Herausforderung Internationalisierung

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Haben Sie Ihre Weiterbildung schon globalisiert?

Suzanne Park, Projektleiterin im Team System Engineering, ist gut in den Morgen gestartet. Bevor sie das Bürogebäude betritt, ist sie noch schnell zu ihrem favorisierten Coffee Shop geeilt und hat sich einen Latte Macchiato to go geholt. Der Tag kann beginnen. Jason, ihr Line Manager, hat mit ihr für neun Uhr einen Termin im Office in Boston vereinbart. Der jährliche Performance Dialog steht an.

Was war das für ein tolles Jahr! Neun Monate hatte sie in dem Projekt zur Ausrüstung der neuen Produktionsanlagen bei Waxos Inc. gearbeitet und es mit einem riesen Einsatz in Zeit und Budget zum erfolgreichen Abschluss gebracht. Der Performance Dialog wird gut laufen, der Bonus ist erreicht und Jason wird sicher ihrem Wunsch nach einer Gehaltserhöhung nachkommen.

Elf Uhr, Suzanne tritt aus dem Büro ihres Chefs. Was sie sich erhofft hatte, ist eingetreten und noch mehr. Jason wird sie zur Teamleiterin der System Engineers am Standort Boston befördern. Den Sprung hatte sie nicht erwartet. Suzanne beschließt, sich mit Michael zum Lunch zu treffen. Michael ist vor zwei Jahren zum Director Sales befördert worden. Gemeinsam haben sie das Projekt bei Waxos Inc. gestemmt und in dieser Zeit ein starkes Vertrauensverhältnis aufgebaut. Sie zückt ihr iPhone und setzt eine WhatsApp an Michael ab. „12:30pm Lunch im Parla Restaurant, Hanover St. 203?”. Die Antwort lässt nicht lang auf sich warten. „okay cu”.

Michael betritt das Restaurant. Das kleine gemütliche Bistro Restaurant ist für viele Kolleginnen und Kollegen zum dritten Meetingraum geworden. Viel gemütlicher als im Office und dennoch mit seinen kleinen Tischen perfekt für kurze Abstimmungen zur Mittagszeit geeignet. Suzanne hat schon einen Tisch belegt. Sie begrüßen sich herzlich und geben ihre Bestellung auf.

„Michael mich hat‘s erwischt!”
„Was ist los?” Michael blickt fragend auf.
„Ich bin befördert worden.” Beide lachen und Michael gratuliert.
„Ich hab es doch immer gewusst, aus dir wird noch was.” sagt Michael. Suzanne spielt an ihrem Ring. Eine Angewohnheit, die bei ihr unter Anspannung oft zu Tage tritt.
„Ja, das ist toll. Aber ich habe noch nie geführt und ich habe auch noch keinen Plan wie ich das anstellen soll”. Michael lehnt sich zurück und schmunzelt.
„Du kannst das. Die Kolleginnen und Kollegen wissen, was sie an dir haben. Und kauf dir ein Buch”. Er lächelt bei dem letzten Satz. Suzanne findet es nicht ganz so witzig. Sie hat sich mehr Hilfe gewünscht.
„Mal im Ernst Michael. Wie hast du das gemacht? Man spricht ja immer von den ersten 100 Tagen. Hast du dir Hilfe geholt, warst du auf einem Training oder gibt es da Unterstützung bei uns im Unternehmen?”
Michael beugt sich nach vorne. Er schaut Suzanne nun konzentriert an. Er weiß, dass sie jetzt wirklich von ihm Unterstützung erwartet.

„Wir sind 40 Leute hier in Boston, nicht gerade viel, aber auch kein kleiner Laden mehr. Wir haben neben Sales, Service und System Engineering eine Controllerin und Judy in HR, die sich um die Personalverwaltung kümmert. Alle Funktionen die wir nicht unbedingt lokal benötigen sind im Headquarter in Deutschland zentralisiert. Ein lokales Trainingsprogramm haben wir nicht. Das gibt es im Headquarter. Soweit ich weiß ist es sogar ein sehr großes Angebot, aber alles auf Deutsch. Daneben gibt es auch ein internationales High Potential Programm, das wird auf Englisch durchgeführt. Es ist gerade abgelaufen und soll in ein paar Monaten neu aufgelegt werden. Das hilft dir jetzt nicht viel. Ich selber habe mich damals ein bisschen schlau gemacht. Eric, einer meiner Nachbarn hat mir den Tipp für einen Trainingsanbieter hier in Boston gegeben. Da bin ich dann hingegangen. Mein Chef hat es genehmigt. Es war nicht so toll, aber wenigstens ein paar Dinge konnte ich mitnehmen. Dann habe ich mir tatsächlich noch zwei Bücher gekauft und einfach losgelegt. Ich kann sie dir ausleihen. Just do it!”

Er lehnt sich wieder entspannt zurück. Bei Michael hat es ja auch geklappt. Gut, es gab da ein paar Probleme mit schwierigen Führungssituationen und auch die ersten Gespräche mit Mitarbeiter:innen liefen nicht nach Lehrbuch ab, aber er hatte sich erfolgreich durchgebissen.

Suzannes freudige Stimmung ist etwas verflogen. Ein bisschen Ernüchterung macht sich breit. Das, was Michael ihr erzählt, klingt nach Einzelkampf.

Muss sie es wirklich alleine in die Hand nehmen?

„Haben wir denn keine Unterstützung im Intranet, irgendwelche Dokumente, Leitfäden, e-Learning-Angebote, Mentoren oder Coaches? Gibt es wirklich kein empfohlenes Trainingsinstitut? Wir müssen doch Erfahrungen vor Ort haben.”

Michael schaut sie ruhig an. „Nein, da ist nichts. Judy kann das auch alleine nicht leisten und sonst hat sich bisher niemand der Sache angenommen.”

Suzanne spürt Entschlossenheit in sich aufsteigen. Sie wird mit dem Senior Vice President HR in Deutschland sprechen. Ihr Unternehmen ist toll. Sie schätzt die Professionalität, Arbeitsatmosphäre und Qualität der Produkte. In Deutschland gibt es ein breites internes Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten und das soll auch für die Weiterbildung der Mitarbeitenden an den Standorten außerhalb von Deutschland gelten. „Michael, lass uns mal überlegen. Was denkst du brauchen wir hier an Unterstützung für die lokale Weiterbildung unserer Fach- und Führungskräfte?”

Suzanne holt ihr iPad raus und beginnt zu notieren: Die gleichen Weiterbildungsmöglichkeiten mit gleicher Ausrichtung wie im Headquarter; Trainer und Coaches die unser Unternehmen verstehen, Führungsleitlinien, Action Tipps zur Umsetzung, e-Learning in der Landessprache – möglichst in Modulen als Lehrpfade…….”.

Suzanne wurde zur Teamleiterin eines Bereichs befördert.

Doch: Ist es ihre Aufgabe die Weiterbildung in ihrer Region zu organisieren?

Besser beraten wäre ihr Unternehmen, proaktiv aus der zentralen Personalentwicklung heraus und in Zusammenarbeit mit den Regionen international die Leistungen, Standards, Prozesse und Trainingspartner zu bestimmen und für alle Mitarbeiter:innen die geeigneten Angebote dann zur Verfügung zu stellen, wenn diese benötigt werden. Suzanne wird dann leichter in ihre neue Rolle wachsen und schneller erfolgreich in ihren eigentlichen Aufgaben sein, wenn seitens des Unternehmens die Weiterbildungsleistungen gestaltet werden, die Suzanne jetzt und in Zukunft benötigt.

Weitere Informationen:

Haufe Akademie Internationale Weiterbildungsprojekte

 

Mehr Informationen und Services rund um das Thema Personalentwicklung bei der Haufe Akademie

 

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Über den:die Autor:in

Holger Schmenger

Geschäftsführer Inhouse-Training und Consulting der Haufe Akademie.

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