Nach der Theorie des sowjetischen Wirtschaftswissenschaftlers Nikolai Kondratjew wird die Welt durch geniale Erfindungen angetrieben. Diese bedingen stets neue Zyklen, die damit enden, dass die ihnen zugrundeliegende Idee ausgereizt ist und das Wachstum damit zum Erliegen kommt. Neue Erfindungen, Produkte und Gedanken lösen daraufhin einen neuen Zyklus aus. Interessant ist, dass ihre Basis nicht einzigartige technische Errungenschaften sind, sondern dass sie auf einer neuen Art des Informationsaustausches und der Vernetzung basieren. Kurzum: Fortschritt ist in unserem heutigen Marktumfeld also in erster Linie neuem Denken und weniger neuen Maschinen geschuldet. Damit gewinnt das Marketing in all seinen Facetten einen neuen Stellenwert im Unternehmen, denn auf einmal sind Themen wie Kommunikationsstrategien und Markenmanagement oft wichtiger, als ein technischer Vorsprung gegenüber dem Wettbewerb.
So zeichnen sich auch die heute wertvollsten Unternehmen – Apple Google, Facebook oder Nike – nicht durch überlegene Technik und Massenproduktion aus, sondern beziehen ihre Weltgeltung zu großen Teilen aus besserem Wissen über ihre Kunden und Kundinnen, einer exzellenten Kund:innenbindung oder aus dem Wert ihrer Marke. Zudem sind all diese Unternehmen sehr marketingzentriert.
Damit wird ein professionelles Marketing Management zum vielleicht wichtigsten Erfolgsfaktor der Zukunft. Was aber bietet das „Marketing der Zukunft” an Chancen?
1: Mass Customization: Die Individualisierung von Produkten und Werbeformen wird zur zwingenden Notwendigkeit.
Autohersteller wie BMW bieten ihren Kunden und Kundinnen sogenannte Individualreihen, bei denen zum Beispiel ungewöhnliche Lackierungen, spezielle Sitzbezüge oder Alufelgen angeboten werden. Je nach Kombination erhält man dann als Kundschaft ein Fahrzeug, das es vielleicht nur ein einziges Mal in Deutschland gibt. In der Kommunikation ist Predictive Behavioural Targeting gerade der Megatrend. Dieses ermöglicht durch die Kombination von Surfverhalten im Web und cleveren Algorithmen die Generierung von spezifischer, komplett auf den jeweiligen Kunden und die jeweilige Kundin individualisierte Werbung.

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2: Tradition hat als brauchbares Geschäftsmodell ausgedient.
Oft sind es völlig neue Mitspieler:innen am Markt, die die entscheidenden neuen Innovationsimpulse setzen und nicht die etablierten Anbieter. Denken Sie beispielsweise an die Anfangszeit des Automobils. Wäre es nicht logisch gewesen, dass es vor allem die Pferdekutschenherstellenden gewesen wären, aus denen dann die führenden Automobilhersteller hervorgegangen wären? Schließlich hätte man ja nur in die bestehende Technik einen Verbrennungsmotor einbauen müssen. So ist es aber bekanntermaßen nicht gekommen, denn die meisten Autohersteller sind aus einfachsten Anfängen entstanden oder haben vorher Produkte wie Nähmaschinen (Opel), Pfeffermühlen (Peugeot) oder Webstühle (Toyota) hergestellt. Auch heutzutage werden vor allem aktive und handlungsschnelle Vor-, Quer- und Weiterdenker:innen belohnt.
3: Vernetztes Denken und Handeln wird zum wichtigsten Erfolgsfaktor für Unternehmen.
Im Nachhinein lässt sich immer trefflich über Managementfehler diskutieren und so scheint uns auch der Niedergang von Nokia, der vormaligen Nr. 1 im Mobiltelefonmarkt, vollkommen logisch zu erscheinen. Aber gehen Sie doch einfach einmal von der damaligen Gemengelage aus:
Sie sind die Nr. 1 im Markt, Apples neues iPhone stellt für Sie keine existenzielle Herausforderung dar, weil Apple ja nur immer kleinere Teile eines Marktes zum Ziel hat (die Apple-Jünger und/oder die Premium-Kundschaft). Insofern haben sich die Nokia-Manager:innen für den scheinbar logischen Weg entschieden, nämlich Apple mit einem eigenen Smartphone und mit einem eigenen Betriebssystem zu kontern. Die Gegner (und späteren Sieger) in diesem Krieg, wie Samsung, HTC oder Huawei, haben ja auch nicht die besseren Geräte hergestellt und als Marke war ihnen Nokia haushoch überlegen. Samsung & Co. haben vielmehr erkannt, dass ein offenes Betriebssystem (Android) und eine offene Plattform zum Einstellen von Softwarelösungen die entscheidenden Erfolgsfaktoren waren. So gab es im Android Market auch bereits nach wenigen Monaten mehrere 100.000 Apps – die Nokia Entwicklungsabteilung konnte da bei weitem nicht mithalten. Am Ende haben die vielen freien Programmierer:innen, denen Google mit Android eine Plattform geboten hat, mit ihrer Kreativität, ihrer Freude an Innovationen oder auch schlicht mit ihrem Geschäftssinn, den Giganten in die Knie gezwungen. Mit Vernetzung und Offenheit schlagen Sie somit häufig, vor allem in „Highspeed-Märkten”, jedes klassische Geschäftsmodell.
Meine Handlungsempfehlungen für Sie:
- Prüfen Sie, wie Sie Ihre Angebote durch Methoden wie Mass Customization individueller für Kunden und Kundinnen gestalten können, um sich der Vergleichbarkeit zu entziehen.
- Neue technische Möglichkeiten ermöglichen Werbung viel stärker zu individualisieren als noch vor einigen Jahren. Testen Sie, ob das auch in Ihrer Branche funktioniert.
- Betrachten Sie Ihren Wettbewerb neu. Vielleicht erfolgt der nächste Innovationsschub nicht durch Sie oder einen direkten Konkurrenten, sondern durch ganz neue Geschäftsmodelle, an die Sie bisher nicht gedacht haben.
- Versuchen Sie, Ihr Marketing schneller zu machen, auch wenn darunter die Perfektion leidet.
- Vernetzen Sie Ihre Marketingarbeit stärker. Das gilt intern, z.B. durch eine engere und schnellere Abstimmung mit dem Vertrieb, aber auch extern, durch eine offenere Zusammenarbeit mit anderen, beispielsweise über Foren und Soziale Netzwerke, bis hin zur Kooperation mit dem direkten Wettbewerber.