AGG sicheres Bewerbungsverfahren: Chancengleichheit schaffen

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Nachts sind alle Katzen grau? Was im Alltag auch nur bedingt zutrifft, stößt im Berufsleben definitiv an seine Grenzen. Denn: In Bewerbungsverfahren kommt es immer wieder zu Vorurteilen und Diskriminierungen. Und das, obwohl das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) klare Vorgaben macht, um genau dies am Arbeitsplatz zu verhindern. Welche Pflichten Arbeitgeber haben, um Diskriminierungen im gesamten Recruiting-Prozess zu vermeiden, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.

Wozu dient das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)?

In einer idealen Welt sollten Bewerbungsverfahren Chancengleichheit fördern und die passenden Talente unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder anderen persönlichen Merkmalen erkennen. Leider sieht die Realität oft anders aus. Diskriminierungen in Bewerbungsprozessen sind nach wie vor ein weit verbreitetes Problem. Doch welche Möglichkeiten gibt es, Bewerbungsverfahren fair und diskriminierungsfrei zu gestalten?

Neben der moralischen Verpflichtung liegt es im Interesse der Arbeitgeber, die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu beachten. Das Gesetz soll vor Diskriminierung im Arbeitsleben schützen und Benachteiligungen aufgrund der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern. Konkret bedeutet dies, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden sowie Personen, die sich auf eine Stelle bewerben, nicht aufgrund dieser Merkmale benachteiligen dürfen. Ansonsten wird es teuer und kann mitunter einen sehr schlechten Ruf auf Ihr Unternehmen werfen.

Bewerbungsprozesse fair gestalten: So gelingt’s

Der Anwendungsbereich des AGG erstreckt sich auf den gesamten Bewerbungsprozess. Das bedeutet, dass bereits die Stellenausschreibung und der gesamte Auswahlprozess der Bewerbenden benachteiligungsfrei ablaufen müssen. Was das für die Praxis bedeutet? Arbeitgeber müssen darauf achten, dass die Formulierungen in Stellenanzeigen keine diskriminierenden Elemente enthalten und dass im Rahmen von Bewerbungsgesprächen keine Fragen gestellt werden, die auf eine Ungleichbehandlung schließen lassen. Auch bei der Auswahl der Bewerbenden dürfen keine diskriminierenden Kriterien verwendet werden und Absagen müssen ebenfalls diskriminierungsfrei formuliert sein.

5 Tipps für diskriminierungsfreie Bewerbungsverfahren

Darauf sollten Arbeitgeber achten:

1. Stellenausschreibungen transparent gestalten
Arbeitgeber sollten klare diskriminierungsfreie Anforderungen und Qualifikationen für die ausgeschriebene Stelle definieren. Dadurch wird sichergestellt, dass die Bewerbenden genau wissen, welche Fähigkeiten und Kompetenzen benötigt werden, um für diese Stelle geeignet zu sein.

Praxistipp
Formulierungen wie „Wir suchen ein neues Mitglied für unser junges, dynamisches Team“ oder die gezielte Ausschreibung für eine „erfahrende Assistentin für den Vorstand” können Hinweise für eine Bevorzugung eines bestimmten Alters oder Geschlechts sein. Vermeiden Sie solche Ausdrucksweisen und fokussieren Sie stattdessen die geforderten Skills und Kompetenzen.

Ausnahme: Etwas anderes kann gelten, wenn eines der vorher genannten AGG-Merkmale zwingende Voraussetzung für die Stelle ist, z.B. das Geschlecht. In diesen Fällen darf das entsprechende Merkmal als solches beschrieben sein. Eine Diskriminierung liegt dann nicht vor. Plakatives Beispiel wäre hier z.B. die Suche nach einem Männermodel in der Modebranche.

2. Diversitätsziele festlegen
Um Chancengleichheit aktiv zu fördern, sollten Unternehmen Diversitätsziele schon in ihren Unternehmensleitlinien verankern und eine Kultur schaffen, die Diversität bewusst fördert. Der Vorteil: Durch geeignete Employer-Branding-Maßnahmen kann die Zahl der Bewerbenden aus unterrepräsentierten Gruppen erhöht und eine vielfältigere – und damit innovativere – Belegschaft geschaffen werden.

Faktencheck
Vielfalt wird bei der Personalbindung und -rekrutierung zu wenig genutzt, obwohl sie die „time-to-hire“ deutlich verkürzt. Unternehmen, die auf Vielfalt achten, besetzen 48 % der freien Stellen innerhalb von zwei Monaten. 43% der Unternehmen, die ihre Personalverantwortlichen in Vorurteilsfreiheit schulen, schaffen dies in diesem Zeitraum. Bei Unternehmen ohne Diversity-Strategie sind es nur 32%.

Quelle: Indeed Diversity Recruiting Report 2023

3. Bewerbungen anonymisieren
Eine wirksame Methode, um Diskriminierung von vornherein zu vermeiden, ist die Einführung anonymisierter Bewerbungen. Falls nicht schon vom Bewerbenden so eingereicht, können persönliche Daten wie Name, Geschlecht und Geburtsdatum aus den Bewerbungsunterlagen entfernt werden. So können die Auswahlgremien die Bewerbenden zunächst ausschließlich nach ihren Qualifikationen beurteilen.

4. Bewertungskriterien im Vorfeld abstecken
Strukturierte Interviews mit vorher festgelegten Fragen und Bewertungskriterien sind ein weiterer Schutz vor Diskriminierung. Indem alle Bewerbenden die gleichen Fragen beantworten, wird die Vergleichbarkeit der Antworten sichergestellt. Absolutes No-Go sind Fragen nach einer Schwangerschaft, der Familienplanung oder einer möglichen Behinderung.

5. Interviewgruppen vielfältig besetzen
Um eine große Vielfalt an Perspektiven zu gewährleisten, sollten Interviewpanels aus Mitgliedern mit unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen bestehen. Dies verringert das Risiko von Vorurteilen und fördert eine objektivere Bewertung der Bewerbenden. Trainings und Schulungen für Personalverantwortliche helfen hierfür bereits im Vorfeld. Denn: Die Sensibilisierung für mögliche Vorurteile und Diskriminierung ist der Schlüssel, um sicherzustellen, dass alle Bewerbenden fair behandelt werden.

Fairness bis zum Schluss: Bewerbenden Feedback anbieten

Nur eine:r macht das Rennen. Und was passiert mit den anderen, die in der engeren Auswahl waren? Absage raus und Haken dran? Besser geht es so: Unabhängig vom Ausgang des Bewerbungsverfahrens sollten Unternehmen den Bewerbenden ein konstruktives Feedback geben. Wichtig dabei: Die Absage sollte sich unbedingt an fachlichen Kriterien orientieren, z. B., dass die individuelle Qualifikation für die betreffende Stelle nicht ausreicht. Dies dient nicht nur der persönlichen Weiterentwicklung, sondern zeigt auch, dass das Auswahlverfahren transparent und fair war.

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