So gelingt erfolgreiches BGM für Blue-Collar-Fachkräfte

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„Wer glaubt, keine Zeit für seine Gesundheit zu haben, wird früher oder später Zeit zum Kranksein haben müssen.” (Chinesisches Sprichwort) Viele Unternehmen haben mittlerweile erkannt, dass es sich lohnt, in die Gesundheit der Beschäftigten zu investieren. Durch ein gut aufgestelltes BGM sind neben einer höheren Produktivität und weniger Fehlzeiten auch eine steigende Mitarbeiterbindung und ein positives Employer Branding zu erwarten.

Dabei sind ein Yoga-Angebot im Büro und ergonomische Stuhl- und Arbeitsplatzeinstellungen nur zwei von zahlreichen Möglichkeiten, um für die Gesundheit der Mitarbeitenden am Büroarbeitsplatz zu sorgen. Doch welche Maßnahmen eignen sich bei sogenannten Blue-Collar-Fachkräfte (oder auch Deskless Workers), die u.a. am Fließband, im Außendienst oder in Pflegeberufen arbeiten? Diese Berufsgruppen zielgerecht zu erreichen, stellt viele BGM-Verantwortliche vor Herausforderungen.

Herausforderungen des BGM für Blue-Collar-Fachkräfte

Die Gruppe der Blue-Collar-Belegschaft unterscheidet sich von klassischen Büromitarbeitenden: Es handelt sich um Arbeitskräfte, die bei ihrer Arbeit in der Regel verstärkt körperliche Aktivität ausüben. Außerdem sind Blue-Collar-Fachkräfte häufig im Schichtbetrieb außerhalb der regulären Arbeitszeit tätig und verfügen weder über einen festen Arbeitsplatz noch über einen PC. Auch in Hinblick auf die Kultur und den Zugang zu Gesundheitsversorgungen gibt es Unterschiede.

Grundlegend für den BGM-Erfolg ist, dass diese spezifischen Herausforderungen bei der Planung, Organisation und Kommunikation berücksichtigt werden. Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung müssen also einerseits unter Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen von Deskless Workers konzipiert und andererseits zielgruppengerecht organisiert und kommuniziert werden.

Wie kann man Deskless Workers erreichen? Die Kommunikation ist entscheidend!

Die erste Hürde ist oftmals mangelnder Informationsfluss aufgrund fehlender Kommunikationskanäle, denn der Zugang zu Unternehmens-E-Mails oder Intranet-Plattformen ist bei Mitarbeitenden ohne Bildschirmarbeitsplatz nur bedingt vorhanden.

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Maßnahmen wie Flyer, Vorträge und Veranstaltungen gelten bekanntlich als zuverlässige, jedoch alleinwirkend wenig erfolgsversprechende Mittel, um Mitarbeitende zu Maßnahmen der BGF zu informieren und zu motivieren. Es ist höchste Zeit, sich Ergänzungen zu suchen und auch den digitalen Raum zu erobern. Dies kann beispielsweise mit Apps gelingen. Damit werden auch Mitarbeitende, die im Arbeitsalltag wenig Berührungspunkte mit Computern und Co. haben, erreicht.

Weitere Möglichkeiten sind:

  • Regelmäßige Team-Meetings: Diese fördern den persönlichen und informativen Austausch.
  • Digitale oder analoge Informationsboards: Diese können genutzt werden, um wichtige Botschaften, Updates und Veranstaltungen zu kommunizieren.
  • Social-Media-Plattformen: Auf LinkedIn, XING oder Instagram und Co. können Updates in Echtzeit geteilt werden.
  • Last but not least: Nichts ersetzt den persönlichen Austausch und fördert die Mitarbeitermotivation so sehr wie persönliche Ansprache und Feedback.

Eine effektive Kommunikation über unterschiedliche Kanäle trägt dazu bei, dass Blue-Collar-Fachkräfte mit höherer Wahrscheinlichkeit aktiv am BGM teilnehmen und langfristig von den Maßnahmen profitieren können.

Praktische Ansätze zur Gesundheitsförderung

Eine gute Kommunikation allein reicht nicht aus. Mindestens ebenso wichtig ist, dass die Konzeption und praktische Umsetzung von BGF-Maßnahmen sich an den spezifischen Arbeitsbedingungen der Deskless Workers orientiert. Eine enge Zusammenarbeit mit Betriebsärzt:innen, Ergonomie-Expert:innen und Mitarbeitervertretungen kann bei der Gestaltung wirksamer BGF-Programme hilfreich sein.

Bei der Auswahl der Maßnahmen sollten BGM-Beauftragte daher folgende Punkte beachten:

  1. Bedarfsanalyse: Vor welchen Herausforderungen stehen Blue-Collar-Fachkräfte? Diese variieren von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz. Es gilt, Arbeitsbedingungen und Risikofaktoren zu identifizieren.
  2. Programmentwicklung: Eine Patentlösung für alle Fälle gibt es nicht. BGM-Programme sollten auf die Bedürfnisse und Arbeitsumstände der Deskless Workers zugeschnitten sein.
  3. Awareness: Schulungen und Infoveranstaltungen, Push-Meldungen – all das kann eingesetzt werden, um Mitarbeitende für die Bedeutung ihrer Gesundheit zu sensibilisieren.
  4. Feedback und Qualitätssicherung: Kommunikation ist keine Einbahnstraße: Was funktioniert, was fehlt? Das wissen die Blue-Collar-Mitarbeitenden selbst am besten.

Die zwei weiteren Säulen des BGM

Ein erfolgreiches BGM besteht selbstverständlich nicht nur aus Einzelmaßnahmen der Gesundheitsförderung. Auch der Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) sind wichtige Säulen. Zusammen ergeben die drei Säulen ein stabiles Fundament für ein effektives BGM – auch bzw. gerade für Blue-Collar-Mitarbeitenden.

Eine wichtige Maßnahme im Arbeits- und Gesundheitsschutz sind speziell bei Deskless Workers vor allem regelmäßige Schulungen in Bezug auf Arbeitssicherheit und Gefahrenprävention. Diese sollten auf die spezifischen Gefahren und Risiken der jeweiligen Tätigkeiten abgestimmt sein. Führen Sie daher regelmäßige Risikobewertungen durch, um diese zu identifizieren. Unerlässlich ist auch die Bereitstellung einer persönlichen Schutzausrüstung, die klare Kennzeichnungen von Gefahrenzonen und -materialien sowie die Kommunikation von Sicherheitsrichtlinien und Notfallplänen.

Sollten Mitarbeitende trotz aller präventiven Maßnahmen erkranken, kommt das BEM zum Einsatz. Das BEM ist ein wichtiges Instrument, um Mitarbeitende nach längerer Krankheit oder aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen erfolgreich wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren. Da Blue-Collar-Mitarbeitende oft in physisch anspruchsvollen Umgebungen arbeiten, können beispielsweise Anpassungen des Arbeitsplatzes oder der Tätigkeiten notwendig sein, um die individuellen gesundheitlichen Einschränkungen zu berücksichtigen. Die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Mitarbeitenden sollten in jedem Fall thematisiert werden, um passende Eingliederungsmaßnahmen zu entwickeln.

Spielraum für BGM-Beauftragte

Die Blue-Collar-Mitarbeitenden zu erreichen, ist herausfordernd, aber nicht unmöglich! Deskless Workers sind ein wichtiger Teil der Arbeitnehmerschaft, der genauso vom BGM profitieren sollte wie die Kolleg:innen am Schreibtisch. Durch die körperliche Belastung ist ihre Gesundheit besonders gefordert. Um den Herausforderungen zu begegnen, bieten sich verschiedene Strategien und Maßnahmen aus den drei genannten Säulen an. Wichtig ist hierbei immer, die BGM-Maßnahmen zielgruppenorientiert auszuwählen und umzusetzen. Allgemeine Maßnahmen für alle Mitarbeitenden gleichermaßen anzubieten, ohne die individuellen Bedürfnisse oder Präferenzen zu berücksichtigen, führt mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu, dass die Wirksamkeit der Maßnahmen insgesamt geringer ausfällt.

Konkrete Maßnahmen für Blue-Collar-Mitarbeitende

Was sind denn aber nun konkrete Maßnahmen, die Blue-Collar-Mitarbeitenden angeboten werden können?

Ergonomie am Arbeitsplatz: Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Produktion oder im Außendienst kann die ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsmitteln helfen, Verletzungen und Belastungen zu minimieren. Hierzu gehören ergonomische Werkzeuge, korrekte Hebe- und Tragetechniken sowie Schulungen zur Körperhaltung.

Gesundheitsschulungen: Schulungen zu Themen wie Stressbewältigung und Ernährung können den Mitarbeitenden helfen, ihre Gesundheit besser zu verstehen und entsprechende Maßnahmen im, beispielsweise durch Schichtarbeit unregelmäßigen, Arbeitsalltag umzusetzen.

Bewegungsförderung: Aktive Pausen, kurze Dehnübungen oder Möglichkeiten zur regelmäßigen Bewegung können in den Arbeitsalltag integriert werden, um Muskelverspannungen und Steifheit zu vermeiden.

Gesunde Ernährung: In Bereichen, in denen Arbeitszeiten unregelmäßig sind oder Mahlzeiten eingeschränkt zur Verfügung stehen, können Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Ernährung unterstützen. Das können beispielsweise gesunde Snack-Optionen oder Zugang zu Trinkwasser sein.

Psychische Gesundheit: Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit sind besonders relevant für Deskless Workers, die möglicherweise unter hohem Druck oder in isolierten Arbeitsumgebungen arbeiten. Angebote wie Entspannungstechniken, Stressmanagement-Workshops oder psychologische Beratung können hier hilfreich sein.

Gesundheitschecks: Regelmäßige Gesundheitschecks, Untersuchungen und Screenings können dazu beitragen, potenzielle Gesundheitsprobleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Teamaktivitäten: Gemeinsame sportliche Aktivitäten oder gesundheitsbezogene Wettbewerbe können den Teamgeist stärken und gleichzeitig zur Bewegung anregen. Ein Beispiel: in einer Health-App werden in einem bestimmten Zeitraum per Schrittzähler-Funktion die Schritte von zufällig zusammengelosten Teams gezählt: das Team mit den meisten Schritten gewinnt. Auch die Aktion „Stadtradeln“ bedient sich erfolgreich solcher Elemente: Hier können Mitarbeitende Fahrradkilometer für ihr Unternehmen sammeln. Das motiviert dazu, Wege mit dem Fahrrad zu fahren, die man ansonsten vielleicht mit dem Auto gefahren wäre, fördert damit die Gesundheit – und macht Spaß!

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Über den:die Autor:in

Dr. Stefanie Schüler-Hammer

Forschungstätigkeit zu Gesundheit  am Arbeitsplatz. Promoviert zu  Betrieblicher Gesundheitsförderung  im Setting Hochschule. Produktmanagerin  der Haufe Akademie für Gesundheits- und Personalthemen.

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