Man spricht dem Fehlzeiten- und Rückkehrgespräch einen sog. Doppelcharakter zu. Es ist einerseits stützend und helfend und andererseits soll es disziplinierend wirken. Die KUGA-Studie (eine Untersuchung der Krankenrückkehrgespräche und Gesundheitspolitik in der Automobilindustrie) kommt darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass die Gespräche neben den zwei Funktionen „Fehlzeitenkontrolle und Gesundheitsförderung“ mindestens eine latente Funktion besitzen: die „Menschenführung”. Die Studie gelangt zu drei zentralen Funktionen des Krankenrückkehrgesprächs (KUGA-Studie, Köln 2002):
- Funktion der sozialen Kontrolle (Ziel: Reduktion der motivationsbedingten Fehlzeiten)
- Funktion der Gesundheitsförderung (Ziel: Reduktion krankheitsbedingter Fehlzeiten und Förderung der allgemeinen Gesundheit)
- Funktion der Menschenführung (Ziel: Sozio-emotionale Unterstützung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters unabhängig von der Arbeitsaufgabe)
Der Einsatz setzt eine gute Vorüberlegung voraus, da sich die Mitarbeiter:innen zu sehr kontrolliert fühlen könnten, auch die, die tatsächlich „nur“ krank waren. Auch Führungskräfte könnten aufgrund des zusätzlichen Aufwands vor einer regelmäßigen Durchführung des Gesprächs zurückschrecken. Dann hat es eine negative Wirkung – insbesondere, wenn nur noch mit einzelnen Personen gesprochen wird.
Dieses Instrument bedarf einer generellen Regelung und dann der Einhaltung des Verfahrens.
Einsatz des Fehlzeiten- und Rückkehrgesprächs
a) nach jeder Rückkehr einer Mitarbeiterin bzw. eines Mitarbeiters aus einer Fehlzeit
b) nach der Rückkehr aus dem Krankenstand
c) nach Rückkehr infolge eines auffälligen Krankenstandsverhaltens
Ziel des Fehlzeiten- und Rückkehrgesprächs
Ziel des Fehlzeiten- und Rückkehrgesprächs ist es, der:dem betroffenen Mitarbeiter:in zu signalisieren, dass die (krankheitsbedingte) Abwesenheit wahrgenommen wurde. Es ist nicht nur den unmittelbaren Kolleg:innen aufgefallen, dass sie:er gefehlt hat, sondern auch der Führungskraft. Mit dem Gespräch können mehrere Informationen verbunden werden.
a) Information
Zum einen die Information der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters:
- was fiel während der Abwesenheit an
- was hat sich evtl. verändert
- gibt es Dinge, die sie:er für die Arbeitsaufnahme wissen muss
- und ähnliche Themen, die für sie:ihn von Belang sein könnten.
b) Ursachenforschung
Zum anderen kann die:der Vorgesetzte erfahren, ob für die (krankheitsbedingte) Abwesenheit eine Ursache im Unternehmen zu suchen ist.
c) Konsequenzen
Bei hohen Fehlzeiten ist es auch Ziel des Gesprächs, der:dem Mitarbeiter:in deutlich zu machen, dass ihr:sein Verhalten vom Unternehmen so nicht mehr geduldet wird und sie:er bei keiner Änderung mit disziplinarischen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hat.
Gesprächsvorbereitung
Die Vorbereitung gilt für alle Gespräche. Sowohl die organisatorischen Punkte als auch die innere Haltung, Umgang und Atmosphäre verschärfen sich bei jeder Eskalationsstufe.
1) Vorüberlegung:
Thema: Welches konkrete Problem ist zu besprechen?
Ziele: Was soll erreicht werden?
Verfahren. Gespräch mit welchen Beteiligten, wo und wie lange?
Erwartungen: Welche Erwartungen habe ich bzgl. der Reaktion, der Argumente, der Emotionen an die:den Mitarbeiter:in?
Erfahrungen: Welche bisherigen Erfahrungen beeinflussen das Gespräch – persönliche und die in Zusammenhang mit der:dem Mitarbeiter:in?
Widerstände: Welche Widerstände können auftreten? Auch eigene: Warum soll ich einem „Blaumacher“ auch noch freundlich begegnen?
Ablauf/Reflexion: Wie liefen Gespräche bisher, wie ist der Ablauf zu steuern?
Ergebnisse: Absprachen schriftlich mit Terminen festhalten.
Innere Haltung :
- Nicht voreingenommen sein.
- Wirklich an der Ursachenforschung interessiert sein.
- Die:den Mitarbeiter:in ernst nehmen.
- Sachlich und ruhig bleiben.
- Zufriedenheit auf beiden Seiten anstreben.
2) Organisatorisch
Es sind wie bei terminierten Gesprächen einige Regeln zu beachten:
- Termin festlegen
- keine Störung
- lockere Sitzordnung, später festgesetzte Sitzordnung
Ablauf des Rückkehr- bzw. Fehlzeitengesprächs
1) Rückkehrgespräch
Vorüberlegung:
Das Ergebnis dieses Gesprächs sollte eine Motivationssteigerung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters sowie eine Verbesserung des Vertrauensverhältnisses sein.
Gesprächsleitfaden:
1.) Begrüßung
Freundlich und offen, um der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter das Gefühl zu geben, dass die Abwesenheit gesehen und sie:er „vermisst“ wurde als wichtiger Bestandteil des Unternehmens. Die Krankheit nicht anzweifeln.
- Anteilnahme und/oder Freude über Rückkehr: z. B. „Schön, dass Sie wieder da sind. Wie geht es Ihnen heute?“
- Erklärung über Sinn und Zweck des Gespräches sowie Handhabung: Es wird im Unternehmen allgemein bei jeder:m durchgeführt.
2.) Information durch die Führungskraft
– Änderungen von Abläufen etc., die während der Abwesenheit eingetreten sind.
– Neuigkeiten im Unternehmen.
– Besondere Leistung der Abteilung/Gruppe, die wichtig sind.
3.) Fragen an die Mitarbeiterin bzw. den Mitarbeiter
- Aktuelles Befinden: „Wie geht es Ihnen?“ „Was hat Sie – diesmal – geplagt?“
(Auskunft über Art der Erkrankung freiwillig) - „Hat der Arbeitsplatz/Arbeitsbedingung Ihre Krankheit ausgelöst oder beeinflusst?“ – „Inwiefern?“ (Ursachenforschung – Erfragen der Diagnose, hier auch abblocken, wenn es zu persönlich wird)
– „Was können wir als Arbeitgeber tun, damit diese Erkrankung nicht wiederkehrt (dass Sie trotz des Unwohlseins zur Arbeit kommen)?“
4.) Zusammenfassung des Gespräches und Abschluss
- Wiedergabe der Kernaussage mit eigenen Worten.
- Absprachen und Vereinbarungen wiederholen und schriftlich fixieren.
- Dokumentation des Gespräches – Meldung an Personalabteilung, hierüber die:den MA informieren.
- Der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter verdeutlichen, dass sie:er gebraucht wird.
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