Umfrage: Wie steht es um den Wert der Weiterbildung?

Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel sind in den deutschen Unternehmen und Organisationen angekommen.
 
Dadurch verändert sich die Zusammensetzung der Belegschaften deutlich: Immer mehr ältere Arbeitnehmer stehen einer vergleichsweise geringen Zahl von Vertretern der Generation Y gegenüber. Lebenslanges Lernen wird zur Pflicht – doch wie stehen die Mitarbeiter zu diesem Thema? Im Auftrag der Haufe Akademie wurden 1.000 Angestellte dazu befragt.

Das lebenslange Lernen ist für alle gleichermaßen wichtig. Doch während die jungen Arbeitnehmer es gewohnt sind, sich ständig weiterzuentwickeln und dazuzulernen, fällt es ihren erfahrenen Kollegen deutlich schwerer, den Wert von Weiterbildung zu erkennen.

Die Umfrage „Wert der Weiterbildung“

Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragte im Auftrag der Haufe Akademie im Februar 2013 bundesweit 1.000 Angestellte anhand computergestützter Telefoninterviews.

Viele Arbeitnehmer lernen gerne

Die meisten deutschen Angestellten lernen gerne, so ein Ergebnis der repräsentativen Forsa-Umfrage „Wert der Weiterbildung“ im Auftrag der Haufe Akademie: napp zwei von drei Angestellten (60 Prozent) freuen sich auf berufliche Weiterbildung und würden sich am liebsten noch mehr weiterbilden. Die Lust aufs Lernen wird vor allem vom Alter und dem Stellenwert von Weiterbildung im Unternehmen beeinflusst. In der Altersgruppe bis 35 Jahre sagen 72 Prozent der Befragten, dass sie sich gerne noch mehr weiterbilden möchten. Bei den über 55-Jährigen schrumpft dieser Wert auf 42 Prozent.

Auch die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens ist bei vielen mittlerweile angekommen: Mehr als die Hälfte (52 Prozent) bildet sich unter anderem weiter, um nicht den Anschluss im Job zu verlieren. 30 Prozent lernen, weil der Arbeitgeber dies wünscht. Die Umfrage belegt auch: 23 Prozent der Befragten finden Weiterbildung zwar wichtig, aber sie erhalten keine guten Weiterbildungsangebote vom Arbeitgeber. „Diese Zahl ist alarmierend“, sagt Dr. Jörg Schmidt, Geschäftsführer der Haufe Akademie. „Denn sie zeigt, dass immerhin fast ein Viertel der deutschen Angestellten mit ihrer Lernsituation unzufrieden ist. Dies kann ganz verschiedene Gründe haben, ist aber dennoch ein Warnsignal für die Arbeitgeber.“

Lernmotivation nimmt bei Älteren drastisch ab

Acht Prozent der Altersgruppe zwischen 46 und 55 Jahren geben an, kein Interesse an Weiterbildung zu haben. Bei den Arbeitnehmern ab 56 Jahren sind es sogar neun Prozent. „Die Lust aufs Lernen nimmt mit dem Alter drastisch ab. Dabei lässt die Umfrage vermuten, dass dies nicht an fehlenden oder unpassenden Angeboten für diese Mitarbeitergruppe liegt“, so Schmidt. Die Arbeitgeber seien gefordert, den älteren Arbeitnehmern die Neugier und Lust aufs Lernen wieder nahezubringen.

Angestellte würden für Weiterbildung Freizeit opfern

„Positiv überrascht war ich davon, wie viele Angestellte bereit sind, auch in der Freizeit zu lernen – auch wenn es der Arbeitgeber gar nicht explizit erwartet“, so Schmidt. Nur jeder Vierte (25 Prozent) sagt, der Arbeitgeber erwarte von ihm, dass er sich außerhalb der Arbeitszeit für den Job weiterbildet. Dennoch würde fast jeder Zweite (45 Prozent) zumindest unter der Woche Freizeit für Weiterbildung opfern. Fast jeder Dritte (31 Prozent) zieht es sogar in Betracht, am Wochenende oder im Urlaub zu lernen. Auch hier liegen die jungen Arbeitnehmer vorne: Bei den Befragten bis 35 Jahre sind 42 Prozent dazu bereit; bei den Angestellten ab 56 Jahren sind es nur noch 24 Prozent. 21 Prozent möchten sich hingegen nur während der Arbeitszeit weiterbilden.

Bereit für finanzielle Investition

Eine deutliche Mehrheit der deutschen Angestellten ist bereit, für berufliche Weiterbildung auch in die eigene Tasche zu greifen: 13 Prozent würden einen kleinen Betrag, nämlich bis zu hundert Euro im Jahr, beisteuern. Weitere 15 Prozent würden bis zu 200 Euro zahlen, 33 Prozent sogar bis zu 1.000 Euro. Gut jeder vierte Angestellte (28 Prozent) meint hingegen, die Finanzierung beruflicher Weiterbildung sei ausschließlich Sache des Arbeitgebers.

Lernfreundliche Unternehmen gewinnen

In der Umfrage ermittelte Forsa auch den Stellenwert beruflicher Weiterbildung beim aktuellen Arbeitgeber. Die meisten Unternehmen, nämlich 69 Prozent, bieten ihren Angestellten Gelegenheiten für den Wissens- und Erfahrungsaustausch. Mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent) erhält zudem konkrete Weiterbildungsangebote. In einigen Unternehmen gehen die Führungskräfte mit gutem Beispiel voran: 55 Prozent vermuten, dass sich ihre Vorgesetzten selbst weiterbilden. „Führungskräfte haben beim Lernen eine Vorbildfunktion“, so Schmidt. „Ihr eigenes Verhalten hat einen starken Einfluss auf die Bereitschaft ihrer Mitarbeiter, sich weiterzubilden.“ Den älteren Mitarbeitern würde zudem vermittelt, dass lebenslanges Lernen heute selbstverständlich und kein Zeichen mangelhafter Ausbildung ist.

Alle profitieren von Weiterbildung

„Für uns als Anbieter von Qualifizierung und Entwicklung für Menschen und Unternehmen war auch die Frage interessant, wer nach Meinung der Angestellten am meisten von beruflicher Weiterbildung profitiert: sie selbst oder der Arbeitgeber“, sagt Schmidt. „Viele Befragte, nämlich 42 Prozent, sagen, dass beide gleichermaßen davon profitieren – für uns ein erfreuliches Ergebnis. Denn auch aus unserer Sicht sollten immer sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber vom Lernen profitieren.“ Fast ebenso viele Angestellte (40 Prozent) meinen, dass vor allem sie selbst profitieren. Ein Erklärungsansatz für diese hohe Zahl: Die Mobilität der Arbeitnehmer steigt, viele wechseln im Erwerbsleben mehrfach den Arbeitsplatz und nehmen ihr Wissen mit zum neuen Arbeitgeber. „Dazu passt auch, dass vor allem die jüngeren Befragten angeben, selbst zu profitieren: Bei den bis 35-Jährigen sagt dies genau die Hälfte“, sagt Schmidt. Von den Befragten, die 56 Jahre und älter sind, glauben nur noch 27 Prozent, dass vor allem sie etwas von der Weiterbildung haben.

Personalverantwortliche: Eigeninitiative stärken, Ältere mitnehmen

Bei vielen Angestellten ist eine Lernmotivation durchaus vorhanden. Arbeitgeber sollten dieser Lust aufs Lernen mit einer lernfreundlichen Atmosphäre, einer zum Unternehmen passenden Weiterbildungsstrategie und individuellen, zu den jeweiligen Lebensphasen der Mitarbeiter passenden Angeboten begegnen. Immer wieder bewährt sich auch etwas, das ganz selbstverständlich klingt, im Tagesgeschäft aber häufig untergeht: mit den Mitarbeitern ins Gespräch kommen und die Erwartungen an das Lernverhalten der Belegschaft klar formulieren. Die Umfrage zeigt, dass eine hohe Erwartungshaltung des Arbeitgebers die Freude an Weiterbildung keineswegs dämpft. „Arbeitgeber können ihre Mitarbeiter fordern, wenn sie gleichzeitig Lerngelegenheiten schaffen und Entwicklungen ermöglichen“, so Schmidt. „Gerade ältere Mitarbeiter verlieren ihre Motivation, wenn sie nur noch mit monotonen, eindimensionalen Aufgaben betraut werden. Dies nimmt vielen die Lust, Neues zu lernen.“

Talent Management nach Lebensphasen ausrichten

Moderne Personalverantwortliche setzen die besonderen Kompetenzen der älteren Belegschaft gezielt ein. Die Weiterbildungen sollten nach den Lebens- und Karrierephasen der Mitarbeiter ausgerichtet werden. Studien zeigen: Bauen Qualifikationsmaßnahmen für die älteren Mitarbeiter auf deren großen Erfahrungsschatz auf, lernen sie genauso schnell und viel wie die jüngeren. Spezifische Weiterbildungsangebote unterstützen sie dabei, bis zum Ende der Erwerbstätigkeit engagiert zu arbeiten. „Die 25-jährige Berufseinsteigerin braucht andere Angebote als ihr 53-jähriger Kollege“, so Schmidt. „Nur die Unternehmen, die die Beschäftigungsfähigkeit aller Mitarbeiter sicherstellen und auch die Erfahrenen mit in den Fokus nehmen, werden auch in Zukunft erfolgreich sein.“ Und was die Soft Skills angeht, können Berufseinsteiger häufig noch einiges von den Älteren lernen, zum Beispiel bei der Kommunikations- oder Teamfähigkeit. „Altersgemischte Teams sind ein guter Weg, von- und miteinander zu lernen“, so Schmidt.

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