Resilienzfaktoren – so überstehen Sie stürmische Zeiten

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Möchten Sie lernen auf die vielseitigen Herausforderungen, die Ihnen in Ihrem Leben begegnen, mit mehr Gelassenheit und Widerstandskraft zu reagieren, dann kann Ihnen zunächst der Bambus dabei ein großer Ratgeber sein. Der Bambus steht seit jeher für eine gelungene Strategie im Umgang mit stürmischen Zeiten: sich biegen und im Wind wiegen, anstatt zu brechen, d. h. Flexibilität und Beweglichkeit zeigen, zugleich tief verwurzelt, stabil und standhaft sein. Mit dem Bambus-Prinzip® beschreiben wir daher zentrale Eigenschaften, die auch dem Menschen im Umgang mit Krisen, Problemen und Belastungen helfen können: Ist der Mensch flexibel und anpassungsfähig, kann er im Umgang mit Stress und Belastungen auf eine Vielzahl von Reaktionsweisen zurückgreifen und mit einer Krise selbstwirksamer umgehen.

In acht Schritten zu mehr Kreativität, Flexibilität und Widerstandskraft

Menschen lernen im Verlaufe ihres Lebens immer besser mit Krisen umzugehen, indem sie sich ihre körperliche und mentale Flexibilität und Anpassungsfähigkeit erhalten. Lernfelder für den Aufbau von Resilienz sind jene größeren und kleineren Entwicklungs- bzw. Belastungskrisen, die uns permanent begegnen: Konflikte am Arbeitsplatz, Beziehungskrisen, die Folgen von Wirtschaftskrisen oder die Beeinflussung unserer Lebens- und Arbeitswelt durch den technologischen Fortschritt und die immer kürzer werdenden Innovationszyklen.

Bevor Sie sich die Frage stellen, wie Sie Ihre eigene Resilienz gezielt stärken und trainieren können, sehen wir uns zunächst an, welche Kernkompetenzen widerstandsfähige Menschen in ihrem Denken, Fühlen und Handeln auszeichnen. Wir haben diese im Resilienz-Zirkel® und acht Faktoren zusammengefasst:

1. Optimismus und positive Selbsteinschätzung

Nach dem Motto „Das Glas ist halb voll und nicht halb leer”, zeigen jene Menschen im Umgang mit Belastungen mehr Widerstandskraft, die in ihrem Leben gelernt haben, eine optimistische Grundhaltung gegenüber Veränderungen zu entwickeln. Hierzu gehört auch, dass sie sich ihrer Fähigkeiten, Kompetenzen und Stärken bewusst sind.

Resiliente Menschen können auch in Krisenzeiten mit einem gewissen Abstand auf die Gesamtsituation blicken und erkennen, was – trotz aller Probleme – gerade gut, richtig und vorteilhaft für sie verläuft. Sie können ihre Energie und Aufmerksamkeit auf die positiven Ausnahmen richten sowie ihre Chancen und Möglichkeiten erkennen.

2. Akzeptanz und Realitätsbezug

Der Tag hat nur 24 Stunden. Das ist eine Tatsache. Resiliente Menschen können die Rahmen-bedingungen, unter denen sie arbeiten, realistischer einschätzen als andere. Sie besitzen ein gutes Gefühl für den Einsatz ihrer Ressourcen, wie Zeit, Kraft, Energie und Geld.

Resilient mit Krisen und Belastungssituationen umzugehen bedeutet vor allem, Frustrationen und Überforderungsgefühlen vorzubeugen und selbst für Motivation und Erfolgserlebnisse zu sorgen. Hierzu gehört eine ordentliche Portion Mut. Es erfordert die Kunst, auch mal Nein zu sagen, sich abzugrenzen und sich damit bei anderen vielleicht unbeliebt zu machen.

3. Lösungsorientierung und Kreativität

Krisenzeiten zeichnen sich dadurch aus, dass Best Practice-Lösungen, Routinen und Gewohnheiten mit einem Mal nicht mehr funktionieren. Um eine ausreichende Widerstandskraft aufzubauen, braucht es vor allem einen offenen Umgang mit Problemen und eine konstruktive Fehlerkultur. Eine solche Kultur kann sich nur etablieren, wenn z. B. Mitarbeiter dafür sensibilisiert werden, Probleme und Fehler rechtzeitig zu erkennen, und wenn sie diese auch offen ansprechen dürfen. Nur dann kann unmittelbar nach Lösungen gesucht werden. Nur dann können kreative Problemlösungsstrategien und neue Ideen entwickelt werden.

4. Selbstregulation und Selbstfürsorge

Resiliente Menschen besitzen eine gute Selbstwahrnehmung, können gut für sich sorgen und mit ihren Kräften haushalten. Sie wissen, was sie tun müssen, um sich und andere vor zu hohen oder chronischen Stressbelastungen zu schützen. Widerstandsfähige Mitarbeiter beherrschen die Kunst der Selbstregulation und sorgen für ein aktives Stress- und Regenerationsmanagement.

5. Selbstverantwortung und Entschlossenheit

Ein wichtiger Schlüssel zur Resilienz ist die Übernahme von Selbstverantwortung. Es hilft nichts abzuwarten, bis andere sich ändern. Das Motto ist: Raus aus der Opferhaltung und selbst aktiv werden. Resiliente Menschen machen lieber einen kleinen ersten Schritt in Richtung Veränderung, als gar nichts zu tun und passiv zu bleiben. Das Erleben von Selbstwirksamkeit setzt daher einen gewissen Mut und Tatkraft voraus.

6. Beziehungen, Netzwerke und Vorbilder

Die Inanspruchnahme und das Anbieten von Hilfe sowie die Pflege von Netzwerken und Beziehungen sind für resiliente Menschen von entscheidender Bedeutung. Fürsorge und gegenseitige Wertschätzung besitzen bei der Resilienzförderung einen hohen Stellenwert. Nach dem Motto: „Walk what you talk!” sind sich resiliente Menschen ihrer eigenen Vorbildfunktion bewusst. Sie erwarten nichts von anderen, was sie selbst nicht leisten können oder wollen.

7. Zukunftsgestaltung und Visionsentwicklung

Resiliente Menschen nehmen Einfluss auf ihre Zukunft, indem sie klare Visionen und Werte für sich entwickeln, nach denen sie leben möchten. Die Sinnhaftigkeit des Lebens und der Arbeit spielt eine entscheidende Rolle für die Entwicklung und den Erhalt von Resilienz.

Beschließen Sie orientiert an neuen Visionen einschneidende Veränderungen, kann dies zunächst Auslöser für vorübergehende Krisen und Veränderungsprozesse sein. Hindernisse auf dem Weg zum Ziel zu überwinden, bedeutet für resiliente Menschen jedoch, sinnvolle Erfahrungen zu machen. Sie wissen, dass sie an Problemen wachsen können und dass eine Krise die Chance ist, einen neuen wichtigen Schritt in die Zukunft zu wagen.

8. Improvisationsvermögen und Lernbereitschaft

Krisenkompetenz heißt auch, Lernprozessen einen Raum zu geben, neue Denk-, Verhaltensmuster und Routinen zu entwickeln. Nicht genau zu wissen, was im nächsten Moment geschieht, ist wichtiger Teil eines Erneuerungsprozesses. Improvisationsvermögen beim Umgang mit unvorhergesehenen Ereignissen ist daher von zentraler Bedeutung für den Aufbau von Widerstandskraft. Im Umgang mit dem Unerwarteten muss der Mensch z. B. in der Lage sein, sofort Entscheidungen zu treffen und mit dem zu arbeiten, was gerade da ist. Er muss lernen, sich auf Unbekanntes einzulassen und Experimentierfelder schaffen, indem er Fehler machen darf, indem Lernprozesse und neue Erfahrungen erlaubt sind.

Resilienz entwickelt sich ein Leben lang

Das Gute an all diesen Resilienzfaktoren: Wir müssen die Kompetenzfelder der Resilienz nicht neu erlernen. Sie sind bereits vorhanden und beim Menschen mehr oder weniger gut ausgeprägt. Mit jeder durchlebten Krise wächst der persönliche Erfahrungsschatz in Sachen Resilienz. Worauf wir achten müssen ist lediglich, dass wir Krisensituationen nicht ignorieren oder leugnen, sondern bewusst angehen und als Chance zur Potenzialentfaltung nutzen.

Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Menschen, die zunächst mit Krisen in ihrer Kindheit und Jugend nur schwer zurechtkamen, an späteren Krisen im Erwachsenenalter quasi „nachreifen” konnten, also im Laufe der Zeit mehr Widerstandsfähigkeit entwickelten. Der Resilienz-Zirkel kann dabei helfen, akute Störungen zu identifizieren, individuelle Ressourcen für die Bewältigung einer aktuellen Krise zu aktivieren und eine langfristige Prophylaxe zur Vermeidung von Belastungen aufzubauen. Tipps dazu, mit welchen Übungen Sie dies tun können, finden Sie hier:

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Zum Blogbeitrag Resilienz im Berufsalltag
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Über den:die Autor:in

Ella Gabriele Amann

berät Unternehmen zu den Themen Change, Komplexitäts-Management, Self-Innovation und Personalentwicklung mit SIZE Prozess® Resilienz. Sie ist Entwicklerin des integrativen Resilienztrainings nach dem Bambus-Prinzip® und Autorin der Haufe Taschenguides „Resilienz” und „Selbstcoaching”.

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