Tarifkonflikte und Tarifverhandlungen 2020 – ein Überblick

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Derzeit gibt es zwei Tarifkonflikte mit Warnstreiks in Deutschland, die aber nicht direkt miteinander zu tun haben, obwohl der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) auch zum Öffentlichen Dienst gehört.

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und der Bund (Zuständigkeit: Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat) verhandeln gemeinsam mit den Gewerkschaften ver.di, dbb beamtenbund und tarifunion.

Es geht bei den Tarifkonflikten im öffentlichen Dienst um die Bedingungen und Entgelte der Arbeitnehmer:innen (Tarifbeschäftigte) des Bundes und die der kommunalen Arbeitgeber, also Angestellte in Kitas, Krankenhäusern und Behörden.

Was wurde bisher erreicht?

Zwei Verhandlungsrunden gingen Ende September erfolglos zu Ende, am 22./23. Oktober ist eine weitere Runde angedacht. Verhandlungsführer und VKA-Präsident Ulrich Mädge bewertet die Gewerkschaftsforderungen aus Sicht der VKA als zu teuer, ein Angebot von Arbeitgeberverbänden sei denkbar, sobald sich Einigungsszenarien überhaupt abzeichnen. Derzeit sind die Positionen noch weit voneinander entfernt.

Die Forderungen der Gewerkschaften:

  • Eine Entgelterhöhung von 4,8 Prozent für die Beschäftigten von Bund und Kommunen, mindestens aber 150 Euro mit 12 Monaten Laufzeit.
  • Der Mindestbetrag würde in den Entgeltgruppen, die weniger Qualifikationen erfordern, Steigerungen von bis zu 7,8 Prozent bedeuten.
  • Arbeitszeiten im Osten Deutschlands sollen an jene im Westen angeglichen werden.

Forderungen in Bezug auf Auszubildende:

  • Die Vergütung der Auszubildenden soll um 100 Euro angehoben werden.
  • Die Regelung zur Übernahme von Auszubildenden soll verlängert werden.
  • Es besteht zudem die Forderung zur Übernahme von Fahrtkosten in Höhe des monatlichen ÖPNV-Tickets.

Weitere Erwartungen an die Arbeitgeber:

  • Arbeitszeitverkürzung und Entlastung durch zusätzliche freie Tage
  • Verbesserung der Altersteilzeitarbeit
  • Integration praxisintegrierter dualer Studiengänge in Tarifverträge
  • Einrichtung eines Verhandlungstisches für Gesundheitswesen/ Pflege, insbesondere zur Einrechnung der gesetzlich vorgeschriebenen Pausen in Krankenhäusern, Pflege- und Betreuungseinrichtungen
  • Anhebung des Zuschlags für Samstagsarbeit in Krankenhäusern auf 20 Prozent

Die Schwierigkeit: Einbruch von Steuereinnahmen durch die Corona-Pandemie

Die Schwierigkeit ist jedoch, dass Bund, Länder und Kommunen in nächster Zeit mit weniger Steuereinnahmen rechnen müssen. Die VKA schreibt von Ausfällen bei der Gewerbesteuer, von „Milliardenlöchern als Resultat der heruntergefahrenen Wirtschaft“, aber auch von fehlenden Einnahmen in Schwimmbädern oder Museen. Steuerschätzer prognostizieren, dass erst 2022 wieder mit Einnahmen auf Vorkrisenniveau gerechnet werden kann. Aber die Forderungen stoßen auch auf Verständnis. Gerade während der Hochzeit der Pandemie, während des Lockdowns in Deutschland, wurde viel von mehr Wertschätzung und von systemrelevanten Berufen – von Helden der Krise – gesprochen. Auf der anderen Seite ist jedoch auch zu lesen, dass gerade in Krisenzeiten Entlassungen in der freien Wirtschaft sowie Kurzarbeit und Ungewissheit üblich seien, wohingegen die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst besonders sicher sind. Zudem wuchsen die Löhne in den letzten Jahren im öffentlichen Dienst, der Urlaubsanspruch liegt in der Regel bei 30 Tagen und es herrsche Flexibilität bei den Arbeitszeiten sowie bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, so argumentiert der VKA in seiner Publikation Zahlen, Daten Fakten.

Abbildung 1: Seit 2009 sind die Entgelte um 29 Prozent gestiegen – ein Reallohnzuwachs von 12,7 Prozent.
Quelle: VKA: Zahlen, Daten Fakten. Tarifrunde für den öffentlichen Dienst 2020, S.15.

Lesen Sie auch unseren Beitrag Einigung in der TVöD-Tarifrunde 2020

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Über den:die Autor:in

Dr. Emily Dang

Dr. Emily Dang ist Produktmanagerin für den Bereich Entgeltabrechnung und TVöD der Haufe Akademie.
Sie war zuvor bei einem namhaften Versicherungsunternehmen als Trainerin für den Außen- und Innendienst tätig und verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Konzeption und Umsetzung von Bildungsmaßnahmen.

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