Der Grüne-Bananen-Effekt: Mit Lead-Nurturing zum Erfolg

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„Die Leads sind Schrott, mit denen kann ich nichts anfangen.” Kennen Sie diesen Satz aus dem Vertrieb? Damit beginnen oft müßige Diskussionen über die Qualität der Leads zwischen Marketing und Vertrieb. Das Marketing ist dann sauer, weil sie diese neuen Leads mit viel Aufwand generiert haben und ihre Leistung vom Vertrieb nicht gewürdigt sehen. Sie vermuten, dass der Vertrieb sich nicht richtig um die Leads kümmert und eigentlich am liebsten die fertigen Abschlüsse auf dem Silbertablett präsentiert bekommen möchte. Sind die Leads jetzt Schrott oder macht der Vertrieb seinen Job nicht richtig?

Die Qualität von Leads ist kein absoluter Zustand. Entscheidend ist, in welchem Stadium des Kaufprozesses sich der Interessent bewegt. Ein Interessent, der sich schon ausgiebig mit einem Angebot befasst hat und nur noch letzte Informationen möchte, wird für eine Kontaktaufnahme durch den Vertrieb viel empfänglicher sein, als ein Interessent, der gerade erst beginnt, sich mit dem Thema zu beschäftigen.
Ich vergleiche das mit einer grünen Banane. Wenn Sie eine grüne Banane öffnen und hineinbeißen, wird sie Ihnen wahrscheinlich nicht schmecken. Dafür kann die Banane aber nichts, Sie haben einfach zu früh hineingebissen. Die Banane braucht die Reisezeit von Südamerika bis zu uns, um zu reifen. So verhält es sich auch mit Interessenten. Die meisten Leads sollten reifen, bevor sie vom Vertrieb kontaktiert werden.

Die Digitalisierung und das Internet haben das Kaufverhalten drastisch verändert. Interessenten suchen und entscheiden heute anders. Im ersten Schritt ihres Kaufprozesses suchen sie nach einer Lösung für eine aktuelle Aufgabenstellung. In dieser Phase wollen sie nicht vom Vertrieb kontaktiert werden, sondern sich erst einmal informieren. Eine Studie von Forrester postuliert sogar: „1 Million US B2B Vertriebsmitarbeiter:innen werden bis 2020 ihren Job an „Self Service“ verlieren.” (Quelle: Forrester Report „Death of a (B2B) Salesman”)

Wenn Interessenten bei Ihnen Informationen anfordern, sollten Sie also definierte Prozesse anbieten, mit denen Sie Ihre Interessenten reifen lassen können. Dieser Vorgang nennt sich „Lead-Nurturing”.

Definition Lead-Nurturing

Der Begriff „Lead Nurturing” beschreibt, wie man einem Interessenten die richtigen, relevanten Informationen zum richtigen Zeitpunkt anbietet, um ihn so bis zur „Kaufreife” zu  entwickeln. Die meisten Unternehmen übergeben Leads ohne Qualifizierung direkt an den Vertrieb. Das ist nicht nur wenig erfolgsversprechend, dieses Vorgehen hinterlässt auch Spuren. Der Vertrieb ist frustriert und verweigert nicht selten die Bearbeitung dieser Leads. Interessenten wiederum fühlen sich oft bedrängt und ziehen sich zurück. Lead-Nurturing Prozesse entwickeln Interessenten vom Erstkontakt bis zur Vertriebs- bzw. Kaufreife. Lead-Nurturing Prozesse können Sie für verschiedene Aufgaben einsetzen:

  • Welcome-Nurture: Mit diesem Nurture empfangen Sie neue Interessenten und führen sie bis zur Vertriebsreife.
  • Messe-Nurture: Die Hauptaufgabe des Messe-Nurtures ist die Nachbearbeitung der Messekontakte. Sie können den Nurture aber auch nach vorne verlängern und damit Besucher auf Ihren Messestand einladen.
  • Wake up Nurture: Mit diesem Nurture reaktivieren Sie Interessenten, die Sie in der Vergangenheit erfolglos kontaktiert haben.
  • Up/Cross Sell Nurture: Bestandskunden und Bestandskundinnen sprechen Sie mit diesem Lead-Nurturing Prozess an, um ihnen weitere, höherwertige Produkte oder Serviceleistungen anzubieten.

Für viele Anwendungsfälle können Sie Lead-Nurturing Prozesse definieren. Um in diesen Prozessen weitere Informationen über den Interessenten zu bekommen, können Sie in jeder Stufe Fragen stellen und mit verschiedenen Informationsangeboten „Weichen” aufbauen. Das können Themen-, Branchen-, Anwendungs- oder Produktweichen sein, die Ihnen weitere Informationen über den Lead liefern. Um die schon zu Beginn des Prozesses vertriebsreifen Leads zu identifizieren, können Sie in jeder Stufe eine „Sales fast lane“ einbauen, die direkt zum Vertrieb führt. So verpassen Sie auch keine „heißen” Leads.

Die technische Basis für Lead-Nurturing Prozesse sind Marketing-  bzw. Sales-Automation Plattformen. Bei der Anfrage des Interessenten werden seine Daten in diese Plattform übertragen und ein Profil erstellt. Dann startet ein Lead-Nurturing Prozess und versendet die angeforderten Informationen. Nach einer definierten Zeit erhält die interessierte Person ein weiteres, aufbauendes Informationsangebot (Leitfaden, Whitepaper, Video, usw.) auf einer Landingpage angeboten. Nimmt er dieses Angebot an und gibt dabei vielleicht noch weitere Daten an, wird sein Profil erweitert. Basierend auf seinen Informationsanforderungen und Angaben, können weitere Angebote ausgelöst werden. Das ist Marketing-Automation. Diese Plattformen funktionieren nach dem „Wenn/Dann”-Prinzip. In jedem Prozess definieren Sie den Übergabepunkt an den Vertrieb. Erreicht der Lead diesen Punkt, wird er automatisiert per E-Mail oder Schnittstelle zum CRM-System an den Vertrieb übergeben.

Sie können aber auch für die Vertriebsphase Lead-Nurturing Prozesse aufbauen. Im Vertrieb gibt es immer wieder Phasen, in denen der Vertriebler oder die Vertrieblerin auf eine Aktion (z. B. Erstellung Anforderungskatalog) der potenziellen Kunden und Kundinnen warten muss. In diesen Phasen ist es wenig zielführend, die Kundschaft mit Anrufen zu nerven. Sie können dem Interessenten aber wichtige Informationen für die Erledigung dieser Aktion (z. B. „Leitfaden für die Erstellung eines Anforderungskatalogs”) per Lead-Nurturing Prozess zukommen lassen. Diese Prozesse löst der Vertrieb bei Bedarf aus. Hier sprechen wir von Sales-Automation.

Fazit
Vermeiden Sie den „Grüne Bananen Effekt” bei Ihren Leads. Wenn Sie Ihren Interessenten für jede Stufe des Kaufprozesses relevanten Content anbieten und sie damit durch den Kaufprozesses führen, entwickeln Sie Ihre Interessenten bis zur Vertriebs- bzw. Kaufreife und unterstützen Ihren Vertrieb mit qualifizierten Leads. Das verkürzt die Akquisitionszeit im Vertrieb und steigert die Erfolgsquote. Ein nicht zu unterschätzender positiver Nebeneffekt: Sie optimieren damit auch die Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb.

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Über den:die Autor:in

Norbert Schuster

Norbert Schuster ist Referent, Trainer und Coach für die Themen Leadmanagement, Marketing-Automation und Inbound-Marketing. Zusätzlich ist er Berater für Strategie- und Konzeptentwicklung und Autor mehrerer Fachbücher über Social-Media, Inbound-Marketing und Leadmanagement.

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