Personalgestellung im TVöD

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Im öffentlichen Dienst ist die rechtliche Situation oft wie ein undurchdringlicher Dschungel: komplex, vielschichtig und schwer zu verstehen. Besonders die Personalgestellung, ein Verfahren, bei dem Aufgaben an Dritte übertragen werden, sorgt immer wieder für Unsicherheiten. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts erklärt nun, wie die Personalgestellung im Rahmen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst rechtlich zu bewerten ist.

Was ist Personalgestellung?

Personalgestellung bedeutet, dass Mitarbeitende dauerhaft bei einem anderen Unternehmen als ihrem eigentlichen Arbeitgeber tätig sind. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis bleibt jedoch bestehen. Diese Praxis kommt oft zum Einsatz, wenn Aufgaben an einen Dritten ausgelagert werden. Der Arbeitgeber kann dann verlangen, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die vertraglich vereinbarte Arbeit bei dem Dritten erledigt. Zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten werden die Modalitäten der Personalgestellung durch einen Vertrag geregelt.

Hintergrund des Urteils zur Personalgestellung

Der Fall, der zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) führte, betraf ein Krankenhaus, dessen Träger eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Ohne Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gliederte der Arbeitgeber im Juni 2018 verschiedene Aufgaben, einschließlich des Arbeitsplatzes des Klägers, an eine neu gegründete Service GmbH aus. Der Kläger erbrachte seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung daraufhin auf Anweisung des Krankenhausträgers bei der neuen Service GmbH. Jedoch war er mit der dauerhaften Personalgestellung nicht einverstanden – und klagte dagegen. Das Arbeitsverhältnis endete am 31.12.2021 einvernehmlich, doch der Streit über die Rechtmäßigkeit der bis dahin bestehenden Personalgestellung blieb.

Personalgestellung und die EU-Leiharbeitsrichtlinie

Bereits im Juni 2021 legte das BAG dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vor, ob die Personalgestellung unter die EU-Leiharbeitsrichtlinie fällt. Der EuGH entschied am 22.6.2023, dass dies nicht der Fall ist. Die Leiharbeitsrichtlinie beziehe sich auf vorübergehende, nicht aber auf dauerhafte Arbeitsverhältnisse. Wenn Beschäftigte aufgrund einer Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD/TV-L bei einem Dritten arbeiten, handelt es sich nicht um Leiharbeit. Der Grund dafür ist, dass der Arbeitgeber nicht beabsichtigt, die Arbeitnehmenden nur vorübergehend zur Verfügung zu stellen.

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BAG-Urteil: Personalgestellung im öffentlichen Dienst auch nach nationalem Recht wirksam

Das BAG schloss sich dem EuGH an und hat nun die Klage abgewiesen (BAG, Urteil vom 25.1.2024, 6 AZR 390/20). Da das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2021 endete, entfiel im Revisionsverfahren das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Deshalb ist die Klage unzulässig geworden. Das BAG entschied weiterhin, dass die Regelung zur Personalgestellung, entgegen der Auffassung des Klägers, nicht gegen die EU-Leiharbeitsrichtlinie verstößt und damit auch nicht gegen das Unionsrecht.

Das BAG betonte in seiner Entscheidung, dass die umstrittene Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD auch nach nationalem Recht gültig war. Eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG liegt hier nicht vor, da § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG eine Bereichsausnahme für den öffentlichen Dienst vorsieht. Ebenso verdeutlichte das BAG in seinem Urteil, dass diese Ausnahme keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG darstellt. Bei der Personalgestellung geht es nicht darum, das Verbot von Ketteneinsätzen zu umgehen. Vielmehr soll dem Arbeitnehmer dauerhaft die Sicherheit seines Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst erhalten bleiben.

Auswirkungen des Urteils zur Personalgestellung auf öffentliche Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Das Urteil erlaubt es öffentlichen Arbeitgebern weiterhin, Aufgaben auf Drittunternehmen zu verlagern und Arbeitnehmende dauerhaft bei diesen Dritten arbeiten zu lassen. Das bedeutet, dass das Modell der Personalgestellung in Deutschland fortgeführt werden kann. Arbeitnehmende bleiben im ursprünglichen Arbeitsverhältnis, während sie ihre Arbeit bei einem anderen Unternehmen verrichten und dessen Weisungen unterliegen.

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Online-Redaktion

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