Vom konstruktiven Umgang mit schwierigen Auszubildenden

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Sie widersprechen, befolgen Anweisungen nicht, kommen unpünktlich und haben schlechte Noten in der Berufsschule: Früher hätten schwierige Auszubildende im Ausbildungsbetrieb keine Chance gehabt. Aber nicht nur der Fachkräftemangel zwingt zum Umdenken – schwierige Azubis sollten generell eine Chance verdienen. Doch wie gelingt der Weg aus der Ausbildungskrise? Und was benötigen junge Erwachsene aus der Generation Z, damit die Integration ins Unternehmen funktioniert?

Sicherlich: Man kann schwierigen Auszubildenden auch einfach kündigen und damit das Problem vermeintlich aus dem Weg schaffen. Doch damit ist weder dem Unternehmen noch der:dem Auszubildenden geholfen. Azubis sind wichtige Mitglieder des Unternehmens und tragen maßgeblich zur Unternehmenskultur bei. Diese neue Rolle müssen sie erst lernen. Das klappt nicht immer auf Anhieb. Nicht selten hat sich der:die zu Beginn schwierige Auszubildende im Laufe der Zeit zu einer kompetenten und zuverlässigen Säule im Unternehmen entwickelt. Es lohnt sich also für Ausbilder:innen und Ausbildungsbeauftragte, genau hinzuschauen und nach Lösungswegen jenseits einer Kündigung zu suchen.

Ursachenforschung: Woher stammen die Probleme?

Im ersten Schritt ist es wichtig, die Ursachen für die schwierige Situation mit dem:der Auszubildenden herauszufinden. Manche Auszubildende sind mit der Arbeit überfordert, andere unterfordert, es kann Konflikte mit Vorgesetzten geben, mit den Kolleg:innen oder mit anderen Auszubildenden. Aber auch private Gründe können sich hinter den Anpassungsschwierigkeiten der:des Auszubildenden verbergen.

Das Gespräch suchen – mit Sensibilität

Herausfinden können Ausbilder:innen und Ausbildungsbeauftragte dies durch ein klärendes Gespräch. Dabei ist viel Sensibilität gefragt. Wichtig ist, dass der:die Azubi das Gefühl bekommt, dass der Arbeitgeber auf ihn:sie zukommt und Lösungsvorschläge aufzeigt. Umgekehrt müssen Ausbilder:innen und Ausbildungsbeauftragte dem:der Azubi aber auch Grenzen setzen und auf mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen seines:ihres Verhaltens – bis hin zur Kündigung – hinweisen. Es empfiehlt sich, die besprochenen Punkte schriftlich festzuhalten. Sinn macht es zudem, die Berufsschule, den Betriebsrat und – sofern vorhanden – die Jugend- und Ausbildungsvertretung des Unternehmens frühzeitig einzubeziehen.

Die Generation Z motivieren

Ganz wichtig zu wissen beim Umgang mit Auszubildenden ist zudem: Die heutigen Auszubildenden haben andere Ansprüche an den Beruf als frühere Generationen. Wer ab dem Jahr 1995 geboren wurde gehört zur sogenannten Generation Z, die sich häufig mehr über private Zufriedenheit definiert als über beruflichen Erfolg und Karriere. Zudem sind es die jungen Menschen gewohnt, wichtige Entscheidungen selbst zu treffen. Um eine:n Azubi der Generation Z zu motivieren, ist es zum Beispiel unerlässlich, ihn:sie selbst überlegen zu lassen, wie sich ein Arbeitsauftrag am besten umsetzen lässt. Gegen allzu starre Regeln gibt es indes eher Widerstand. Auch in Entscheidungen möchten Auszubildende eingebunden sein. Die Generation Z liebt eine offene Gesprächskultur und flache Hierarchien ohne Statusdenken.

Auszubildende bringen spezielle Fähigkeiten mit

Und warum nicht auch einmal von den Auszubildenden lernen? Als „Digital Natives“ haben sie sicherlich vielen Vorgesetzten in Bezug auf Internet & Co. einiges voraus. Diese Kompetenzen gilt es zu nutzen. Die Auszubildenden könnten zum Beispiel dabei helfen, den Social-Media-Auftritt des Unternehmens zu verbessern und die Digitalstrategie besser auf junge Kund:innen zuzuschneiden. Und wer weiß: Vielleicht weckt das die Motivation der Auszubildenden, und aus dem schwierigen Lehrling oder der aufsässigen Auszubildenden von heute werden zuverlässige Mitarbeiter:innen von morgen?

Wenn alles nichts hilft: Kümmern statt Kündigung

Es wird immer wieder Fälle geben, wo alle Lösungsversuche ins Leere laufen und Gespräche nicht fruchten. Abmahnung und Kündigung sind oftmals die naheliegenden, arbeitsrechtlichen Schritte, doch zählen sie zu negativen Erziehungsmaßnahmen. Bevor Sie also eine Abmahnung oder eine Kündigung gegenüber Ihrer:m Auszubildenden aussprechen, gehen Sie einen Schritt zurück und – kümmern Sie sich! Hat die:der Auszubildende private Probleme? Wenn ja, bieten Sie Unterstützung an. Ist die:der Auszubildende unzufrieden mit der Berufswahl? Zeigen Sie Alternativen auf. Eine Kündigung sollte stets die letzte Instanz bei Problemen mit Azubis sein, da sie für beide Seiten Nachteile mit sich bringt. Auszubildende verlieren ihren Arbeitsplatz, Unternehmen wichtige Fachkräfte.

Fazit: Den richtigen Umgang mit Auszubildenden kann man lernen

Insgesamt gilt: Nicht bei allen Jugendlichen gelingt der Einstieg in den Beruf reibungslos. Doch auch schwierige Auszubildende haben eine Chance verdient. Schließlich befinden sie sich erst auf dem Weg ins Erwachsenwerden. Ausbilder:innen und Ausbildungsbeauftragte sollten deshalb genau hinschauen und die Auszubildenden bei Schwierigkeiten unterstützen. Denn nicht nur durch den Fachkräftemangel müssen Unternehmen bestehende Mitarbeiter:innen halten. Denken Sie daran: Ihre Auszubildende von heute sind Ihre Mitarbeiter:innen und vielleicht sogar Führungskräfte von morgen und übermorgen!

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Über den:die Autor:in

Frank Schlicht

Produktmanager für persönliche und soziale Kompetenzen bei der Haufe Akademie.

Zur Themenübersicht Kompetenz für Training, Coaching und Beratung