Kommentar zum „Global Talent Competitiveness Index 2013“
Deutschen Führungskräften mangelt es teilweise an Führungskompetenz, so zum Beispiel der Fähigkeit, ihre Mitarbeiter:innen weiter zu entwickeln und die digitale Transformation von Unternehmen aktiv zu begleiten – zu diesem Schluss kommt zumindest die Studie „Global Talent Competitiveness Index 2013“. Nun sind Führungskräfte in der Regel nicht allein auf weiter Flur, sondern sollten von den HR-Abteilungen aktiv unterstützt und in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben zu erfüllen. Das wirft die Frage auf, welchen Anteil HR an dieser Situation hat und was nun dringend nachgeliefert werden muss.
Führung verändert sich
Tatsächlich wird das Thema Führen in hohem Maße virtuell. Das ist aus zwei Gründen naheliegend: Der Globalisierung der Wirtschaft, die mittlerweile selbst kleinere Unternehmen betrifft, und dem Eintritt der Generation Y in die Arbeitswelt. Für diese Generation Y ist Work-Life-Integration ein großes Thema. Sie ist zum Beispiel nicht unbedingt davon überzeugt, dass Arbeit täglich im Büro stattfinden muss, wenn man sie genauso gut von zu Hause aus oder unterwegs erledigen kann. Für Führungskräfte stellen sich in dieser Situation gleich mehrere Fragen: Wie führe ich eigentlich Mitarbeiter:innen, wenn ich sie nur selten sehe? Wenn Vertrauen der Kernwert einer guten Führungsbeziehung ist: wie entsteht es in virtuellen Beziehungen? Wie erreiche ich es, dass sich Mitarbeitende mit dieser zunehmend virtuellen Organisation identifizieren und die Innovationsfähigkeit erhalten bleibt? Sich mit herkömmlichen Führungstechniken auszukennen, reicht dafür nicht mehr aus. Es erfordert vielmehr, sich in einem erheblich höheren Ausmaß mit neuen Techniken und Methoden zu beschäftigen, als es Generationen vor ihnen getan haben. Die Führungskompetenz muss ausgebaut werden, das gilt für Führungskräfte ebenso wir für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Personalabteilungen.
Die gute Nachricht: HR hat vieles richtig gemacht
Die Relevanz der Personalentwicklung für ein Unternehmen hängt maßgeblich davon ab, wie weit sie zur Innovationsfähigkeit, zum Erfolg des Business und zur Zukunftsfähigkeit beiträgt. Gleichzeitig sind das exakt die Gründe, warum in der Vergangenheit das Zeugnis für die Personalentwicklung oftmals unbefriedigend ausfiel: Weil genau diese Aufgaben nicht wahrgenommen wurden oder die Ergebnisse nicht spürbar waren.
Viele Personalbereiche haben sich ausgiebig damit beschäftigt, wie sie als Business-Partner von der Unternehmensleitung akzeptiert werden können. Die Frage danach, wie man mehr Bedeutung erlangen kann, hat viele Ressourcen gekostet. Dann war man sehr erfolgreich damit beschäftigt, Shared Services aufzubauen, Prozesse zu standardisieren, zu optimieren und abzuwickeln. Mittlerweile laufen Prozesse wie zum Beispiel die Entgeltabrechnung hochgradig stabil, professionell und kostengünstig organisiert. HR-Prozesse zu etablieren ist also richtig gut gelungen. Der Nachteil ist: Diese Dinge sind heute selbstverständlich. Eine positive Wahrnehmung des HR-Bereichs ist damit nicht mehr verbunden. Der Professionalisierungsgrad in der Personalverwaltung ist damit weit ausgeprägter als in Bereichen, die Business-Prozesse unterstützen. Dazu gehören Themen, die heute überlebenswichtig für Unternehmen sind, um ihre Zukunftsfähigkeit sicherzustellen, wie Recruiting und die Bindung der Mitarbeiter:innen. Diese Bereiche lassen sich nur scheinbar mit Prozesslandschaften standardisieren. Dafür braucht man in der Personalentwicklung Mitarbeiter:innen, die unternehmerisch denken, die nah am Business sind, die verstehen, was das Business tut und die einen Blick für die globalen Herausforderungen haben. Kurzum: Mitarbeitende, die Führungskompetenz besitzen.
Die Herausforderung lautet: HR muss das Richtige tun – mit den richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Bord
Was muss sich also in der Personalentwicklung ändern? Erst einmal braucht man in der Personalentwicklung Mitarbeiter:innen, die das Geschäft des Unternehmens verstehen, die praktisch denken können. Und man braucht Konzepte, die im Business akzeptiert sind, die man vielleicht sogar zusammen mit dem Management entwickelt. Nötig sind also Mitarbeitende, die sowohl über HR- als auch Führungskompetenz verfügen. Es gilt: Fachwissen kann man sich aneignen, an diese Stelle entscheidet jedoch Persönlichkeit.
Es gibt noch zwei Aspekte, die entscheidend für die zukünftige Relevanz von HR-Abteilungen sind und die uns zurück zur Studie führen: HR muss international denken, über Ländergrenzen hinweg. Wenn ein Manager oder eine Managerin eine Unit zu verantworten hat, deren Mitarbeiter:innen auf drei Kontinente verstreut sind, braucht der/die Manager:in einen HR-Partner, der Unterstützung bietet. Der zweite Aspekt ist, dass HR sich trauen sollte, zu provozieren und kontroverse Themen zu diskutieren. So kann man zum Beispiel zeigen, warum ein internes soziales Netzwerk heute vielleicht noch nicht erfolgsentscheidend ist, in Zukunft aber schon. Wem es gelingt, auf diese Weise auf zukünftige Herausforderungen aufmerksam zu machen, der kann Führungskräfte auch animieren, sich damit zu beschäftigen und die notwendige Führungskompetenz zu erwerben.