Praxisfall BEM: Frau Mevlan und der Heimtrainer

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Die Kenntnis theoretischer Methoden und Vorgehensweisen sind für ein gutes BEM unerlässlich. Doch wie genau kann ein praktischer BEM-Fall aussehen und welche Lösung bietet sich für ein ganz konkretes Praxisbeispiel an? Ein Blick hinter die Kulissen des BEM gewährt uns BEM-Experte Dr. Frank Stöpel anhand eines Praxisfalls. Hier wird deutlich, dass es im BEM selten Standardlösungen gibt. Jeder Fall muss individuell betrachtet werden. Und manchmal braucht es kreative und ungewöhnliche Lösungen.

Ausgangslage

Frau Mevlan, Sachbearbeiterin bei einem Dienstleistungsunternehmen, ist 46 Jahre, verheiratet und hat zwei schulpflichtige Kinder. Auf ihren Weg zur Arbeit wurde sie überfallen und sowohl körperlich als auch seelisch schwer verletzt. In dem halben Jahr, in dem sie krankgeschrieben war, hat sie eine stationäre Therapie gemacht, die ambulant fortgeführt wird. Da sie demnächst wieder ihre Arbeit aufnehmen möchte, wurde sie zum BEM eingeladen.

Problemstellung

Zum ersten BEM-Gespräch erscheint sie sehr fahrig. Darauf angesprochen, sagt sie über sich selbst, dass sie „völlig fix und fertig sei“: Der Weg zur Arbeitsstelle habe dazu geführt, dass die Erinnerungen an den Überfall wieder hochgekommen seien. Sie fühle sich jetzt nicht in der Lage, mit der Arbeit zu beginnen. Nach nur 15 Minuten wird das Gespräch beendet und ein Telefontermin vereinbart.

Lösungsfindung

Beim Telefongespräch wird vereinbart, dass sie mit ihrem Therapeuten Strategien für die Wiedereingliederung erarbeitet. Bei einem weiteren Telefongespräch stellt sie ihre Idee vor, nach ihrer Ankunft am Arbeitsplatz sich in irgendeiner Form sportlich zu betätigen, um die Anspannung von der Anfahrt abzureagieren. Gemeinsam wird vereinbart, dass für ihr Büro ein Heimtrainer „organisiert“ wird. Ihre Kolleginnen sowie ihr Teamleiter werden darüber informiert, dass im BEM vereinbart wurde, dass Frau Mevlan vor Arbeitsbeginn etwa eine halbe Stunde auf dem Heimtrainer radelt, ohne die Hintergründe zu erklären.

Erfolgskontrolle

Nach Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederung berichtet Frau Mevlan im BEM-Abschlussgespräch, wie sehr ihr das BEM und insbesondere der Heimtrainer beim Wiedereinstieg geholfen habe. Als Nebenwirkung der BEM-Maßnahme sei sie jetzt sogar richtig fit geworden!

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Dr. Frank Stöpel

Über den:die Autor:in

Dr. Frank Stöpel

Diplom-Pädagoge mit Schwerpunkt Berufliche Rehabilitation, Promotion in Arbeitspsychologie. Herausgeber des Newsletters BEM-Aktuell und Fachautor.

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