Wie Führung in unsicheren Zeiten Stabilität gibt

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Die aktuelle wirtschaftliche Lage sorgt in vielen Organisationen für große Unsicherheit. Statt Investitionen und Hurra-Stimmung, stehen oftmals Einsparungen auf dem Programm. Das bleibt nicht ohne Folgen: die Anspannung im Büro wächst und Bedenken und Zweifel machen sich in der Belegschaft breit. Im schlimmsten Fall bringen kleinste Fehler das Fass endgültig zum Überlaufen und gegenseitige Anschuldigungen zerstören die Team-Chemie nachhaltig. Unsichere Zeiten sind daher nicht nur aus wirtschaftlicher, sondern auch aus psychologischer Sicht eine Herausforderung – insbesondere für Führungskräfte. Optimalerweise sollten Sie in schwierigen Phasen als Fels in der Brandung Orientierung und Sicherheit vermitteln können. Wie dieses Kunststück gelingen kann, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Auf dem Boden der Tatsachen

Das erfolgreiche Führen in unsicheren Zeiten lässt sich durchaus als Königsdisziplin betrachten: Während sie selbst unter enormen Druck stehen, müssen Führungskräfte es gleichzeitig vermeiden, die Belastung nicht direkt an die Mitarbeitenden weiterzugeben, sondern ein Milieu der Sicherheit schaffen, sodass sich das Team darauf konzentrieren kann, die aktuellen Herausforderungen zu meistern.
Schwierige Zeiten sind immer mit Umbrüchen verbunden. Diese Tatsache lässt sich nicht leugnen. Daher gilt es, eben diese Umbrüche anzunehmen, statt vor ihnen zu flüchten oder sie zu bekämpfen. Auf die Führungskraft kommt jetzt eine besondere Verantwortung zu, um die aktuelle Phase zu überstehen und bestenfalls gestärkt aus ihr hervorzugehen. Damit dies gelingen kann, benötigt es vor allem eins: Vertrauen. Dies kann eine Führungskraft allerdings nur vermitteln, wenn das Verhältnis zu den Mitarbeitenden auf einem sicheren Fundament steht, dass nicht gleich beim geringsten Gegenwind ins Wanken gerät.

Wie sieht ein sicheres Fundament aus?

  1. Richtig kommunizieren: Dieses sichere Grundgerüst sollte natürlich bereits bestehen, bevor das Team oder das gesamte Unternehmen in turbulentes Fahrwasser gerät. Die richtige Kommunikation mit den Mitarbeitenden ist hier das A und O. Dazu gehört es, Vorgänge transparent und ehrlich zu vermitteln, sodass sich die Belegschaft stets eingebunden fühlt und so eine solide Vertrauensbasis entstehen kann.
  2. Transparenz: In der Krise müssen mögliche oder unausweichliche Konsequenzen klar kommuniziert werden, sodass sich Mitarbeitende auch hier einbezogen und ernst genommen fühlen. Das ganze Team sollte sich der Lage bewusst sein und alle relevanten Fakten kennen. Die richtige Kommunikation in der Krise ist immer ein gewisser Drahtseilakt für Führungskräfte, sie die Sachlage weder schwarzmalen noch schönfärben oder sogar leugnen darf. Wichtige, wenn auch unbequeme Fakten komplett zu verschweigen, ist allerdings ein Kardinalsfehler, der nicht nur von eigener Unsicherheit zeugt, sondern auch dazu führt, dass man das Vertrauen des Teams verliert. Hierbei ist das Framing der Situation entscheidend. Change-Prozesse können immer von mehreren Seiten aus betrachtet werden. „KI wird euch ersetzen“ oder „KI wird euch entlasten, sodass ihr euch neuen Aufgaben widmen könnt“ sind zwei völlig unterschiedliche Betrachtungsweisen des gleichen Phänomens. Es ist also von großer Bedeutung, ob ich die Gefahren oder die Chancen der aktuellen Situation in den Fokus nehmen. Das Motto „Jede Krise ist auch eine Chance“ ist seit der Pandemie zwar überstrapaziert und sicherlich gehen wir nicht aus jeder Krise gestärkt hervor. Doch wie bereits erwähnt, sind schwere Phasen manchmal unvermeidbar und sollten daher nicht als Katastrophe betrachtet werden. Authentische Kommunikation, die Fehler und Unwissenheit nicht verschleiert, ist dabei unerlässlich. Denn natürlich weiß auch eine Führungskraft nicht immer, wo es in Zukunft hingeht – auch dieser Fakt sollte ehrlich angesprochen werden.
  3. Offene Fehlerkultur: Der richtige Umgang mit Fehlern ist ein wichtiger Eckpfeiler für eine gute Team-Chemie und Vertrauen unter den Mitarbeitenden. Dazu gehört die Gewissheit, Fehler einzugestehen und offen kommunizieren zu können/dürfen, ohne übermäßige Angst vor negativen Konsequenzen, wie unangebrachter Kritik oder persönlichen Angriffen haben zu müssen. Was zunächst einfach klingt –schließlich können Fehler jeder und jedem mal passieren – kann in Drucksituationen häufig zur Herausforderung werden. Denn gerade hier lauert die Gefahr, zu emotional und nicht sachlich genug zu reagieren, wodurch die Situation unnötig zugespitzt wird. Führungskräfte müssen hier mit gutem Beispiel vorangehen und Kritik stets konstruktiv und sachlich äußern, aber im Gegenzug auch selbst eine gute Kritikfähigkeit besitzen. Schwebt die Führungskraft jedoch über den Dingen, entfremdet sie sich von ihrem Team und umgekehrt. Reagiert sie darüber hinaus emotional, wird ein unsicheres und unberechenbares Umfeld geschaffen.
  4. Lösungs- statt Schuldorientierung: Eine emotionale Reaktion ist oft gleichbedeutend mit der Suche nach der oder dem Schuldigen. Solange es sich jedoch nicht um strafrechtlich relevante Sachverhalte handelt, ist diese Suche und die damit verbundene Schuldzuweisung und Denunzierung nicht zielführend und kostet darüber hinaus nur wertvolle Zeit und Nerven. An diesem Punkt sollte eine Führungskraft optimalerweise vermitteln, dass frühzeitige und ehrliche Selbstreflektion und das offene Eingestehen von Fehlern zur schnelleren und zielgerichteteren Lösung des Problems führen.
  5. Bereitschaft zur Veränderung: Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Bereitschaft und die Fähigkeit, neuen Situationen ohne Furcht zu begegnen und sich an diese anzupassen. Diese Bereitwilligkeit kann nur entstehen, wenn Personen keine Angst davor haben, den Status Quo herauszufordern, Kritik zu äußern und eigene Fehler zuzugeben. Sich krampfhaft an das Altbewährte zu klammern, ist nicht nur kräftezehrend, sondern auch unklug, denn Fortschritt ist seit jeher gleichbedeutend mit Veränderung. Diese Tatsache sollten Führungskräfte klar vermitteln und auch hier mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie sich an Veränderungsprozessen beteiligen und diese auch als erste umsetzen, statt dies nur von den Mitarbeitenden zu erwarten.

Drei Schritte, um in schwierigen und unsicheren Zeiten als Führungskraft Sicherheit zu vermitteln

Schritt 1: Klare Zwischenziele und Meilensteine definieren: Wer konkrete Zwischenziele festlegt, macht den weiten Weg aus den schwierigen Umständen leichter. So kann eine Führungskraft Orientierung schaffen, wie die Krise bewältigt werden kann.

Schritt 2: Motivation stärken und Erfolge feiern: Auch in schwierigen Lagen gibt es Teilerfolge. Diese sollte ein Team feiern. Denn regelmäßige Erfolgserlebnisse, z.B. das Erreichen von definierten Zwischenzielen, steigern die Motivation und setzen der Abwärtsspirale etwas entgegen. So können Teams das Momentum zurückgewinnen.

Schritt 3: Ein Wir-Gefühl aufbauen: Nur gemeinsam kann sich ein Team aus einer misslichen Situation herausarbeiten. Das Wir-Gefühl ist deshalb von großer Bedeutung. Dieses kann z.B. durch externe Team-Events gefördert werden, doch entscheidend ist der Zusammenhalt in der täglichen Arbeit.

Fazit: Die Perspektive entscheidet

In herausfordernden Zeiten stehen Führungskräfte besonders unter Druck. Umso wichtiger ist es, bereits im Vorfeld ein sicheres Fundament zu schaffen, das in der Lage ist, das Team in späteren volatilen Phasen zu tragen.

Die Führungskraft muss emotional und rational vermitteln, dass es einen Weg aus der Krise gibt. Schuldzuweisungen sind hier fehl am Platz, denn Misstrauen verschlimmert die Probleme nur. Eine souveräne Führung vermittelt Zusammenhalt, auch oder gerade, wenn Fehler passieren. Auf diesem Weg entstehen Vertrauen und die Angst vor Veränderungen, die Krisenzeiten mit sich bringen, wird abgebaut.

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Über den:die Autor:in

Sebastian Kindler

ist Diplom-Pädagoge und Produktmanager für die Themen Management, Führung und Leadership bei der Haufe Akademie.

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