Selbst erfahrene Praktizierende und Führungskräfte im Personalbereich des öffentlichen Dienstes haben oft Schwierigkeiten, über alle gesetzlichen Änderungen im TVöD/TV-L auf dem Laufenden zu bleiben. Die Änderungen sind vielfältig und komplex, zudem gelten auch hier die üblichen gesetzlichen Regelungen. Wir informieren Sie über die 10 wichtigsten Neuerungen:
1. Tarifrunde 2018
Im April haben sich die TVöD-Tarifvertragsparteien geeinigt, die Gehälter der Beschäftigten von Bund und Kommunen in drei Schritten um durchschnittlich 7,5 % anzuheben. Auch Azubis und Praktikant:innen erhalten künftig mehr Geld und einen zusätzlichen Urlaubstag. Vor allem die Umstrukturierung der Entgelttabellen Anlage A (Bund und VKA) und Anlage C (Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst) war ein wesentlicher Schwerpunkt. Zudem wurde für Beschäftigte des Bundes die Entgeltgruppe 9c neu eingeführt und die Sätze für die Jahressonderzahlung festgelegt.
2. Gesetz zur befristeten Teilzeit
Der Gesetzentwurf zur sog. Brückenteilzeit ist auf den Weg gebracht: Ab 2019 sollen Arbeitnehmende ein Rückkehrrecht auf eine Vollzeitstelle haben, wenn sie ihre Arbeitszeit befristet zwischen einem und fünf Jahren reduzieren wollen. Dies soll ab 45 Beschäftigten gelten. Die Befristung können dann alle Arbeitnehmenden unabhängig von familiären Gründen verlangen. Der Entwurf muss allerdings noch das parlamentarische Verfahren durchlaufen.
3. DSGVO: Schutz der Mitarbeitendendaten im öffentlichen Dienst
Die Datenschutzgrundverordnung gilt auch für die Mitarbeitenden im öffentlichen Dienst. Sie gewährleistet im Kern den Schutz personenbezogener Daten durch einen sog. Erlaubnisvorbehalt. Für die Verwendung personenbezogener Daten muss demnach immer eine Rechtsgrundlage oder eine Einwilligung des Betroffenen vorliegen. Die Mitarbeitenden können zudem umfangreiche Auskünfte, Berichtigungen oder Löschungen ihrer gespeicherten Daten verlangen.
4. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz und seine Auswirkungen auf die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst
Insgesamt haben die Änderungen durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz nur geringe Auswirkungen auf die Zusatzversorgung. Denn die Kernregelung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes – nämlich tarifvertraglich vereinbarte Betriebsrentensysteme auf Basis reiner Beitragszusagen – ist im öffentlichen Dienst nichts Neues. Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, geregelt durch ATV und ATV-K, enthält eine klassische Leistungszusage. Daher betreffen die neuen Regelungen des BRSG die Zusatzversorgung nur am Rande.
5. Neuregelung des Mutterschutzes
Anfang 2018 trat eine modernisierte Fassung des Mutterschutzgesetzes in Kraft (der Begriff Mutter steht hier für alle menstruierenden Menschen). Dabei weitete der Gesetzgeber den Geltungsbereich aus, vor allem für Schüler:innen, Student:innen und arbeitnehmerähnliche Selbstständige. Mit der Reform wurden die Arbeitsschutz-Regelungen und vor allem die mutterschutzspezifischen Gefährdungsbeurteilungen neugestaltet. Die Arbeitgebenden müssen schwangeren und stillenden Mitarbeitenden die Weiterbeschäftigung ermöglichen, ohne deren Gesundheit oder die des (ungeborenen) Kindes zu gefährden. Zudem gilt nun ein umfangreicheres Kündigungsverbot.
6. Entgelttransparenzgesetz
Arbeitnehmende können seit 2018 bei den Arbeitgebenden Auskünfte darüber verlangen, auf Basis welcher Regelungen sich ihr eigenes Gehalt zusammensetzt und wieviel vergleichbare Beschäftigte des jeweils anderen Geschlechts verdienen. Bei tarifgebundenen Arbeitgebenden wie dem öffentlichen Dienst, sind allerdings keine größeren Überraschungen – und damit Streitigkeiten – zu erwarten.
7. Entgeltordnung der Vereinigung der kommunalen Arbeitgebendenverbände (VKA)
Zum 1.1.2017 ist die neue Entgeltordnung VKA für ca. 2 Millionen Beschäftigte in Kraft getreten. Sie löste die über 40 Jahre geltenden Eingruppierungsregelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) ab. Diese waren über die Jahre viel zu komplex geworden. Den Entgeltgruppen des TVöD wurden nun erstmals eingruppierungsrelevante Tätigkeitsmerkmale zugeordnet, um die Eingruppierungsschritte zu vereinfachen. Die VKA ist damit die Grundlage der Arbeitsbewertung und Eingruppierung.
8. Reform des Arbeitnehmendenüberlassungsgesetzes
Die Bundesregierung hatte sich bereits 2013 zum Ziel gesetzt, den Missbrauch der Leiharbeit zu verhindern. Mit der AÜG-Reform vom April 2017 dürfen Leiharbeitnehmende nur noch bis zu einer Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten bei einem Entleiher eingesetzt werden. Nach 9 Monaten müssen sie denselben Lohn der Stammarbeitnehmende bekommen (Equal Pay), auch dürfen sie nicht als Streikbrechende eingesetzt werden.
9. Änderungen des Schwerbehindertenrechts
Die wichtigste Änderung gab es 2017 bei Kündigungen von Menschen mit schwerer Behinderung. Sie ist unwirksam, wenn die Schwerbehindertenvertretung nicht vorher vom Arbeitgebenden beteiligt worden ist.
10. Aktuelle Rechtsprechung
Natürlich beeinflusst auch die Rechtsprechung die Umsetzung der Gesetze und Tarifverträge. Hier ein kleiner Auszug:
- Tarifeinheitsgesetz weitgehend mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfG vom Juli 2017)
- Die Darlegungslast für die Anordnung von Überstunden trägt der Arbeitnehmenden (LAG-Urteil vom Mai 2018)
- Arzt- oder Ärztinnenbesuch während der Arbeitszeit möglich (LAG-Urteil vom Februar 2018)
- Kopftuchverbot ist eine mittelbare Diskriminierung (LAG-Urteil vom März 2018)
- Streikbruchprämie ist ein zulässiges Kampfmittel (BAG-Urteil vom August 2018)