Wie 3D-Druck die Wettbewerbsfähigkeit revolutioniert

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Durch die Digitalisierung eröffnen sich neue Chancen! Ein schönes Beispiel bietet hier die Entwicklung des 3D-Drucks. Dank sich immer weiter entwickelnden Technologien kann ein Unternehmen auf einen Schlag Kosten- und Nutzenführer werden.

In der Unternehmensführung galten bis vor kurzem nur zwei Strategien, die einer Firma langfristig das Überleben sicherten: Entweder ein Unternehmen war Kostenführer oder es war Nutzenführer. Die Wahl hieß also „Aldi” oder „Red Bull”. Man war so günstig in seinen Leistungsprozessen und Strukturen, dass man selbst bei niedrigen Preisen gute Renditen erwirtschaftete. Oder man bot als Nutzenführer seinen Kundinnen und Kunden qualitative und /oder emotionale Mehrwerte, für die diese freiwillig einen Preisaufschlag akzeptierten. Wer jedoch weder reale Kosten- oder Nutzenvorteile lieferte, befand sich im Sumpf der Vergleich- und Austauschbarkeit.

Der 3D-Druck hat das Potential, die Wettbewerbsfähigkeit zu revolutionieren. Aktuell zeigt dies das Speedfactory-Projekt von adidas. Zusammen mit dem Mittelständler Oechsler Motion GmbH betreibt adidas seit Dezember 2015 im fränkischen Ansbach die adidas Speedfactory Pilotfabrik. Etwa 160 Angestellte sollen auf einer Fläche von 4.600 m2 jährlich eine halbe Millionen Schuhe produzieren (weltweiter Jahresabsatz 300 Mio. Schuhe). Die kommerzielle Serienproduktion nutzt dabei auch die 3D-Drucker-Technik: Während eine Strickmaschine zunächst den Stoff für die Oberfläche der Schuhe herstellt, der dann von einem Laser zugeschnitten wird, erfolgt die Sohlen-Produktion aus dem 3D-Drucker. Eine weitere Maschine schweißt dann Oberteil und Sohle zusammen (Quelle: www.adidas-group.com). Dieses Verfahren kann mehrere Kosten- und Nutzenvorteile bieten: Erstens sind für die Produktion kaum noch Mitarbeiter:innen nötig, zweitens erfolgt ein Abbau von Lagerkapazitäten, da die Fertigung erst nach Auftragseingang erfolgt, und drittens erlaubt die hoch automatisierte, zeitnahe Produktion die Herstellung personalisierter Modelle – ganz im Sinne der Mass Customization.

3D-Druck wird in Zukunft auch für die Automobilindustrie positive Effekte haben. Im Gegensatz zur klassischen Autoherstellung gewährt die neue Technik Nutzenvorteile im Design, wie beispielsweise die Fertigung von versteckten Hohlräumen und dünnen Wänden. 3D-Druck eröffnet Kostenvorteile im Vergleich zur klassischen Fertigungstechnik, indem sie die teuren Sandguss- und Druckgussverfahren ganz oder teilweise ersetzt. Anstatt innerhalb von Tagen oder Wochen können Komponenten dann innerhalb von Stunden mit weniger Energie, umweltschonender und kostengünstiger produziert werden. Damit beschleunigt 3D-Druck beispielsweise die Herstellung von Prototypen und ermöglicht individuelle Kleinserien. So haben im Juni 2016 Local Motors (Maryland, USA) und IBM den ersten selbstfahrenden, aus dem 3D-Drucker stammenden Kleinbus vorgestellt. Mit Sitzplätzen für 12 Passagiere kann das Fahrzeug namens „Olli“ dank seiner ausgefeilten Sensorik zudem große Mengen an Verkehrsdaten analysieren und mit den Fahrgästen interagieren. Ende 2016 wird der Bus dann auf öffentlichen Straßen in Las Vegas und Miami Dade-County eingesetzt werden (Quelle: www.wired.de).

Auch in der Zahntechnik entwickeln sich Nutzen- und Kostenvorteile dank 3D-Druck: Durch die Kombination von intraoralen Scans, CAD/CAM-Design und 3D-Druck können Dentallabore in kleinen Mengen schnell und passgenau Kronen, Brücken, Gipsmodelle und viele kieferorthopädische Hilfsmittel herstellen. Auch wenn es noch eine Weile dauern wird, bis Zahnersatz aus dem 3D-Drucker Standard ist, so können sich zukünftig auch kleinere Labors wieder gegenüber dem Preis- und Qualitätsdruck durch die großen Anbieter behaupten.

Gerade für den deutschen Mittelstand ergeben sich durch die Verbindung von Digitalisierung, Industrie 4.0 und Produktionstechniken wie 3D-Druck erhebliche Potenziale, um simultan Kosten- und Nutzenführer zu werden. Etablierte Produktionstechniken werden dabei erneuert und der Standort Deutschland gewinnt für die Produktion wieder an Bedeutung. Zudem entstehen bisher ungeahnte Möglichkeiten für disruptive Leistungsangebote und Geschäftsmodelle sowie zur Erschließung neuer Märkte. Mit der ihm bekannten Innovationskraft und konsequenten Umsetzungsstärke kann besonders der deutsche Mittelstand von dieser Entwicklung profitieren. Denn es braucht weniger Größe, sondern vielmehr den Willen und die Flexibilität, um 3D-Druck und Co. als Chance zu nutzen.

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Über den:die Autor:in

Dr. Marcus Disselkamp

Trainer, Berater, Hochschullehrer und Fachbeirat der Haufe Akademie.

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