Die 7 Prinzipien des lösungsorientierten Coachings

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Seit 1969 hat die Forschungsgruppe um Steve de Shazer das Modell der lösungsorientierten Kurzzeitberatung entwickelt und stets um neue Erkenntnisse und Techniken erweitert. Die Grundidee ist, dass jeder selbst seine eigenen Lösungen findet und umsetzt. Die einzige Schwierigkeit besteht darin, dass man im Moment noch nicht weiß, dass man bereits weiß, wie das Problem zu lösen ist. Die Aufgabe der coachenden Person liegt also darin, die Aufmerksamkeit des Anderen darauf zu lenken, dass er oder sie bereits alle Fähigkeiten besitzt, die dazu nötig sind, um das bestehende Problem zu lösen – also das genaue Gegenteil einer Expertenberatung.

Die Grundhaltung des lösungsorientierten Coachings lässt sich mit den folgenden Prinzipien beschreiben:

Das Prinzip der Trennung von Problem und Lösung

Lösung und Problem sind nicht notwendigerweise aufeinander bezogen. Die Probleme und ihre Ursachen müssen nicht bekannt sein. Das Nachdenken über Probleme generiert weitere Probleme; hingegen werden beim (Re)Konstruieren von Lösungen weitere Lösungen assoziiert. Es ist daher nicht wichtig, das Problem zu lösen, sondern sich von dem Problem zu lösen; und dabei unterstützt der:die Coach:in die Kundinnen und Kunden.

Das Prinzip der Kunden- oder Ressourcenorientierung

Ratsuchende haben alles, was sie zur Lösung des Problems brauchen. Coaching arbeitet mit dem, was eine Person schon oder noch kann. Jeder Aspekt des Verhaltens und Erlebens kann als Ressource verstanden werden: Erfahrungen, Bedürfnisse, Abneigungen, Interessen, Fähigkeiten, Gewohnheiten, Intelligenz, Aussehen, Kraft und Ausdauer. Kundinnen und Kunden sind Experten für sich selbst. Die lösungsorientierte coachende Person hat die Aufgabe, die Bewusstmachung der Selbstwirksamkeit zu fördern und bei der Aktivierung der Ressourcen behilflich zu sein, damit die Kundin oder der Kunde eigene Lösungen entwickelt und umsetzt.

Das Prinzip der Zirkularität

Der lösungsorientierte Ansatz hat sein Fundament in der Systemtheorie. Die Verhaltensweisen des Einzelnen sind immer durch Verhaltensweisen der Anderen beeinflusst. Ein Problem stellt immer das Ergebnis des Zusammenwirkens vieler Beteiligter und des Zusammentreffens vieler Umstände dar, auch wenn nur eine einzelne Person als Problem-Träger gilt. Daher ist es wichtig, die vermutete Wahrnehmung der anderen Systemmitglieder über eintreffende Veränderungen zu erfahren.

Das Prinzip der Kooperationsorientierung

Alles, was Kundinnen und Kunden einbringen – insbesondere ihre Sprache – kann und soll genutzt werden. Sie sind kooperativ, auch (scheinbar nur) Klagende; diese sehen sich lediglich zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage, selbst Dinge zum Positiven zu verändern, weil sie noch zu sehr auf das Problem schauen.

Das Prinzip der Sparsamkeit

Die Gesprächsführung soll so kurz, einfach und sparsam wie möglich sein. Es gibt immer mehrere Möglichkeiten. Lösungsorientiertes Coaching bemüht sich pragmatisch um das, was wirkt. Menschen können Veränderungen schnell erreichen – und tun es auch.

Das Prinzip der Konstruktivität

Lösungsorientiertes Coaching beinhaltet nicht Interpretationen, Spekulationen oder Beschreibungen über kausale Prozesse von Ursache und Wirkung. Jedes Individuum konstruiert seine Welt und kann abseits von Spekulationen für sich beschreiben, was funktioniert. Daher ist es wichtig, durch gutes zuhören zu verstehen, wie die Welt unserer Gesprächspartner:innen funktioniert. Gleichzeitig wird die Möglichkeit genutzt, durch lösungsorientierte Fragen eine Welt gemeinsam zu konstruieren, die eine angenehme Zukunft beinhaltet: Sprache schafft Realität!

Das Prinzip der Veränderung

Nichts ist immer dasselbe. Veränderung tritt immer auf. Es gab immer schon Zeiten, in denen es ein klein wenig besser war. Kleine Änderungen können zu großen Veränderungen führen.

Mit welcher Theorie korrespondiert der Ansatz der Lösungsorientierung?

Selbstwirksamkeit (self-efficacy, Bandura 1986) bezeichnet die Überzeugung, eine bestimmte Situation erfolgreich bewältigen zu können, das Gefühl für das eigene Können. Selbstwirksamkeit als Glaube an sich selbst beeinflusst die Wahrnehmung von Situationen, die Motivation und die Leistung. Fühlen wir uns den gestellten Anforderungen einer Situation nicht gewachsen, vermeiden wir diese Situation, selbst wenn wir sie mit unseren Ressourcen erfolgreich bewältigen könnten. Wir führen Handlungen nicht durch oder nicht erfolgreich zu Ende, weil wir glauben, dass uns das Nötigste fehlt. Stellt sich dagegen das positive Gefühl der Selbstwirksamkeit ein, so begeistern wir uns für unser Vorhaben, stellen wir uns dieser Situation, erzielen in den meisten Fällen Erfolge und können unsere Fähigkeiten auch auf neue Situationen übertragen.

Nutzen Sie – auch außerhalb von Coachings – lösungsorientierte Techniken,

  • weil Sie gerne das angenehme Gefühl erleben wollen, wenn im Gespräch das Lächeln beim Anderen zurückkehrt – trotz aller Sorgen.
  • weil die beschriebene Grundhaltung humanistisch und wertschätzend ist und damit die Beziehungsebene positiv beeinflusst.
  • weil die beschriebenen Techniken einfach, wissenschaftlich geprüft und vielfältig einsetzbar sind: in Vertriebssituationen, in der Führung, in Kritik- und Fördergesprächen, in Coachings und Trainings.
  • weil es mehr Vergnügen bereitet, sich von Problemen zu lösen anstatt darin stecken zu bleiben.
  • weil sie hocheffizient ist!
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Über den Autor

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Markus Stobbe

Diplom-Psychologe, Trainer, Coach, Teamentwickler, Maßschneider, Moderator von Großgruppenveranstaltungen, selbstständig seit 1992, Tätigkeitsschwerpunkt "Lösungsorientierung" nach Steve de Shazer, mehrfacher Fachbuchautor.

Zur Themenübersicht Kompetenz für Training, Coaching und Beratung