Karriere im Öffentlichen Dienst

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Eben noch Kolleg:in, jetzt Vorgesetzte:r. Eine Karriere im öffentlichen Dienst kann heutzutage schnell vonstattengehen. Denn öffentlichen Arbeitgebern mangelt es ebenso an guten Talenten. Und nicht nur Einsteigerjobs, sondern auch viele Positionen für Führungskräfte sind offen und müssen schnell (nach)besetzt werden. Wir geben einen Überblick über die aktuelle Situation und Tipps für angehende Führungskräfte.

Fachkräftemangel auch im Öffentlichen Dienst spürbar

Der öffentliche Dienst hat ein ausgemachtes Fachkräfteproblem. Es fehlen praktisch in fast allen Bereichen Beamt:innen und Angestellte: Vor allem Lehrer:innen, Erzieher:innen, Pflegepersonal, Ärzt:innen und Polizist:innen. Und auch Fachkräfte im Justizvollzug, im Gesundheitssektor, im Forst, beim Jugendamt oder in der Lebensmittelkontrolle sind rar. Nach aktueller Einschätzung des dbb beamtenbund und tarifunion steuern Bund, Länder und Kommunen auf eine Fachkräftelücke zu, die alle Rekorde bricht. Schon bald fehlen tausende Beschäftigte in der Mitarbeiterführung.

Verantwortlich dafür ist der demographische Wandel, der in den nächsten Jahren eine tiefe Schneise in die Personaldecken öffentlicher Arbeitgeber pflügt. Allein in 2020 verabschiedeten sich zwei Prozent der Beschäftigten in den Ruhestand. In den nächsten zehn Jahren setzt sich die Pensionierungs- und Berentungswelle weiter fort. Bis etwa 2031 quittieren fast 27 Prozent der Beschäftigten altersbedingt den Dienst. Was bleibt, ist eine immense Personallücke.

Gute Aussichten für Karrierewillige

Für manchen Arbeitnehmenden kann es in der nächsten Zeit daher recht schnell mit der Karriere im öffentlichen Dienst gehen. Viele der freiwerdenden Stellen sind auf der Führungskräfteebene angesiedelt und müssen nachbesetzt werden. Doch ein Karriereaufstieg im öffentlichen Dienst geht auch mit gewissen Herausforderungen einher. Die frisch gebackene Führungskraft sieht sich völlig neuen Anforderungen gegenüber: Es macht schließlich einen großen Unterschied, ob ein Arbeitnehmender fachbezogen arbeitet oder die Verantwortung für ein Team übernimmt, das konkrete Erwartungen an eine Führungskraft hat.

Fragen, die neue Vorgesetzte sich stellen müssen:

• Was sind die wichtigsten Ziele, die in den kommenden Wochen oder Monaten vom Team erfüllt werden sollen?
• Warum sind diese wichtig?
• Welchen strategischen und gesetzlichen Hintergrund haben sie?
• Bis wann müssen diese laut der Vorgabe des Dienstherrn erfüllt sein?
• Wer trägt für welche Aufgaben die Verantwortung?

Kommunikation ist jetzt alles! Bereiten Sie sich auf die Fragen Ihrer Mitarbeiter:innen gezielt vor und versuchen Sie diese von Anfang transparent zu beantworten. Erklären Sie die wichtigsten Eckpunkte schon in Ihrer Antrittsrede, in der Sie einen Ausblick über Ihre persönlichen Ziele und Pläne geben und über die des gemeinsamen Dienstherrn. Räumen Sie Ihren Mitarbeitenden danach die Möglichkeit ein, Fragen zu stellen und beantworten Sie diese so konkret wie möglich. So schaffen Sie von Anfang an Vertrauen.

So gestalten Sie die ersten (100) Tage

Vertrauen ist die beste Basis für eine gesunde Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter:innen. Echtes Vertrauen entsteht jedoch nicht über Nacht und braucht Zeit. Frisch gebackene Führungskräfte sollten sich Pi mal Daumen die ersten 100 Tage im neuen Job geben, um sich in ihrer neuen Rolle einzufinden und mit Ihrem Team zusammenzuwachsen. Auch dann, wenn Ihre Kollegen und Kolleginnen Sie schon eine ganze Weile kennen. Denn mit dem Aufstieg in die neue Position verändert sich vieles. Immerhin tragen Sie jetzt mehr Verantwortung und sind überdies weisungsbefugt. Das schafft unweigerlich eine gewisse Distanz zwischen Ihnen und Ihrem Team. Für Sie mag das vielleicht zunächst befremdlich sein, es liegt aber in der Natur der Sache. Der Aufstieg von der Kollegin, bzw. vom Kollegen zur/zum Vorgesetzten verschiebt die internen Machtverhältnisse und das schafft ein Ungleichgewicht. Akzeptieren Sie, dass Sie und Ihre Kolleg:innen jetzt vielleicht nicht mehr ganz so informell miteinander umgehen. Das ist Teil Ihrer neuen Rolle und letztlich auch ein Zeichen des Respekts Ihres Teams gegenüber Ihnen als neue Führungskraft.

Und noch etwas wird sich wandeln: Ihre Aufgaben werden sich massiv verändern – denn mit der Führung eines Teams kommen viele neue To Do’s hinzu. Vor allen Dingen strategischer Natur. Um diese bearbeiten zu können, brauchen Sie angemessen Zeit. Entsprechend müssen Sie Ihre bisherigen fachspezifischen Aufgaben weitgehend oder sogar ganz an andere delegieren. Auch diese Veränderungen sollten Sie so konkret wie möglich gegenüber Ihrem Team kommunizieren und zugleich die neuen Ansprechpartner:innen für die Aufgaben benennen, die sie abgegeben haben. Aber natürlich nicht, ohne die betreffenden Kolleg:innen vorher gefragt zu haben, ob sie sich die Tätigkeiten auch wirklich zutrauen und Lust haben, sie zu übernehmen. So weiß jeder, über die neue Aufgabenverteilung im Team Bescheid und es entstehen keine Missverständnisse oder falschen Erwartungshaltungen.

Der Geist der Vorgänger schwebt über Ihnen

Apropos Erwartungshaltungen. Als frischgebackene Führungskraft werden Sie schnell feststellen, dass Ihr Team nicht jede Ihrer Entscheidungen kommentarlos mitträgt. Es kann gut sein, dass immer mal wieder der Vergleich mit Vorgängern bemüht wird: „Unsere alte Führungskraft hätte das aber anders gehandhabt.“ Gehen Sie mit solchen Kommentaren möglichst gelassen um und zeigen Sie Verständnis. Eine neue Führungskraft, die unerwartete Entscheidungen trifft, löst bei vielen eine gewisse Sehnsucht nach den alten, vertrauten Strukturen aus. Da erscheint der:die alte Chef:in schnell in einem anderen Licht. Ob das nun gerechtfertigt ist oder nicht – auch hier hilft: Reden, reden und nochmals reden. Gehen Sie offen auf die Mitarbeiter:innen zu und liefern Sie eine möglichst klare Erklärung dafür, warum Sie Ihre Entscheidung getroffen haben, wie Sie sie getroffen haben.

Fettnäpfe gezielt vermeiden

Gerade in der ersten Zeit im Job als Führungskraft lauert mancher Fettnapf. Abschließend noch eine Checkliste, wie Sie die schlimmsten Fallstricke vermeiden können.

Lassen Sie die Dinge ruhig auf sich zukommen

Der größte Fehler, den Sie machen können, ist sofort alles umkrempeln und alles anders machen zu wollen als Ihr Vorgänger oder die Vorgängerin. Das ist nicht ratsam. Denn Sie werden damit Ihr Team überfordern, weil alles viel zu schnell geht. Schalten Sie einen Gang zurück und führen Sie Neuerungen erst nach und nach ein.

Reißen Sie nicht alles an sich

Wie bereits gesagt, bringt ihre neue Rolle eine Fülle an neuen strategischen Aufgaben mit sich. Und auch wenn es schwerfällt, sich von alten und sicher sehr liebgewonnen To Do’s zu verabschieden – ziehen Sie unbedingt die Reißleine!

Haben Sie ein offenes Ohr für Ihre Mitarbeiter:innen

Im Alltag einer Führungskraft kann es schon mal stressig werden. Ein Meeting jagt das nächste, eine Entscheidung muss nach der anderen getroffen werden. Vergessen Sie bei all dem Ihre Mitarbeiter:innen nicht. Kommunikation ist das A und O. Holen Sie regelmäßig Feedback ein: Was läuft gut, was läuft schlecht? So zeigen Sie Ihrem Team, dass Sie sich wirklich für das Wohlergehen dessen interessieren.

Rennen Sie nicht an Ihren Mitarbeiter:innen vorbei

Nehmen Sie sich außerdem die Zeit, Ihr Team auch von der informellen Seite weiterhin gut zu kennen. So entsteht Vertrautheit, die das Zugehörigkeitsgefühl Ihrer Arbeitnehmer:innen massiv stärkt. Bemühen Sie sich, regelmäßig beim Lunch in der Kantine dabei zu sein, organisieren Sie gemeinsame Teambuilding-Events oder Team-Abende.

Bewahren Sie bei Fehlern Ruhe

Jeder kennt das Klischee vom cholerischen Oberhaupt, das bei jeder Kleinigkeit in die Luft geht. Machen Sie es bewusst anders, denn ansonsten besteht die Gefahr, dass Ihre Mitarbeiter:innen Ihnen bestehende Probleme nicht rückmelden, sondern sie verschleiern oder aussitzen. Das macht die Sache oftmals nur noch schlimmer. Seien Sie lieber die Anlaufstelle in der Not. Bewerten oder verurteilen Sie Fehler nicht, sondern geben Sie konstruktives Feedback, das ihren Mitarbeiter:innen hilft, aus ihren Missgeschicken zu lernen.

Fazit
In die Rolle einer Führungskraft wächst man nicht von heute auf morgen hinein. Geben Sie sich dafür die nötige Zeit und übereilen Sie nichts. Seminare und Weiterbildungen für junge Nachwuchskräfte können dabei hilfreich unterstützen.

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Über den:die Autor:in

Dr. Emily Dang

Dr. Emily Dang ist Produktmanagerin für den Bereich Entgeltabrechnung und TVöD der Haufe Akademie.
Sie war zuvor bei einem namhaften Versicherungsunternehmen als Trainerin für den Außen- und Innendienst tätig und verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Konzeption und Umsetzung von Bildungsmaßnahmen.

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