelaufen? Welchen Anteil hatte ich an der negativen Entwicklung? An welchen Stellen hätte ich anders reagieren sollen? Genauso sinnvoll ist die Analyse einer positiv verlaufenen Situation. Um beim konkreten Beispiel des Gesprächs zu bleiben, sollten wir uns auch hier im Nachgang fragen, warum gerade dieses Gespräch so gut verlaufen ist. So wird die gezielte Rekapitulation und Analyse bestimmter Situationen mithilfe von Selbstreflexion zu einem wertvollen Lern- und Erfahrungsprozess, der uns sowohl privat als auch beruflich voranbringt.

Konflikte mithilfe von Selbstreflexion besser meistern

Unsere Wahrnehmung als subjektiv begreifen

Wenn es in zwischenmenschlichen Beziehungen zu Konflikten kommt, sind meist falsche Erwartungen und Annahmen die Gründe. Denn leider neigen wir Menschen dazu, unsere eigenen Gefühle und Wünsche auf andere Menschen zu übertragen. Wenn wir mit anderen kommunizieren, gehen wir also davon aus, dass unser Gegenüber genauso denkt und fühlt wie wir. Bei der Selbstreflexion hingegen richten wir unser Bewusstsein auf uns selbst, betrachten unser Verhalten und/oder unsere Gefühle objektiv und sind zudem dazu bereit, unsere Reaktionen realistisch und kritisch einzuordnen. Das ist insbesondere in Konfliktsituationen von großem Vorteil, da wir normalerweise dazu tendieren, die wahre Ursache eines Problems nicht weiter zu hinterfragen und die Schuld bei anderen zu suchen.

Empathie als Friedensstifter

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Vermeidung von Konflikten ist Empathie. Generell spielt Empathie eine tragende Rolle bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung von gesunden zwischenmenschlichen Beziehungen – und Selbstreflexion fördert unsere Empathiefähigkeit enorm! Sie ermöglicht uns einen Perspektivwechsel, hilft also dabei, uns in die Gefühle und Bedürfnisse anderer Menschen hineinzuversetzen. Auf diesem Weg entwickeln wir automatisch Mitgefühl und Verständnis für unser Gegenüber. Dies wiederum fördert ein Gefühl von Verbundenheit und schafft eine vertrauensvolle Atmosphäre, die Konflikten jeglichen Nährboden entzieht.

Zufriedener dank Selbsterkenntnis

Selbstreflexion hilft uns auch dabei zu erkennen, was wir wollen, aber auch was wir nicht wollen. Oft sind wir unzufrieden und bleiben in Situationen hängen, weil wir uns an den Zustand gewöhnt haben, zu bequem sind ihn zu ändern oder schlicht nicht wissen, wie wir ihn ändern können. Diese latente Unzufriedenheit lassen wir dann leider allzu oft unser Umfeld spüren. Wir sind von uns selbst genervt und reagieren anderen gegenüber oftmals ungerecht und irrational – pures Gift für zwischenmenschliche Beziehungen. Sobald wir jedoch in den Prozess der Selbstreflexion einsteigen, fällt es uns leichter zu erkennen, was uns wirklich stört. Ist das Problem erst identifiziert, können wir es im Anschluss gezielt angehen. Indem wir uns unserer Stärken, Schwächen, Wünsche und Ziele bewusst werden, können wir außerdem zukünftig bessere Entscheidungen treffen. Das Ergebnis: Unsere Motivation kehrt zurück, wir werden zufriedener und ausgeglichener – und dies spürt auch unser Umfeld.

Fazit: Selbstreflexion braucht Zeit, doch es lohnt sich!

Wichtig bei der Selbstreflexion ist es, sich bewusst Zeit für diesen Prozess zu nehmen. Denn analysieren und nachdenken kann nicht zwischen Tür und Angel geschehen. Am besten suchen wir uns einen Ort, an dem wir ungestört sind und uns wohlfühlen. Manchmal hilft es auch, laut mit sich selbst zu sprechen und den eigenen Antworten zu lauschen. Dieser Aufwand zahlt sich in vielfacher Hinsicht aus, denn wir verbessern nicht nur das Verständnis und die Beziehung zu uns selbst, sondern auch die zu anderen Menschen. Sich regelmäßig zu reflektieren und zu hinterfragen, ist eine gute Möglichkeit, sich selbst und das eigene Verhalten in verschiedenen Situationen besser kennenzulernen. Dadurch können wir Probleme frühzeitig erkennen und unser Handeln entsprechend anpassen. Wir sind selbstsicherer und anderen gegenüber aufgeschlossener, da wir wissen, welche Rolle wir in unseren verschiedenen sozialen Konstrukten einnehmen. Selbstreflexion fördert Empathie und Mitgefühl für unser Gegenüber, da sie es uns ermöglicht, uns in andere Menschen hineinzuversetzen. Auf diesem Weg sind wir in der Lage, unsere Beziehungen harmonischer, stabiler und tiefgründiger zu gestalten.

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Online-Redaktion

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