Effektive Kommunikation für Ihre IT-Projekte

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Eine gelungene Kommunikation gehört zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren bei IT-Projekten. Diese Herausforderung ist inzwischen erkannt, aber was tun, um sie adäquat umzusetzen? Kann man das lernen? Dr. Jörg Preußig, Trainer der Haufe Akademie, erklärt, mit welchen Skills und Übungen sich Teammitglieder in IT-Projekten für die Praxis wappnen können.

Herr Dr. Preußig, Sie führen für die Haufe Akademie Seminare zum Thema „Kommunikation in IT-Projekten“ durch. Da stellt sich natürlich die Frage: Was sind denn hier die speziellen Herausforderungen?

Dr. Preußig: Viele Aspekte, die den grundsätzlichen Umgang mit anderen Menschen, Strukturierung von Gesprächen, Fragetechniken etc. betreffen, unterscheiden sich kaum von anderen Projekten. Speziell für IT-Vorhaben aber ist z.B. die Tatsache, dass sie fast immer in einem sehr dynamischen Umfeld stattfinden, weil sich die Anforderungen während des Projektverlaufs noch stark verändern. Denn zum einen ist die Kundin oder der Kunde oft gar nicht in der Lage, das was er im Kopf hat, auch so präzise zu beschreiben. Zum anderen gibt es, selbst wenn eine Anforderung verstanden wurde, immer Spielräume, wie man sie in der Programmierung umsetzt.

Was vermitteln Sie den Teilnehmenden Ihrer Seminare, damit diese besser mit dieser Situation zurechtkommen?

Dr. Preußig: Es gibt formale Methoden, die helfen, die Anforderungen möglichst genau aufzunehmen und die Lücken in der Vermittlung gering zu halten. Sozusagen „verdächtig“ sind z.B. Festellungen, dass etwas immer so oder so ist, Passivformulierungen oder Prozessworte. Hier sollte die IT nachhaken. Wenn jemand also erklärt, etwas laufe generell auf eine bestimmte Art ab, dann sollte die IT gezielt nach den Ausnahmen fragen. Wird Passiv verwendet, gilt es zu eruieren, welche Rolle die handelnde ist, die z.B. etwas auslöst, umsetzt oder dokumentiert. Und hinter Begriffen wie „protokollieren“ oder „transformieren“ stecken oft umfassende Prozesse, die man detailliert vereinbaren sollte.

In IT-Projekten müssen sich Personen mit ganz unterschiedlichem fachlichem Hintergrund verständigen. Wie kann man lernen, diese Herausforderung besser zu meistern?

Dr. Preußig: Ja, die Projektbeteiligten nehmen ganz unterschiedliche Rollen wahr. Sie haben verschiedene Brillen auf, wenn sie über ein gemeinsames Thema kommunizieren. Die IT muss diese verschiedenen Perspektiven erkennen und in ihrer Kommunikation berücksichtigen. Hier setze ich gerne mit der Übung an, dass Teilnehmer:innen über ein technisches Thema referieren und wir vorher festlegen, an welche Zielgruppe sich diese Erläuterungen richten sollen: Kunde, Produktmanager:in, Manager:in ohne IT-Hintergrund? Die anderen Teilnehmenden achten darauf, welche technischen Begriffe verwendet wurden, die der angesprochenen Person möglicherweise nicht vertraut sind. Das führt eigentlich immer zu interessanten Erkenntnissen, auch bei denen, die in der Übung Feedback geben.

Was empfehlen Sie Ihren Teilnehmenden, was sie mit dieser Erkenntnis dann anfangen sollen? Technische Begriffe zu erklären, ist ja auch nicht einfach.

Dr. Preußig: In der Regel sollte man versuchen, den Sachverhalt in dem Gesprächspartner bekannten Worten zu erklären. Denn wenn jemand mehrfach Fachbegriffe verwendet und diese durchaus wohlmeinend erklärt, dann wird das Gespräch zum IT-Unterricht, was ja in der Regel nicht das  Ziel ist.

Welche Möglichkeiten gibt es noch, den Vortrag in dem doch sehr komplexen Anforderungsfeld „stakeholdergerechte Kommunikation“ gezielt zu verbessern?

Dr. Preußig: Neben der Frage: „Wie vermittle ich etwas?“, sollte man sich über das „Was“ Gedanken machen:  Was ist mein Ziel? Was möchte ich vermitteln? Und was will mein Gegenüber wissen? Der IT-Experte oder Expertin interessiert sich vielleicht dafür, wie etwas im Hintergrund technisch abläuft. Der:Die Produktmanager:in achtet darauf, wie etwas funktioniert und wie es in die vorhandene IT-Landschaft passt. Und der:die Manager:in möchte hören, wie viel das System kostet und welchen Nutzen es bringt.

Welche Kanäle eignen sich aus Ihrer Erfahrung besonders gut für die Kommunikation in IT-Projekten?

Dr. Preußig: Da spielen inhaltliche Fragen eine Rolle – also z.B. ist ein E-Mail für kurze Informationen gut geeignet, während bei Themen mit Abstimmungsbedarf ein Meeting in der Regel der bessere Weg ist. Ein anderes Kriterium, das oft vernachlässigt wird, ist der soziale Aspekt: Wenn ich mit jemandem bereits ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut habe, dann kann ich eine etwas kritischere Information auch mal schnell durch ein E-Mail übermitteln. Wenn ich merke, dass es Unebenheiten in der Kommunikation gibt, dann greife ich besser zum Telefon. Und wenn ich mitbekomme, dass etwas im Argen liege, dann gehe ich lieber persönlich zu meinen Adressaten.

In der IT sind ja unterschiedliche Vorgehensmodelle verbreitet, Stichwort „Wasserfall oder Scrum?“. Inwiefern unterscheiden sich diese im Hinblick auf die Kommunikationsanforderungen?

Dr. Preußig: Es ist für die Teilnehmenden manchmal hilfreich zu klären, welches Modell sie eigentlich anwenden und was das bedeutet. Im Hinblick auf den Kommunikationsaspekt stellt man dann fest, dass dieser bei Scrum eine ganz andere Rolle spielt. Der Verlauf hängt viel stärker davon ab, dass die Leute effizient miteinander kommunizieren, u.a. weil der Austausch zwischen den Projektteilnehmenden inklusive Kunde weniger über Dokumente als über verbale Kanäle geht. Und hier spielt wieder der bereits erwähnte Aspekt eine Rolle, dass auch die Qualität der persönlichen Ebene eine Rolle spielt. Da Scrum-Meetings zeitlich eher knapp kalkuliert sind, ist es zudem wichtig, Dinge schnell auf den Punkt zu bringen.

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In Ihren Seminaren behandeln Sie auch das Thema: „Bei Angriffen souverän bleiben.“ Was lernen die Teilnehmenden zu diesem Thema?

Dr. Preußig: ITler erleben es häufiger als andere, dass sie etwas erläutern – sei es in einer Präsentation oder in einem Meeting – und auf einmal ein relativ heftiger Kommentar kommt wie: „Das geht doch alles gar nicht“.  Im Seminar üben wir zunächst, solche Kommentare nicht gleich als Angriff zu werten. Wenn ich davon ausgehe, dass mir der andere nichts Böses will und einfach mal zuhöre, dann vermeide ich die zwei größten Fallen: Rechtfertigung und Gegenangriff. Dann kann ich entscheiden, ob ich eine gute Antwort habe, z.B. die Anregung aufnehmen kann. Wenn nicht, habe ich dem anderen zumindest das Gefühl gegeben, dass mich seine Situation und sein Input interessiert und ich habe seine vielleicht berechtigten Bedenken verstanden. Die Übungen dazu kommen bei den Teilnehmenden übrigens sehr gut an, denn alle kennen diese Herausforderung.

Was tun Sie, damit die Teilnehmer:innen Ihrer Seminare diese Dinge nicht nur hören, sondern auch anwenden?

Dr. Preußig: Zum einen stelle ich die praktischen Übungen in den Vordergrund und überlege mir dann, welche Theorie ich vermittle, damit die Teilnehmer:innen das nötige Rüstzeug bekommen.  In fortgeschrittenen Phasen des Seminars, wenn sich unter den Teilnehmenden ein gewisses Vertrauen aufgebaut hat, setze ich gerne das Format der kollegialen Beratung ein: Die anderen Teilnehmer:innen geben in ihrem Feedback  Hinweise, was ihnen bei einer Übung aufgefallen ist, oder Tipps, welche Lösungsmöglichkeiten ihnen für ein von einem Teilnehmenden beschriebenes Problem einfallen. Schon die Erkenntnis, dass sie mit einem Problem nicht allein sind, sondern auch andere das kennen, ist für viele ein wichtiges Aha-Erlebnis. Ebenso ist es hilfreich, dass sich die Teilnehmer:innen zwar alle mit IT-Projekten auskennen, aber doch auch unterschiedliche Brillen aufhaben. Für den Produktmanager z.B. ist es oft leichter, in einem Seminar das kritische Feedback einer Programmiererin oder eines Programmierers aufzunehmen, als in der realen Projektsituation. Erfahrungsgemäß findet derjenige, der ein Thema eingebracht hat, in dem Feedback der anderen immer die eine oder andere hilfreiche Anregung, die er sich herauspicken kann.

Was empfehlen Sie Ihren Teilnehmenden, wie sie es schaffen, möglichst viel aus dem Seminar mitzunehmen?

Dr. Preußig: Wichtig ist mir, dass die Teilnehmer:innen verstehen, dass es mit sozialen Aspekten genauso ist wie mit technischen. Man muss sich ständig weiterentwickeln. So, wie man nach einem Kurs in einer neuen Programmiersprache erst mal lernen muss, diese anzuwenden, ist es auch mit der Kommunikation. Ein Seminar kann und soll den Teilnehmern wertvolle Erkenntnisse für ihre persönliche Praxis vermittlen, umsetzen müssen sie es selbst. Um diesen Transfer zu unterstützen, mache ich Übungen mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, in denen sich alle z.B. sehr genau überlegt, was für ihn oder sie wichtig ist und welche Veränderung schon in der kommenden Woche realisiert werden kann.

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Über den Autor

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Dr. Joerg Preussig

Ist Trainer für Soft Skills und IT-Fachthemen, in die er Erfahrung aus langjährige Tätigkeit als Software-Architekt bei einem Großkonzern, Fachhochschuldozent und Schauspieler einbringt. Für die Haufe Akademie hat er das Training „Kommunikation in IT-Projekten“ entwickelt und dieses konsequent auf einen gelingenden Praxis-Transfer ausgerichtet.

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