2025 planen vier von zehn Unternehmen Stellen zu kürzen.¹ Das spiegelt die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland wider: Die Wirtschaft ist geschwächt und Konzerne leiden unter Inflation, weniger Nachfrage und hohen Energiekosten. Eine häufige Folge: Stellenabbau – für alle Beteiligten verständlicherweise ein sensibles Thema.
Der amerikanische Arbeitsökonom Wayne Cascio unterscheidet zwei Arten von Unternehmen: Die einen betrachten Mitarbeitende vor allem als Kostenfaktor – und setzen bei Druck schnell den Rotstift an. Die anderen sehen ihre Beschäftigten als wertvolles Betriebsvermögen – und gehen mit Personalabbau entsprechend vorsichtig, planvoll und fair um. Unabhängig von der Perspektive ist klar: Wer Stellen abbaut, muss arbeitsrechtlich korrekt, strategisch klug und sozial verantwortlich handeln.
Welche Fehler beim Personalabbau vermieden sollten und welche rechtssicheren Möglichkeiten es gibt, erläutert dieser Artikel.
Personalabbau – Rechtliche Grundlagen
Arbeitnehmende sind in Deutschland rechtlich besonders geschützt. Deshalb ist es wichtig, dass Unternehmen im Falle eines Personalabbaus rechtsicher handeln und wichtige, gesetzliche Rahmenbedingungen beachten. Hierbei sind beispielsweise das Kündigungsschutzgesetz, das Betriebsverfassungsgesetz und eventuelle tarifliche oder vertragliche Sonderregelungen von Belang.
Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Das Kündigungsschutzgesetz ist zugunsten der Arbeitnehmenden. Es regelt, wann und wie eine Kündigung sozial gerechtfertigt ist und stellt hohe Anforderungen. In der Regel gilt das KSchG für Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten und für Mitarbeitende nach sechs Monaten Beschäftigung.
Betriebsverfassungsgesetz (§111-112a BetrVG)
Bei Personalabbau schreibt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) eine enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat vor. Ab einer bestimmten Größenordnung (mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmende) muss der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über geplante Maßnahmen informieren.
Ist eine sogenannte Betriebsänderung (z. B., Stilllegungen, Verlagerungen oder größere Umstrukturierungen) geplant, muss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat einen Interessensausgleich und einen Sozialplan verhandeln.
Achtung: Wer den Betriebsrat umgeht, riskiert Nachteilsausgleichsansprüche der betroffenen Beschäftigten.
Tarifliche und vertragliche Sonderregelungen
Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz sind oft zusätzliche Hürden zu beachten: Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können bestimmte Arbeitnehmende als „unkündbar“ einstufen. Auch Standortsicherungsvereinbarungen schließen betriebsbedingte Kündigungen zeitlich befristet aus.
Für Arbeitgeber bedeutet das: Eine ordentliche Kündigung ist in solchen Fällen meist nicht möglich. Alternativen sind außerordentliche Kündigungen mit Auslauffrist oder freiwillige Aufhebungsverträge. Eine sorgfältige rechtliche Prüfung ist hier unerlässlich.

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Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung zulässig?
Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur rechtswirksam, wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift. Sie müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
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- Dringender betrieblicher Grund: Wegfall des Arbeitsplatzes aufgrund von unternehmerischer Entscheidung (z. B. Standortschließung).
- Keine Weiterbeschäftigungsoption: Es darf keine andere freie und zumutbare Stelle für den Arbeitnehmer im Unternehmen geben.
- Interessenabwägung: Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen müssen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.
- Sozialauswahl: Unter vergleichbaren Beschäftigten muss der Arbeitgeber den Personen kündigen, die sozial am wenigsten schutzwürdig sind.
Kriterien bei Sozialauswahl | |
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Betriebszugehörigkeit | Je länger im Unternehmen, desto größer der Kündigungsschutz |
Alter | Je älter eine Person, desto höher der Schutz |
Unterhaltspflicht | Personen, die Unterhalt für Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zahlen, sind schutzwürdiger. |
Schwerbehinderte | Stark erhöhter Kündigungsschutz |
Formvorschriften bei Personalabbau
Eine Kündigung muss stets schriftlich per Kündigungsschreiben mit Unterschrift erfolgen. Eine bloße E-Mail oder WhatsApp-Nachricht ist unwirksam, da die elektronische Form ausgeschlossen ist. Wichtig ist außerdem, dass die Kündigung die betroffene Person tatsächlich erreicht – erst dann beginnt die dreiwöchige Klagefrist beim Arbeitsgericht.
Risiken für Arbeitgeber
Betriebsbedingte Kündigungen sind für Arbeitgeber risikobehaftet, denn Fehler sind teuer und sorgen dafür, dass Kündigungen nichtig werden. Typische Fehler sind beispielsweise:
- Zu spätes oder fehlendes Einbeziehen des Betriebsrats,
- eine fehlerhafte Sozialauswahl,
- unklare Dokumentation und
- eine Kündigungsschutzklage vor Gericht.
Arbeitgeber sollten daher jede betriebsbedingte Kündigung sorgfältig vorbereiten und im Zweifel anwaltlich prüfen lassen – nur so lassen sich teure Fehler vermeiden.
Sozialplan & Abfindung – Pflicht oder freiwillig?
Ein Sozialplan ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, der regelt, wie die wirtschaftlichen Nachteile einer Kündigung für die Beschäftigten reduziert werden. Er wird nach dem Betriebsverfassungsgesetz erforderlich, wenn eine Betriebsänderung (z. B. größerer Personalabbau aufgrund von Standortschließung) geplant ist. In anderen Fällen ist ein Sozialplan von Schwellenwerten abhängig:
Bis zu 59 Angestellte | 20 Prozent oder mindestens 6 Arbeitnehmende |
60–249 Angestellte | 20 Prozent oder mindestens 37 Arbeitnehmende |
250–499 Angestellte | 15 Prozent oder mindestens 60 Arbeitnehmende |
Ab 500 Angestellten | 10 Prozent oder mindestens 60 Arbeitnehmende |
Sind größere Umstrukturierungen geplant, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat früh genug informieren und einen Interessenausgleich aushandeln. Darin legen beide Seiten verbindlich fest, ob, wann und in welcher Form der Personalabbau erfolgt. Parallel verhandeln die beiden Parteien einen Sozialplan mit konkreten Ausgleichsmaßnahmen wie Abfindungen, aber auch Weiterbildungen.
Fazit: Personalabbau strategisch und rechtssicher gestalten
Ein geplanter Personalabbau ist für Unternehmen eine große Herausforderung – rechtlich wie organisatorisch.
Arbeitgeber sollten frühzeitig klare Ziele definieren, Alternativen prüfen und einen strukturierten Zeitplan aufsetzen. Besonders wichtig: Betriebsrat und Mitarbeitende transparent einbinden, gesetzliche Vorgaben wie Sozialauswahl und Formvorschriften einhalten sowie mögliche tarifliche Sonderregelungen beachten.
Fehler bei der Umsetzung – etwa bei der Sozialauswahl oder in der Kommunikation – führen schnell zu unwirksamen Kündigungen, Nachzahlungen oder Imageschäden. Deshalb gilt: Frühzeitige, fachkundige arbeitsrechtliche Beratung ist nicht Kür, sondern Pflicht – und oft der entscheidende Faktor für einen rechtssicheren und fairen Abbauprozess.
¹ Quelle: Businssinsider