Ob du gerade deine Ausbildung startest, als Betrieb ausbilden möchtest oder dich beruflich weiterentwickeln willst – das Berufsbildungsgesetz (BBiG) bildet das rechtliche Fundament für deine berufliche Zukunft. Aber was bedeutet das konkret für dich? Welche Rechte und Pflichten hast du als Azubi? Was müssen Ausbildungsbetriebe leisten? Und welche Karrierewege eröffnet dir das BBiG nach der Ausbildung? In diesem Beitrag erfährst du alles Wichtige zum Berufsbildungsgesetz – kompakt, verständlich und praxisnah.
Hintergründe & Definition des BBiG
Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) ist das Fundament der beruflichen Ausbildung in Deutschland. Es schafft den rechtlichen Rahmen für die duale Berufsausbildung – also die Kombination aus betrieblicher Praxis und Berufsschule.
Das Gesetz ist seit 1969 in Kraft. Im Laufe der Jahre wurde das BBiG mehrfach an die Praxis angepasst. Die letzte große Reform 2020 brachte eine Mindestausbildungsvergütung und bessere Teilzeitmöglichkeiten. Die Änderungen von Juli 2024 schaffen ab 2025 neue Wege, berufliche Kompetenzen auch ohne klassische Ausbildung anerkennen zu lassen.
Im Arbeitsalltag bietet das BBiG folgende Vorteile:
- Das Berufsbildungsgesetz schützt Auszubildende vor zu langen Arbeitszeiten und sichert ihre Freistellung für die Berufsschule.
- Ein Ausbildungszeugnis nach dem BBiG öffnet bundesweit Türen – die Ausbildungsstandards gelten einheitlich in ganz Deutschland.
- Ausbildungsbetriebe erhalten klare Vorgaben, wie sie ausbilden müssen und welche Qualifikationen ihre Ausbilder:innen benötigen.
Ein Beispiel für einen dualen Ausbildungsberuf
Die Berufsausbildung als Kauffrau/Kaufmann für Büromanagement findet dual statt. Du fragst dich, welche Fähigkeiten gefragt sind, wie du dich weiterbilden kannst und was du verdienst?
Für wen gilt das BBiG?
Das BBiG zieht klare Grenzen zwischen verschiedenen Ausbildungsformen und schafft Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Hier erfährst du, welche Personengruppen und Einrichtungen das Berufsbildungsgesetz erfasst und welche nicht.
BBiG gilt für | Konkrete Regelungen |
---|---|
Auszubildende in anerkannten Ausbildungsberufen | sichert Rechte auf Vergütung, Urlaub und ausbildungsgerechte Tätigkeiten |
Ausbildungsbetriebe | verpflichtet zur Einhaltung von Ausbildungsstandards, egal, ob Großkonzern oder Kleinbetrieb |
Prüfungsausschüsse | regelt die Durchführung von Zwischen- und Abschlussprüfungen |
zuständige Stellen | meist Kammern, die Ausbildungsverträge registrieren und überwachen |
Fortbildung und Umschulung | umfasst nicht nur Erstausbildung, sondern auch Weiterbildung |
berufliche Kompetenzfeststellung | seit 2024 auch Regelungen für informell erworbene Kompetenzen |
Nicht vom BBiG erfasst sind Ausbildungen von Gesundheitsberufen und Beamt:innen. Diese haben eigene rechtliche Grundlagen. Ausbildungen, die keinen betrieblichen Ausbildungsanteil haben, unterliegen ebenfalls nicht dem Berufsbildungsgesetz. Nur teilweise gilt das Gesetz für Berufe der Handwerksordnungen.
Das regelt das BBiG
Das Berufsbildungsgesetz gibt klare Antworten auf die wichtigsten Fragen – sowohl für Auszubildende als auch für Betriebe und Prüfungsausschüsse.
Ausbildungsverträge
- Wie muss ein Ausbildungsvertrag aussehen und was muss er beinhalten?
- Wie lang darf die Probezeit sein?
- Wann und wie kann der Vertrag gekündigt werden?
- Wie viel Vergütung steht Azubis mindestens zu?
- Wann müssen Azubis für die Berufsschule freigestellt werden?
Rechte und Pflichten im Arbeitsalltag
- Was wird von Auszubildenden erwartet (z. B. das Führen des Berichtsheftes)?
- Was müssen Ausbildungsbetriebe leisten (z. B. alle Ausbildungsinhalte vermitteln)?
- Welche Tätigkeiten dürfen Azubis übertragen werden und welche nicht?
- Wie sind Arbeits- und Ausbildungszeiten geregelt?
Ausbildungsberufe
- Wie entstehen neue Ausbildungsberufe?
- Welche Inhalte sind Teil einer Ausbildung?
- Wie lang dauert die Ausbildung normalerweise?
- Wann kann eine Ausbildung verkürzt oder verlängert werden?
Wer darf ausbilden?
- Welche Qualifikationen brauchen Ausbilder:innen?
- Was muss ein Ausbildungsbetrieb bieten können?
- Wer kontrolliert, ob alles läuft wie vorgeschrieben?
Prüfungen
- Wie laufen Zwischen- und Abschlussprüfungen ab?
- Wer sitzt im Prüfungsausschuss?
- Wann wird jemand zur Prüfung zugelassen?
- Was passiert bei Nichtbestehen?
Weitere wichtige Punkte des BBiG
- Wie funktionieren Fortbildung und Umschulung?
- Welche Unterstützung gibt es vor der Ausbildung?
- Welche Regelungen gelten für Menschen mit Behinderung?
- In welchem Umfang werden ausländische Abschlüsse anerkannt?
- Neu seit 2024: Wie werden berufliche Kompetenzen anerkannt, auch ohne klassische Ausbildung?
Auf einen Blick: Rechte & Pflichten von Azubis laut BBiG
Die folgenden Tabellen geben dir einen schnellen Überblick über die wichtigsten Bestimmungen. So weißt du genau, was dir zusteht und was von dir erwartet wird.
Rechte von Auszubildenden
Kategorie | Recht |
---|---|
Vergütung und finanzielle Rechte | Anspruch auf angemessene Vergütung |
Mindestausbildungsvergütung, die jährlich steigt | |
Vergütungsfortzahlung bei Krankheit (bis zu 6 Wochen) | |
Vergütung auch für Berufsschultage und bei Freistellung für Prüfungen | |
Ausbildungsinhalte und -mittel | Recht auf ordnungsgemäße Ausbildung gemäß Ausbildungsordnung |
kostenlose Bereitstellung aller Ausbildungsmittel | |
keine Übertragung von ausbildungsfremden Tätigkeiten | |
Zeitliche Rechte | Freistellung für den Berufsschulunterricht |
Freistellung am Tag vor der schriftlichen Abschlussprüfung | |
Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeiten | |
Anspruch auf bezahlten Urlaub | |
Prüfungen | Zulassung zur Zwischen- und Abschlussprüfung |
zwei Wiederholungsversuche bei nicht bestandener Prüfung | |
Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung | |
Zeugnis | Anspruch auf Ausbildungszeugnis bei Beendigung |
auf Wunsch mit Angaben über Verhalten und Leistung | |
Weitere Rechte | Möglichkeit der Teilzeitausbildung |
Möglichkeit der Verkürzung der Ausbildungsdauer | |
Schutz vor Kündigung nach der Probezeit |
Pflichten von Auszubildenden
Kategorie | Pflicht |
---|---|
Lern- und Leistungspflichten | Bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben |
sorgfältige Ausführung der übertragenen Aufgaben | |
Teilnahme am Berufsschulunterricht | |
Teilnahme an Prüfungen und Ausbildungsmaßnahmen | |
Dokumentationspflichten | Führen von Ausbildungsnachweisen (Berichtsheft) |
Vorlage der Ausbildungsnachweise auf Verlangen | |
Verhaltenspflichten | Befolgen von Weisungen der Ausbildenden |
Einhaltung der Ordnung in der Ausbildungsstätte | |
pfleglicher Umgang mit Werkzeugen und Maschinen | |
Verschwiegenheit über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse | |
Meldepflichten | Meldung bei Fernbleiben von der Ausbildung |
Vorlegen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen |
Auf einen Blick: Rechte & Pflichten von Ausbildungsstätten laut BBiG
Wer ausbilden will, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen und Pflichten beachten. Das BBiG legt klar fest, was Betriebe leisten müssen und welche Rechte sie haben. Hier erfährst du mehr.
Was Betriebe leisten müssen laut BBiG
Ausbildungsbetriebe tragen eine große Verantwortung für die berufliche Zukunft ihrer Azubis. Das Gesetz verpflichtet sie zu:
- Ordnungsgemäßer Ausbildung: Vermittlung aller vorgeschriebenen Ausbildungsinhalte nach Plan
- Bereitstellung von Ausbildungsmitteln: Werkzeuge, Werkstoffe und Fachliteratur müssen kostenlos zur Verfügung stehen
- Freistellung für die Berufsschule: Azubis müssen für Schulbesuch freigestellt werden
- Zahlung einer angemessenen Vergütung: mindestens in Höhe der gesetzlichen Mindestvergütung
- Schutz vor ausbildungsfremden Tätigkeiten: keine Aufgaben, die nichts mit der Ausbildung zu tun haben
- Förderung der Persönlichkeitsentwicklung: charakterliche Förderung und Schutz vor Gefährdungen
- Zeugnis ausstellen: bei Beendigung der Ausbildung
Anforderungen an Ausbilder
Nicht alle dürfen ausbilden. Das BBiG stellt klare Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung von Ausbilder:innen.
Persönliche Eignung | Fachliche Eignung |
---|---|
keine Verstöße gegen das BBiG oder andere relevante Gesetze | berufs- und arbeitspädagogische Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten |
keine Beschäftigungsverbote für Kinder und Jugendliche | Abschluss in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung |
angemessene Zeit praktischer Berufserfahrung | |
Nachweis durch die Ausbilder-Eignungsprüfung (AEVO) oder vergleichbare Qualifikation |
Qualitätsstandards und Nachweispflichten
Um eine hochwertige Ausbildung zu gewährleisten, müssen Betriebe bestimmte Qualitätsstandards einhalten und diese nachweisen:
- Eignung der Ausbildungsstätte: Betrieb muss nach Art und Einrichtung für Ausbildung geeignet sein
- Eintragung ins Verzeichnis: Ausbildungsvertrag muss bei zuständiger Stelle (meist Kammer) eingetragen werden
- Ausbildungsnachweis kontrollieren: regelmäßige Durchsicht der Ausbildungsnachweise (Berichtshefte)
- Überwachung der Ausbildung: Duldung von Kontrollen durch die zuständige Stelle
- Ausbildungsplan: Plan zur sachlichen und zeitlichen Gliederung der Ausbildung
- Anmeldung zu Prüfungen: rechtzeitige Anmeldung zu Zwischen- und Abschlussprüfungen
Das ist der große Vorteil der Pflichten und Rechte:
Diese Regelungen stellen sicher, dass die duale Ausbildung überall in Deutschland nach vergleichbaren Standards durchgeführt wird. So können Betriebe kompetente Fachkräfte ausbilden und Azubis erhalten eine qualitativ hochwertige Ausbildung.

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Karrierebooster: Fort- und Weiterbildung nach dem BBiG
Das Berufsbildungsgesetz regelt nicht nur die Erstausbildung, sondern schafft auch einen klaren Rahmen für die persönliche Weiterbildung. Ob du deine Fachkenntnisse vertiefen, eine Führungsposition anstreben oder dich auf neue Technologien vorbereiten willst – das BBiG bietet den passenden Rahmen für deine Karriereziele. Die drei Fortbildungsstufen eröffnen dir attraktive Karrierewege – ohne Studium, aber auf vergleichbarem Niveau.
Die drei Fortbildungsstufen
Für Ausbildungen nach dem BBiG sind drei Stufen der höherqualifizierenden Berufsbildung definiert:
1. Geprüfte:r Berufsspezialist:in
- Ziel: Vertiefung und Erweiterung der in der Ausbildung erworbenen Kompetenzen
- Lernumfang: mindestens 400 Stunden
- Voraussetzung: in der Regel ein Berufsabschluss oder eine gleichwertige Qualifikation
- Beispiele: Industriemeister:in, Technische:r Fachwirt:in
2. Bachelor Professional
- Ziel: Befähigung zur Übernahme von Fach- und Führungsfunktionen (vergleichbares Niveau wie ein akademischer Bachelor-Abschluss)
- Lernumfang: mindestens 1.200 Stunden
- Voraussetzung: Berufsabschluss oder Abschluss der ersten Fortbildungsstufe
- Beispiele: Geprüfte:r Betriebswirt:in, Geprüfte:r Technische:r Betriebswirt:in
3. Master Professional
- Ziel: Qualifikation für komplexe Führungsaufgaben und strategische Unternehmensleitung (vergleichbares Niveau wie ein akademischer Master-Abschluss)
- Lernumfang: mindestens 1.600 Stunden
- Voraussetzung: Abschluss der zweiten FortbildungsstufeBeispiele: Geprüfte:r Betriebswirt:in nach der Handwerksordnung, Business Manager:in (HwO)
Ziele der beruflichen Fortbildung
Das BBiG unterscheidet zwei Hauptziele der beruflichen Fortbildung:
1. Anpassungsfortbildung
- Erhalt und Anpassung der beruflichen Handlungsfähigkeit
- Aktualisierung von Fachwissen und Kompetenzen
- Anpassung an neue technische oder organisatorische Anforderungen
2. Aufstiegsfortbildung (höher qualifizierende Berufsbildung)
- Erweiterung der beruflichen Handlungsfähigkeit
- Vorbereitung auf Führungsaufgaben und Spezialisierungen
- beruflicher Aufstieg in höhere Positionen
Vorteile der Fortbildung nach BBiG
- bundesweit anerkannte Abschlüsse mit klaren Qualitätsstandards
- finanzielle Förderung durch Aufstiegs-BAföG möglich
- direkte Praxisrelevanz durch engen Bezug zur Berufspraxis
- modularer Aufbau ermöglicht schrittweise Qualifizierung
FAQ
Wie unterscheidet sich eine Ausbildung nach BBiG von einer schulischen Ausbildung?
Die duale Ausbildung nach BBiG kombiniert Betrieb und Berufsschule, bietet von Anfang an eine Vergütung und folgt bundesweit einheitlichen Standards. Schulische Ausbildungen finden hauptsächlich an Berufsfachschulen statt, beinhalten nur Praktika und können je nach Bundesland unterschiedlich geregelt sein.
Was passiert, wenn ein Ausbildungsbetrieb gegen das BBiG verstößt?
Bei Verstößen kannst du dich an die zuständige Kammer (IHK, HWK) oder deren Ausbildungsberater:in wenden. Die Kammer kann vermitteln, den Betrieb beraten oder in schweren Fällen sogar die Ausbildungsberechtigung entziehen. Du hast zudem bei gravierenden Verstößen ein außerordentliches Kündigungsrecht.
Wie wirkt sich die BBiG-Reform von 2024 auf Menschen mit Berufserfahrung ohne formalen Abschluss aus?
Ab 2025 können Berufserfahrene ohne Abschluss ihre praktisch erworbenen Kompetenzen in einem strukturierten Verfahren anerkennen lassen. Bei erfolgreicher Prüfung erhalten sie eine Bescheinigung, die ihre Fähigkeiten mit denen einer abgeschlossenen Berufsausbildung gleichstellt – ein großer Vorteil für Quereinsteigende auf dem Arbeitsmarkt und für Weiterbildungsmöglichkeiten.