Rechtssicherheit für Unternehmen – eine Gratwanderung

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Rechtssicherheit für Unternehmen – eine Gratwanderung

Arbeitsrecht und Betriebsverfassungsrecht – das ist Adrenalin pur. Stellen Sie sich vor, Sie wandeln auf einem schmalen Bergweg, nur wenige Zentimeter breit. Rechts blicken Sie zweihundert Meter in die Tiefe, kein Baum und kein Strauch, der Sie auffangen kann, nur Abgrund. Überall auf dem Weg liegen lose Steine. Es mangelt an Steighilfen und Handläufen. Jeder Schritt muss sorgfältig gesetzt werden. Aber Sie verlassen sich auf Ihr Gefühl, Ihr Gespür, Ihre Erfahrung. Sie fühlen, wie der Weg schmaler wird und neue Abzweigungen bekommen hat, die Sie noch gar nicht kennen. Dennoch schreiten Sie schneller voran. Schließlich drängt die Zeit vor der Dämmerung.

Viele Unternehmen handeln in rechtlichen Fragen vergleichbar öder ähnlich. Sie kennen weder die neuesten Rechtsgrundlagen, aktuellen Rechtsprechungen und deren effektive Umsetzung noch agieren sie intern oder extern rechtssicher. Sie wandeln am rechtlichen Abgrund.

Doch wie lange geht das gut?

Arbeitsrecht in Bewegung

Die arbeitsrechtlichen Anforderungen an Unternehmen sind ständig in Bewegung; sie sind wie Steine, die verhofft oder unverhofft den Berg hinabrollen. Stichworte hier sind beispielsweise Kündigungsschutzgesetz, befristete Arbeitsverträge, Regelungen zur (Alters)teilzeit und zum Mutterschutz, Elternzeit oder Mindestlohngesetz. Aber auch der Umgang mit sogenannten Low Performern oder dauerhaft kranken Mitarbeitenden ist ein heikles Feld. Probleme tauchen meist unerwartet auf. Für Fach- und Führungskräfte im Finanz- und Rechnungswesen, im Personalmanagement oder der Entgeltabrechnung ist es nahezu unmöglich, eigenständig auf dem Laufenden zu bleiben. Denn jedes Jahr kommen neue Gesetze und Verordnungen hinzu. Alleine der Bereich Mindestlohn offenbart im Arbeitsrecht mehr Stolperfallen als die Wurzel einer Eiche auf einem Trampelpfad. Hinzu kommt, dass Personaler:innen, Buchhalter:innen und Controller:innen durch ihre tägliche Arbeitsbelastung kaum die Zeit aufbringen können, sich eigenständig die neuesten Verordnungen und Gesetze zur Lohnbuchhaltung, zum Vertragsrecht oder der Sozialversicherung anzueignen. Es bedarf Bergführer, Menschen, die die unterschiedlichen Terrains ausgiebig studiert haben und auf dem aktuellen Stand sind.

Massive Unterschätzung des eigenen Risikos

Viele Unternehmen unterschätzen dabei das Risiko, das durch fehlerhafte Verträge, Abrechnungen und Klauseln entsteht. Der Arbeitsplatz ist der zweitgrößte Bereich, in dem Rechtsschutzversicherungsfälle reguliert werden; das zeigen Zahlen aus der Versicherungsbranche (Quelle: friendsurance.de). Mehr als die Hälfte der Unternehmen ist innerhalb von fünf Jahren mindestens in einen Rechtsstreit verwickelt. Das kommt die Unternehmen teuer zu stehen: Knapp 10 Prozent der Rechtsfälle verursachen Kosten von über 50.000 Euro, wie die Deutsche Versicherungsbörse schon vor einigen Jahren berichtete.
Dabei gibt es eine große Diskrepanz zwischen Selbstwahrnehmung und Außenbetrachtung. Ein Großteil der Unternehmen sieht den eigenen Betrieb durch rechtliche Risiken weniger gefährdet als den Wettbewerb. Dies ist zwar eine menschlich nachvollziehbare, unternehmerisch jedoch gefährliche Fehleinschätzung der Situation. Ähnlich wie Bergsteigende schätzen Unternehmen die eigenen Fähigkeiten stärker ein als die ihrer Mitstreiter:innen. Dabei stehen insbesondere kleinere und mittlere Betriebe rechtlichen Auseinandersetzungen unvorbereitet gegenüber. Ihnen fehlt es an Rechtssicherheit z. B. im Arbeitsrecht.

Rechtsstreitigkeiten – ein Imageschaden

Neben dem finanziellen Schaden entsteht ein Imageschaden, der noch schwerwiegender sein kann als der monetäre. Denn der Wettbewerb um die besten Köpfe wird immer härter. Der jetzt schon existierende Fach- und Führungskräftemangel verschärft sich weiter. Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden, zum Beispiel beim Thema Mutterschutz oder Elternteilzeit, wirken kontraproduktiv auf die Gewinnung von Talenten. Denn Internetportale machen den Rechtskonflikt bekannt und transparent. Bewertungsportale wie kununu.com werden mittlerweile standardmäßig vor einer Bewerbung konsultiert. Dabei hat sich auch das Rollenverständnis grundlegend gewandelt. Mitarbeiter:innen sind keine Bittsteller mehr – und sollten es auch nicht sein – sondern selbstbewusste Akteure, die ihre Rechte kennen und einfordern. Wer hier als Unternehmer nicht auf dem neuesten Stand ist, verliert den Kampf um die besten Köpfe. Denn: Wer einmal den Mount Everest bestiegen hat weiß, wie wichtig ein eingespieltes Team ist, um den Gipfel zu erklimmen.

Sicherer Halt – die rechtliche Begleitung

Selbst erfahrene Bergsteigende haben Begleiterinnen und Begleiter an ihrer Seite, wenn sie einen Berg erobern. Menschen, die das lokale Terrain kennen, wissen, wo die Gefahren lauern und welche Passagen besonders riskant sind, welche man meiden und welche man wählen sollte. Dank ihrer Expertise sorgt die begleitende Person für einen sicheren und reibungslosen Aufstieg.

Eine rechtliche Begleitung kann auf mehreren Ebenen stattfinden: Die konstante Qualifizierung und fachliche Weiterentwicklung von Fach- und Führungskräften aus dem Personal- und Rechnungswesen ist ein sicherer Schritt, um auf dem Laufenden zu bleiben. Aktuelle Seminare und Tagungen z. B. helfen, Neuerungen und Veränderungen im Arbeitsrecht und Betriebsverfassungsrecht rechtssicher und zukunftsweisend umzusetzen. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die Stolperfallen gelegt. Das heißt, Qualifizierungsmaßnahmen bieten Steighilfen und Handläufe, damit Sie sicher durch schwieriges Terrain kommen. Hierzu gehören natürlich wichtige Grundlagen allgemein und auch der umfassende, praxisorientierte Überblick über alle anstehenden Gesetzesänderungen im Arbeitsrecht, Betriebsverfassungsrecht und in Lohnsteuer und Sozialversicherung. Auch bei der Gratwanderung „Personalführung”, wenn es um den Umgang mit Low Performern und kranken Mitarbeitender:innen geht, gewähren Qualifizierungsmaßnahmen den rechtssicheren Rahmen.

Bei komplexen Organisationen oder Veränderungsprozessen ist der Einsatz von Berater:innen und Trainer:innen meist unerlässlich, um Rechtssicherheit im Betriebsverfassungs- und Arbeitsrecht zu garantieren. Sie begleiten Unternehmen während kritischer Phasen und bauen ein festes rechtliches Fundament auf.

Zusammenfassung

Arbeitsrecht und Betriebsverfassungsrecht sind herausfordernde und dynamische Terrains. Geschäftsführung, Personaler:innen und Controller:innen wandeln dabei oft auf einem schmalen rechtlichen Grat. Ein Absturz verursacht sowohl einen hohen finanziellen als auch gewaltigen Imageschaden. Der rechtssichere Weg ist nur mit tagesaktuellen Qualifizierungsmaßnahmen und effektiver Entwicklung von Fach- und Führungskräften gangbar.

Weitere Informationen zum Thema finden sich in unserem Blogbeitrag „Rechtssicherheit im Unternehmen Wissen aktuell halten!

Zum Blogbeitrag „Rechtssicherheit im Unternehmen Wissen aktuell halten!“

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Über den:die Autor:in

Birgit Neubauer

Betriebswirtin und Personalmanagement Expertin, langjährige Tätigkeit als HR-Leiterin im deutschen Mittelstand und Programmbereichsleiterin Personalmanagement der Haufe Akademie.

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