Erstmals Vorgesetzte: Die sieben Energieräuber

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Leseprobe aus Seminarunterlage „Erstmals Vorgesetzte

Hier finden Sie einen exemplarischen Auszug aus der Seminarunterlage. Gewinnen Sie so Eindrücke zum Seminar bzw. von einem im Seminar behandelten Teilaspekt des Themas.

Für Frauen sind Führungsjobs oft so kraftraubend, weil Frauen sie so kraftraubend machen. Sie arbeiten zu viel, investieren zu viel Zeit in Unnötiges, kurz: Sie lassen sich zu viel Energie stehlen! Viele Frauen nehmen Überstunden, Überforderung, Stress, Druck und Ärger als Preis der Führungsposition hin – anstatt zu bemerken, dass sie sich einfach nur Zeit und Energie rauben lassen!

Und warum? Weil sie oft:

  1. perfekt sein wollen,
  2. kraftraubende Self-Management-Strategien benutzen,
  3. indirekt kommunizieren,
  4. everybodys Darling sein mögen,
  5. die Unersetzliche spielen,
  6. auf Teufel komm raus teamorientiert sein wollen und
  7. lieber etwas tun, anstatt darüber zu reden.

1. Perfektionismus

Beobachten Sie mal Kinder im Schwimmbad. Die Jungs stürmen herein, schmeißen ihr Handtuch irgendwohin und sind so schnell wie möglich im Wasser. Bei Mädchen aber werden Sie meist beobachten, dass diese zuerst fein säuberlich ihr Handtuch ausbreiten, bevor sie zum Schwimmen gehen. Frauen wird der Perfektionismus von klein an eingetrichtert. Dies hat zwei Nachteile:

  • Perfektionismus wird im Business selten verlangt oder gar belohnt.
  • Er ruiniert Ihre Gesundheit.

Beispiel
Eine weibliche Führungskraft bereitet eine Präsentation vor. Sie steckt mehrere Tage Arbeit in die Erstellung von Grafiken, Tabellen und einen perfekten Ablauf. Ein männlicher Kollege hingegen nimmt ein paar beispielhafte Tabellen aus anderen Zusammenhängen und benötigt ca. 2 Stunden zur Vorbereitung seiner Präsentation. Beide erhalten vom Vorstand für ihre Präsentation Beifall, denn es sollte lediglich der Stand von einem laufenden Projekt vorgestellt werden. Es war keine Doktorarbeit verlangt.

Was Sie zu viel an Zeit investieren, geht zu Lasten Ihres persönlichen Zeitkontos – Ihres Privatlebens, Ihrer Gesundheit, Ihrer Karriere. Lernen Sie, aufzuhören! Das dauert und geht nur in kleinen Schritten voran. Mal ein bisschen früher aufhören zu arbeiten, öfter mal was delegieren, eine Aufgabe mal „nur” erledigen.

Leseprobe aus Seminarunterlage "Erstmals Vorgesetzte"

Führungstraining für Frauen

Dieses Training wendet sich speziell an Frauen kurz vor oder nach erstmaliger Übernahme von Führungsverantwortung. Für Frauen in Führungspositionen ist es wichtig, sich der Führungsrolle bewusst zu werden, Klarheit über ihr Führungsverhalten zu erlangen und ihren individuellen Führungsstil zu finden. In diesem Training erhalten Sie einen Überblick über die vielfältigen Anforderungen an weibliche Führungskräfte und lernen, authentisch und sicher zu führen.

Perfektionismus ist sehr anstrengend und den Drang zum Perfektionismus zu verlieren, ist ein Prozess. Geben Sie sich Zeit, aber achten Sie stets darauf, wann Sie wirklich etwas leisten, was ihr Job von Ihnen verlangt – und wann Sie einfach nur Ihr persönlicher Perfektionismus treibt.

2. Kraftraubende Self-Management-Strategien

Es gibt viele Verhaltensweisen (Strategien), die äußerst kraftraubend und wenig zielführend sind. Wie oft haben Sie schon Ihren Schlüssel (Brille, Lippenstift, Handy) gesucht, sind durchs ganze Haus gerannt und haben sich geärgert, bevor Sie sich angewöhnt haben, den Schlüssel einfach immer an derselben Stelle zu deponieren?

Die häufigsten kraftraubenden Strategien finden sie hier:

  • Sich verbeißen
    Sobald sie merken, dass Sie sich in ein Problem verbeißen, hören Sie sofort auf und verordnen Sie sich selbst eine Denkpause. Sie werden sehen: Danach geht es oft viel leichter!
  • Schuldgefühle
    haben Frauen häufiger als Männer. Der Familie gegenüber, wenn sie zu lange arbeiten, der liegengebliebenen Arbeit und den Kollegen gegenüber, wenn sie heimgehen zu Mann und Kindern.

Klären Sie für sich Ihre Prioritäten und teilen Sie diese Ihren Kollegen und Ihrer Familie klar, direkt und höflich mit. Sie werden sehen, dass jeder Verständnis hat, wenn Sie Ihre Prioritäten verständlich machen.

  • Selbstvorwürfe
    Wenn etwas nicht wie geplant klappt, machen sich Frauen schnell selbst Vorwürfe. Männer tendieren viel eher dazu, die Schuld auf die Umstände oder andere zu schieben und ihre Erfolge zu sehen.

Gegen Selbstvorwürfe hilft nur ein gesundes Selbstwertgefühl.

  • Ärger
    ist im Business vorprogrammiert. Versuchen Sie nicht, den Ärger zu unterdrücken, sondern versuchen Sie die Ursache des Ärgers zu finden und das Problem zu lösen – durch Änderungen der Abläufe, der Dienstpläne, durch Gespräche mit den Beteiligten. Wenn das nicht geht, sprechen Sie mit Ihrer besten Freundin, tun Sie alles, was Sie vom Ärger befreit. Betreiben Sie bewusst Psychohygiene!
  • Der falsche Job oder die falsche berufliche Umgebung
    Manchmal ist die berufliche Situation an und für sich kraftraubend. Sind Sie sich selbst gegenüber ehrlich: Befinden Sie sich im richtigen Umfeld, im richtigen Job?
  • Negative Suggestionen
    Aussagen wie „Das schaff’ ich sicher nie!“ oder „Das geht sicher schief!“ hindern Sie daran, Ihre Fähigkeiten voll auszuschöpfen. Sie stellen sich selbst ein Bein und rauben sich Kraft. Auch hier hilft nur das gesunde Selbstwertgefühl.

Alle diese Strategien hängen eng mit dem eigenen Selbstwertgefühl zusammen. Je stärker und gesünder dieses ist, desto weniger benötigen Sie diese Strategien. Steigern Sie also einfach Ihr Selbstwertgefühl, indem Sie die drei Säulen des Selbstwertgefühls steigern:

  • Die Ich-Identität
    Stehen Sie zu sich selbst. Vergleichen Sie sich nicht mit anderen. Akzeptieren Sie sich selbst und schalten Sie Ihren inneren Kritiker mal ab und zu ab.
  • Ich-Balance
    Lernen Sie Ihre Stärken und Schwächen genau kennen. Versuchen Sie Ihre kleinen Schwächen nicht zu vergrößern und heben Sie Ihre vielen Stärken hervor. Dann wirft Sie auch Kritik nicht mehr schnell um.
  • Ich-Stärke
    Sagen Sie auch mal Nein. Vertreten Sie sich und Ihre Meinung auch nach außen, setzten Sie sich durch. Keine Angst: Wenn Sie sich und Ihre Meinung höflich aber bestimmt nach außen vertreten, werden Sie nicht dafür gestraft. Im Gegenteil: Ihnen wird Respekt und Achtung zu teil werden.

3. Indirekte Kommunikation

Im Business ist Kommunikation durch die Blume nicht höflich, sondern ganz im Gegenteil unhöflich. Ihre Mitarbeiter wissen nämlich so nicht, was Sie von ihnen verlangen. Geben Sie Ihren Mitarbeitern die Chance, ihre Arbeit professionell und termingerecht zu erledigen: Geben Sie ihnen klare Anweisungen!

Beispiel
Sie sagen Ihren Mitarbeitenden: „Bitte erledigen Sie das zügig. Ich brauche die Ergebnisse schnell.“ Nach 2 Tagen sind Sie auf 180 und stellen ihn zur Rede: „Wo bleiben die Ergebnisse, die ich heute Nachmittag haben wollte?“ „Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?“ „Ich sagte doch, dass es eilt!“ „Ja, aber ich dachte, Sie meinten damit bis Ende der Woche!“ „Nein, ich meinte bis heute Nachmittag!“ „Warum haben Sie das denn nicht gleich gesagt?“

Solche Missverständnisse aufgrund indirekter Kommunikation passieren immer wieder und kosten alle Beteiligten viele Nerven. Je genauer Sie Angaben zu Inhalten, Zielen und Zeiten machen, desto weniger Ärger bekommen Sie mit den Ergebnissen.

Gewöhnen Sie sich verbale Indirektheiten ab und sagen Sie klar, direkt und mit einem freundlichen Ton, was Sie von Ihren Mitarbeitern erwarten.

4. Everybodys Darling

Frau kann es nicht jedem recht machen. Und wenn sie es doch versucht, verliert sie viel Zeit und Energie. Klar wollen Sie Anerkennung von Ihren Vorgesetzten und Mitarbeitenden, aber die erhält frau eher durch ein gesundes Selbstwertgefühl, denn dadurch es allen recht machen zu wollen.

5. Die Unersetzliche

Am liebsten wollen Frauen alles selbst machen und nichts delegieren – obwohl es ihnen gleichzeitig nicht ganz geheuer ist. Aber warum machen Sie es dann? Weil sie oftmals unentbehrlich sein wollen oder sich unentbehrlich fühlen! Denn wer unersetzlich ist, bekommt viel Aufmerksamkeit und Anerkennung. Die Angst vor der Bedeutungslosigkeit macht Sie aber kaputt, denn Sie können nicht alles selbst erledigen.

Ein Weg, um dem Drang, sich unentbehrlich zu machen, zu entkommen, bietet das Reframing. Der bewusste Wechsel der Sichtweise ermöglicht Ihnen einen erweiterten Blickwinkel einzunehmen.

Beispiel
Sie fürchten, Ansehen zu verlieren, wenn Sie Mitarbeitern Aufgaben und damit Erfolg zukommen lassen. Aus einer anderen Perspektive kann frau aber auch sagen, dass Sie dadurch in keiner Weise Ansehen verlieren, sondern Respekt und Bedeutung gewinnen. Denn Sie haben den Mitarbeiter befähigt, diese Aufgaben zu bewältigen. Damit läuft Ihre Abteilung besser und Sie erhalten Ansehen vor Ihren Vorgesetzten und Kollegen. Und das Abgeben von Routineaufgaben gibt Ihnen wieder mehr Zeit und
Energie.

6. Überzogene Teamorientierung

Frauen wollen immer alle ins Boot holen und ja niemanden übergehen. Daher fragen Sie oftmals viel zu viel nach. Ob diese Aktion für alle im Team tragfähig ist, ob mit jener Entscheidung alle zufrieden sind. Andauernd jedes einzelne Teammitglied im Auge zu behalten und mit einzubeziehen kostet Sie viel Energie.

Es kann Ihren Angestellten sogar auf die Nerven gehen: „Immer diese Endlosdiskussionen. Kann nicht einfach mal jemand eine Entscheidung treffen? Unsere Chefin zu Beispiel?“ Denn dazu sind Sie da! Und Ihre Mitarbeiter sind Ihnen dankbar, wenn Sie ihnen die alltäglichen, lästigen Entscheidungen abnehmen.

Beachten Sie, dass beides wichtig ist: Seien Sie teamorientiert, wenn das vom Team gewünscht wird und fällen Sie selbständig Entscheidungen, wenn dies sinnvoller und effektiver ist.

7. Tun statt Reden

Frauen erledigen Sachen oft lieber selbst, bevor Sie lange darüber diskutieren. Gerade, wenn ein Mitarbeiter partout nicht versteht, worum es Ihnen geht oder wenn fehlerhafte Arbeit abgeliefert wird. Sie erledigt das dann lieber selbst, bevor sie mühsame und zeitaufwendige Gespräche führt.

Dieses Vorgehen ist aber sehr kurzfristig gedacht. Denn zum einen ist es sehr anstrengend, wenn frau alles selbst erledigt. Zum anderen geraten Sie schnell in einen Teufelskreis, der kraftraubend ist: Sie erziehen Ihre Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden dazu, Ihnen ihre Arbeit aufzudrängen. Schnell gelangen diese zu der Überzeugung: „Wenn ich mich blöd (also schlau) genug anstelle, macht die Chefin alles selbst.“

Machen Sie Ihren Mitarbeitern klar, dass sie für ihre Arbeit selbst gerade stehen müssen. Wenn Sie die Arbeit Ihrer Mitarbeiter auch noch machen, verlieren Sie viel Energie und Lebensfreude. Sie werden sich zwar erst daran gewöhnen müssen, nicht mehr alles zu erledigen, aber auf Dauer ist das unumgänglich.

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Über den:die Autor:in

Nadja Raslan

Studium der Betriebswirtschaft mit Fokus Personal, Betriebspsychologie, Steuern. Langjährige Beraterin und Trainerin zu den Themen Führung, Kommunikation, Konflikt, Team, Assessment Center. Systemischer Coach, Supervisor. Fortbildung in NLP, TA, Kinesiologie, Mediation. Fachbuchautorin.

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