Systemisches Denken in der Mitarbeitendenführung

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Die Komplexität der Welt wird höher. Das ist kein Geheimnis und jeder spürt es in seinem eigenen Umfeld. Auch die Welt der Führung ist davon betroffen. Wie gehe ich mit der zunehmenden Komplexität um? Wie kann ich Herausforderungen in dieser Komplexität bewältigen? In den vergangenen Denkmodellen hat man auf logische Analyse und lineares Denken gesetzt:
Wenn ich x mache, kommt y heraus oder a² + b² = c².

Nun stellen wir fest, dass es so nicht funktioniert. Weder in unserer Umwelt, noch an den Märkten, noch bei uns Menschen. Gerade menschliches Verhalten ist sehr komplex und bewegt sich außerhalb der rationalen Logik. Vor diesem Hintergrund ist es hilfreich, den Blick auf das System, in dem wir agieren und das wir auch selbst sind, zu richten.

Systemisches Denken bedeutet, außerhalb von isolierten und unverbundenen Einzelereignissen zugrundeliegende Muster zu erkennen.

So können Verbindungen zwischen Ereignissen sichtbar gemacht, leicht verstanden und damit auch beeinflusst werden. Eine ausschließlich logische Analyse kann in die Irre führen oder gar die Lage verschlimmern.

Ein gut sichtbares Beispiel, wo lineares Denken versagt und systemisches Denken weiterbringt, ist unsere Umwelt:

Gegen Schädlinge wurden sehr wirksam Pestizide entwickelt und eingesetzt. Es wurde also logisch und linear vorgegangen. Phänomen „x” ist nicht in Ordnung und es wurde auf die Größe bezogen mit „y” gehandelt, um dieses Phänomen zu verhindern. Erst zeitverzögert wurden die Folgen sichtbar. Für andere Teile im System „Umwelt“ hatte es Folgen. Insekten haben sich nicht vermehrt, Vögel wurden krank bzw. hatten nicht mehr ausreichend Futter, Fische wurden belastet, bis hin zu Auswirkungen beim Menschen.

Solche Beispiele zeigen die Grenzen linearen Denkens sehr anschaulich.

Weitere Beispiele für Systeme sind Unternehmen, einzelne Organisationseinheiten, Familien, das Individuum, unser Körpersystem.

Was bedeutet das für die Führungskräfte von heute?
Mit einem systemischen Blick auf die Dinge können sich Führungskräfte z.B. folgende Frage stellen:

Welches Verhalten eines:einer Mitarbeiter:in oder im Team nehme ich wahr?

Die Führungskraft sollte neugierig und offen sein, welche Faktoren zu diesem Verhalten führen. Dies bedeutet, nicht bereits im Vorfeld zu „wissen”, was die Ursache ist, sonders das wahrgenommene Verhalten/die wahrgenommene Situation als Symptom zu verstehen, das verschiedene Facetten hat.

Hilfreich können hierzu Fragen sein, wie

  • Was ist das Verhalten genau?
  • Seit wann zeigt es sich?
  • In welchen Situationen tritt es auf?
  • Wer ist daran beteiligt?
  • Was stört mich daran konkret?
  • Was wäre das Wunschverhalten, also was soll stattdessen sein?

Systemisch bedeutet, den Blick zu erweitern, verschiedene Perspektiven einzunehmen und zu berücksichtigen, offen für Möglichkeiten zu sein.

Wenn sich die möglichen Zusammenhänge einer Situation abbilden, können im Unternehmen bzw. mit den einzelnen Mitarbeitenden oder im Team Lösungen entwickelt werden, die dann auch nachhaltig sind, weil sie verschiedene Ebenen berücksichtigen.

Diese Art des Denkens und Verstehens unterstützt wesentlich bei der Durchführung von Change Projekten und dem Umgang mit Widerständen.

Ein Praxisbeispiel:
In einem Unternehmen wurde eine neue Software eingeführt. Die Mitarbeitenden erhielten sehr umfangreiche Schulungen hierzu. Dennoch wurde diese Software von einem bestimmten Team sehr selten eingesetzt.

Gespräche zwischen dem verantwortlichen IT-Projektleiter und den Teammitarbeitenden ergaben „für meinen Alltag passt das nicht“, „für unsere Aufgaben ist das nicht optimal”, „es dauert zu lange“, „ist zu aufwendig und zu kompliziert“, „wir haben erst noch andere To-Do´s auf der Agenda”.

Die IT-Projektleiter:in verstand nicht wirklich, da es diese Hürden in anderen Bereichen so nicht gab. Sie entschied sich, das Verhalten als Symptom für andere Zusammenhänge zu sehen (nicht als Generalboykott) und ging neugierig der Sache in vielen Gesprächen mit den Mitarbeitenden auf den Grund.

Es stellte sich auf der Mitarbeitendenebene heraus, dass einige Kolleg:innen Sorgen hatten, dass ihre Kunden die Umstellung nicht gut fänden, was Nachteile für die Zusammenarbeit bedeutet hätte. Ebenso bestand die Sorge, dass sie langsamer wurden und damit nicht mehr alle Aufgaben hätten bewältigen können.

Als weiterer Zusammenhang ergab sich, dass der Teamleiter sowie die nächst höhere Führungskraft selbst von der Software nicht überzeugt waren. Auch bestand ein Konflikt zwischen der nächsthöheren Führungskraft und der Leiterin IT.
Die Geschäftsführung selbst hatte das Projekt nach den Schulungen als „umgesetzt“ von der To-Do-Liste genommen und keine weiteren Gespräche mit den verantwortlichen Führungskräften auf der Tagesordnung. Die nächsten Themen waren schon in der Warteschleife und damit der Fokus auf anderem.

Fazit: Es spielten mehrere Faktoren im Verhalten der Mitarbeitenden eine Rolle. Diese zu erkennen, zu benennen und aktiv als Motor zur Veränderung zu nutzen war nötig, um Veränderung möglich zu machen.
Um Klarheit zu erlangen, sind in solchen Situationen Fragen wie z.B. „Was brauchst Du, um…?” hilfreich.

Solche Beispiele gibt es reichlich, ob in Unternehmen als Ganzes, in einzelne Einheiten oder bei einzelnen Mitarbeitenden.

Erst der erweiterte Blick bringt Zusammenhänge an die Oberfläche und ermöglicht zukunftsorientierte Lösungen. Und für jedes Verhalten gibt es gute Gründe. Diese gilt es herauszufinden, z.B. mittels Fragen, die über die klassische Fragentechnik hinausgehen.

Also, weg von Anweisungen oder „mehr Desselben” und hin zu systemischem, ganzheitlichem Denken und Fragen.

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Über den:die Autor:in

Petra Pfirrmann

ist Bankkauffrau, Dipl.-Betriebswirtin und Systemischer Coach, Trainerin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Petra Pfirrmann ist Expertin für interaktive und praxisbezogene Führungskräfte- und Changemanagementtrainings, tiefgehende Trainings in Selbstmanagement und Erhalten der persönlichen Resilienz. Potenzialanalysen nach Profilingvalues.

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