Die Zukunft der Weiterbildung

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Die Transformation macht auch vor der betrieblichen Weiterbildung nicht halt: Mit digitalen Formaten, Präsenz-Veranstaltungen sowie Kombinationen aus beiden Varianten steuert sie durch bewegte Zeiten. Welche Lehren ziehen wir und andere Unternehmen bislang aus der Pandemie? Und welche Auswirkungen haben diese Erkenntnisse auf die Weiterbildung der Zukunft? Antworten auf diese Fragen geben Christian Friedrich (GF Digital Learning Solutions, Haufe Akademie), Holger Schmenger (GF Inhouse Training & Consulting, Haufe Akademie) und Jörg Schmidt (GF Kompetenz für Fach und Führungskräfte, Haufe Akademie).

Herr Dr. Schmidt, als Geschäftsführer des offenen Seminarprogramms der Haufe Akademie blicken Sie auf bewegte Zeiten zurück. Die Haufe Akademie hat während der Corona-Pandemie viel gelernt und ist innovative Wege gegangen – welche sind das genau?

Dr. Jörg Schmidt: Die Krise kam vor mehr als einem Jahr mit voller Wucht. Als Volkswirt würde ich das als externen Schock bezeichnen. Wohl niemand ahnte damals, wie lange der Krisenstatus anhalten und welch massive Auswirkungen er haben würde. Heute bin ich froh, dass wir es geschafft haben, das Heft in die Hand zu nehmen. Anfangs haben wir zwar auch einiges probiert, was nur wenig erfolgreich war. Aber gerade dadurch lernten wir Schritt für Schritt dazu. Angetrieben von der Frage, wie wir unseren Kund:innen trotz Pandemie gerecht werden können, schafften wir es mit extrem steiler Lernkurve immer besser, etablierte Präzenzformate durch gleichwertige, digitale und Online-Formate zu ersetzen. Hier machte es sich bezahlt, dass wir bereits seit Jahren die Entwicklung digitaler und blendifizierter Formate vorantreiben und über eine große Bandbreite an E-Learning-Content und die entsprechenden Plattformen verfügen. Daher war es uns möglich, binnen kürzester Zeit eine Vielzahl zusätzlicher Online-Produkte an den Start zu bringen, die sich auch ganz akuten Themen widmeten. Den mit Abstand größten Schritt haben wir aber mit der Entwicklung eines ganz neuen Formats geschafft: der „Live- Online-Trainings”.

Mittlerweile bieten wir zu nahezu all unseren Präsenzseminaren und -tagungen inhalts- und umfanggleiche Online-Veranstaltungen an. Sie begleiten die Lernenden live und virtuell in einer Lerngruppe zu aktuellen und bewährten Themen. Das digitale Portfolio wird laufend erweitert, regelmäßig kommen neue Themen hinzu. Mit den Live-Online-Trainings gelingt uns eine hohe Aktualität, Praxisrelevanz und ein intensiver, interaktiver Austausch zwischen den Teilnehmer:innen. Intern hat der Erfolg dieses neuen Formats viel positive Energie gebracht. Es wird definitiv Bestand haben und unseren Kund:innen zusätzlich zu unseren bewährten Präsenzprodukten weiterhin als Alternative zur Verfügung stehen.

„Die Verknüpfung von virtuellem Lernen und Präsenzlernen wird das neue Normal in der Weiterbildung.“
Jörg Schmidt, GF Kompetenz für Fach und Führungskräfte, Haufe Akademie

Herr Schmenger, als Geschäftsführer des Bereiches Inhouse und Consulting der Haufe Akademie erhalten Sie einen guten Einblick in andere Unternehmen. Welche Konsequenzen ziehen die Unternehmen hinsichtlich ihrer Personalentwicklung aus der Pandemie?

Holger Schmenger: Die anfängliche Reaktion war sehr ähnlich zu der in unserem offenen Geschäft. Wie alle mussten sich auch die Personalentwicklungen der Unternehmen erst einmal einen Überblick verschaffen, was die Pandemie für sie bedeutet. Zunächst war für niemanden absehbar, welche notwendigen Anpassungen in Bildungsformaten, wie z. B. Webinaren oder digitalen Kursen, notwendig werden. Doch jetzt ist das Bild klarer und die Personalentwicklungen unserer Kund:innen rollen in Rekordzeit, mit unserer Unterstützung, alternative Formate in Breite aus. Denn die Notwendigkeit für die Weiterentwicklung von Mitarbeitenden und Unternehmen bleibt – besonders in Zeiten der Krise und Transformation – unbestritten. Aktuell läuft das Inhouse-Programm deshalb wieder auf annährend „normalem” Niveau. Daran hat unser neues Angebot virtueller Inhouse-Trainings bereits einen sehr hohen Anteil. Auch im Consulting-Bereich ist die Nachfrage nach Qualifizierung der Führungsmannschaft bzgl. Transformation konstant. Darauf zahlen unsere Entwicklungsprogramme ein, die grundsätzlich blended, d. h. virtuell/digital, und in Präsenz durchgeführt werden. Diese konstante Nachfrage – auch und insbesondere in Zeiten der Krise – zeigt deutlich, wo die Reise in der Personalentwicklung hingeht.

Herr Friedrich, als Geschäftsführer Digitales Lernender Haufe Akademie ist es selbstverständlich für Sie, aber in der Krise hieß es plötzlich für alle „Letʼs learn digital!“ – und zwar mehr denn je. Ist das der Startschuss in eine Zukunft, in der es hauptsächlich nur noch digitale Lernangebote geben wird?

Christian Friedrich: Nein, definitiv nicht. Ganzheitliche Weiterentwicklung wird am realen Bedarf von Unternehmen als auch am individuellen Bedarf der Person ausgerichtet sein. Die einzelnen Formate, Services, Produkte und Plattformen behalten auch zukünftig ihre jeweiligen Stärken und Vorteile – diese gilt es weiterhin sinnhaft und wertstiftend einzusetzen. Die Pandemie hat jedoch den Möglichkeitsrahmen unserer Kund :innen über eine ganze Zeit hinweg deutlich verschoben. In Phasen, in denen Präsenzveranstaltungen schlicht nicht durchgeführt werden können, hat Digital einen klaren Vorteil, was insbesondere die Themen Dezentralität und individuelle oder auch personalisierte Weiterentwicklung angeht. Wir werden weiter an der Frage arbeiten, wie wir die Breite unseres Portfolios weiterentwickeln und intelligent nutzen, um den bestmöglichen Kundennutzen zu erzeugen.

„Ganzheitliche Weiterentwicklung wird synchron sowie asynchron sein und das in einer Verbindung von Präsenz und Digital”
Christian Friedrich, GF Digital Learning Solutions, Haufe Akademie

Die Corona-Krise wird die Weiterbildung nachhaltig transformieren. Was können wir aus der Krise lernen? Wie werden betriebliche Weiterbildung und Personalentwicklung zukünftig aussehen?

Dr. Jörg Schmidt: In der Krise wurden wir alle mehr zum virtuellen Arbeiten und Lernen gezwungen. Wenn wir etwas daraus gelernt haben, dann ist es die Erkenntnis:

„Hoppla, das geht ja viel besser als gedacht.” Auch deshalb glaube ich fest daran, dass die Verknüpfung von virtuellem Lernen und Präsenzlernen das neue Normal in der Weiterbildung wird. Bei uns wird es bald kaum noch ein Präsenzseminar geben, das nicht über eine Online-Komponente als Bereicherung verfügt. Das kann zum Beispiel eine Lern-App sein, die die Teilnehmer im Nachgang von Seminaren dabei unterstützt, das Gelernte in die Praxis umzusetzen – mit virtuellen Coaches oder Arbeitsroutinen, die auf diese App gespielt werden und als Erinnerung oder als Hilfestellung dienen. Die eigentliche Maßnahme ist damit nicht mehr nur auf den Seminarraum begrenzt. Sondern über die Online-Schiene wird man weiter bedient und der Lernerfolg, der Transfererfolg steigt. Das ist das eigentlich Spannende, nicht das eine gegen das andere abzuwägen oder die Sinnfrage zu stellen, sondern beides wirklich zielführend mit- einander zu verknüpfen und eine erfolgreiche Verbindung herzustellen zwischen Präsenz- und Online-Lernen.

Worüber ich mich ungeachtet dessen jedoch aktuell freue ist, dass die Mehrzahl unserer Kund:innen inzwischen wieder verstärkt Angebote mit Präzenzterminen bevorzugen. Die Krise hat uns allen wohl auch sehr nachdrücklich gezeigt, wie wichtig die reale, zwischenmenschliche Begegnung ist. Ein Faktor, der eben auch im Kontext der Weiterbildung und Entwicklung zeitlos von Bedeutung ist.

Holger Schmenger: Die Erfahrung der Corona-Pandemie zeigt, dass Know-how und Flexibilität bei der Einführung virtueller oder digitaler Formate im betrieblichen Lernen ein Muss darstellen. Die Erfahrung der letzten Monate zeigt auch, dass ihre erfolgreiche Ein- und Umsetzung immanent wichtig für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen ist. Die Personalentwicklung kann und – falls sie es noch nicht getan hat – muss die Chance nutzen und bezüglich der Weiterbildungsformate alte Dogmen aufgeben. Die Digitalisierung wird daher auch in bisher „unangetasteten“ Bereichen Einzug halten, wie z. B. der Führungskräfteentwicklung. Dies ermöglicht auch bei erschwerten Bedingungen wie einer Pandemie die Durchführung komplexer Weiterbildungen und steigert daneben in einigen Aspekten auch die Effektivität. Rückmeldungen aus unseren virtuellen Seminaren zeigen eindeutig, dass dies mit begeisterten Teilnehmer:innen möglich ist. Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass wir einen starken Anstieg von hybriden Programmen erleben werden – der Kombination des Besten von Präsenz bis Digital.

„Die Digitalisierung hält auch in bisher ‚unangetasteten‘ Bereichen Einzug.”
Holger Schmenger, GF Inhouse Training & Consulting, Haufe Akademie

Christian Friedrich: Die Pandemie macht für viele Kund:innen, auch für diejenigen, die in der Vergangenheit eventuell noch zögerlich waren, sichtbarer, wo die Vorteile digitalen Lernens in seinen Formaten und Möglichkeiten liegen. Wir erleben eine hohe Akzeptanz und Nutzervielfalt von z. B. Individual-Lernenden für E-Learning-Content bis zu Personalentwickler:innen für Learning-Management- und Learning-Experience-Systeme als Unternehmenslösungen. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, der aber, für sich al- lein genommen, langfristig nicht ausreichen wird. Unternehmen sind gefragt, sich über ihr Ökosystem des Lernens, das die gesamte Organisation umfasst, Gedanken zu machen. Kontinuierlich, individualisiert und eigenverantwortliches voneinander lernen wird ein Teil der Aufgabenstellungen in der Personalentwicklung sein. Ein System, in dem jede Lern- form ihre selbstverständliche Rolle einnimmt, in dem die Frage nach dem Lernformat keine mehr ist. Ein System, in dem Menschen relevante Inhalte aus internen und externen Quellen schnell finden, Mentor:innen bereitstehen, die ihnen helfen, sich weiterzuentwickeln und in dem Performance Tools für die bedarfsgerechte und individuelle Unterstützung sorgen, wann immer es nötig ist. Für dieses Corporate- Learning-Eco-System entwickeln wir unsere Plattformlösungen weiter und schaffen neue Lösungen und Produkte, um den veränderten Anforderungen klar nutzenstiftende Antworten gegenüberstellen zu können. Das Ziel ist, die Personalentwicklung zukunftsfähig aufzustellen und auf die heutigen und zukünftigen Anforderungen passende Antworten zu geben.

Da kann man durchaus gespannt sein, was noch kommt (lacht).

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